„Die wollen mich fertigmachen“Pipelinebau bringt Leverkusener Züchter in Existenznot

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Pferdezüchter Georg Hummelsheim

Leverkusen – Ob angesichts der Energiewende eine Pipeline in der Größe überhaupt noch gebraucht wird, wie sie gerade durch Leverkusen gelegt wird, diese Frage stellt sich nicht. Die Gasleitung ist im Großen genehmigt. Im Detail gibt es aber immer wieder heftige Probleme. Womöglich werden Gerichte in einem Streit das letzte Wort haben, der im Leverkusener Osten wegen der Leitung eskaliert ist und der einen Leverkusener Bauer dem Nervenzusammenbruch nah gebracht hat.

Georg Hummelsheim züchtet auf seinem Hof Pferde und hielt bisher nebenbei Rinder einer hellbraunen französischen Rasse. Fast 100 Pferde stehen in Hummelsheim auf dem Hof, den Wiesen und im Stall: eigene Springpferde und viele eingestellte so genannte Pensionspferde. Mitten durch die Felder am Hof legt die Firma Open Grid Europe (OGE) die neue Gasleitung. Das stört den Betrieb in diesem Sommer erheblich, dafür müssen Ausgleichszahlungen an Hummelsheim fließen.

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Inzwischen sind sechs Verhandlungen geplatzt. Dabei hatte man sich laut Hummelsheim schon fünfmal mit einer OGE-Delegation am Hof geeinigt, aber jedes Mal sei die schon ausgehandelte Vereinbarung von der Firma nicht angenommen worden. Georg Hummelsheim: „Sie gefährden meine Existenz.“ Weil die Bautrasse mitten durch die Wiese geht und Pferde nervöse Fluchttiere sind, können während des Baus aus Sicherheitsgründen keine Tiere auf der von der Gasleitung zerschnittenen Wiese bleiben. Pferde, die wegen Lärms die Nerven verlieren, machen keinen Halt vor Zäunen, sie galoppieren auf Straßen und können so andere und sich selbst verletzen. Also müssen sie auf eine Ersatzwiese.

Die war gefunden: ein Maisacker in der Dhünnaue, auf dem Hummelsheim zur Zeit als Zwischenfrucht Gras gepflanzt hat. Darauf hatte er sich mit OGE eigentlich geeinigt, das hat der Pferdezüchter schriftlich.

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Es geht um Boden und viel Geld.

Doch das ist nicht ganz billig, denn Äcker müssen umgepflügt werden, das will das Gesetz, andernfalls ändert sich der Status und aus einem ertragreichen Maisacker wird amtlicherseits für immer eine Wiese, die man nicht mehr umpflügen darf. Für Hummelsheim bedeutet das, dass er über Jahre viel Geld verliert, das OGE ausgleichen wollte. Alles in allem würde, vom Sachverständigen errechnet, eine niedrige sechsstellige Summe fällig. Jetzt ist es passiert, jedenfalls sieht Hummelsheim das so: der Acker ist jetzt eine Wiese und OGE lässt die Absprache platzen. Hummelsheim vermutet dahinter Verhandlungstaktik der Gasleute: „Ich bin zusammengebrochen. Die wollen mich einfach fertigmachen“, vermutet er, „ich schlafe nur noch zwei Stunden in der Nacht, sonst liege ich wach“.

Schäden befürchtet

OGE wird während der Bauzeit neben dem Hof das Grundwasser absenken. Das Wasser steht in der Flussaue in nur 1,50 Meter Tiefe. Hummelsheim befürchtet Schäden am alten Hof. Die Wasserversorgung der Landwirtschaft wird über einen Brunnen gewährleistet. „Was passiert, wenn mein Brunnen durch den Bau versiegt?“, fragt Hummelsheim, „dafür muss ich vorsorgen und das kostet Geld, denn so schnell ist keine Wasserleitung gelegt“. Mittlerweile verbringt Hummelsheim seine wertvolle Arbeitszeit zu einem großen Teil damit, sich mit der Gasleitung zu beschäftigen. Und er weiß immer noch nicht, wohin mit den Pferden. Nur eins weiß er, dass er kämpfen will: „Ich sehe das nicht mehr ein.“ OGE äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.

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