LeverkusenUnter den Geflüchteten entwickelt sich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft

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Geflüchtete Unterkunft Leverkusen

Städtische Unterkunft für Geflüchtete in Leverkusen

Leverkusen – Unterstützung bei der Vermittlung einer Unterkunft, bei Behördengängen, der Suche nach einem Job oder einer Kinderbetreuung, bei alltäglichen Einkäufen, im Sprachunterricht oder bei der Vernetzung untereinander – für Geflüchtete aus der Ukraine gibt es in Leverkusen inzwischen ein umfangreiches und breit aufgestelltes Hilfsangebot.

Um einen Überblick über das bürgerschaftliche Engagement in der Flüchtlingshilfe zu bieten, hatte das Sozialdezernat der Stadtverwaltung in dieser Woche zu einer Art Messe mit Infoständen der beteiligten Organisationen ins Rathaus eingeladen.

In der Mehrheit waren es die ehrenamtlich wie hauptamtlich Engagierten selbst, die sich dabei untereinander austauschten und sich gegenseitig an ihren Ständen besuchten. Arbeiterwohlfahrt und Arbeitersamariterbund, Caritas und Diakonie, der Flüchtlingsrat und die Freiwilligenagentur Lupe, Katholische Jugendagentur und Evangelischer Kirchenkreis, der Jobservice Leverkusen, das Kommunale Integrationszentrum und der Fachbereich Soziales der Stadtverwaltung gehörten zu den Beteiligten.

Private Hilfe boomt

In den letzten Wochen habe sich Leverkusen als weltoffene Stadt gezeigt und mit überwältigender Solidarität und Hilfsbereitschaft die vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten aufgenommen, lobte Sozialdezernent Alexander Lünenbach die beachtlichen Angebote vieler ehrenamtlichen Kräfte in seiner Begrüßung. 1155 Menschen aus der Ukraine seien in Leverkusen seit Ende Februar angekommen und aufgenommen worden, 68 Prozent von ihnen Frauen. Nur 271 Personen seien in den städtischen Notunterkünften untergebracht worden – die ganz große Mehrheit in Privatunterkünften.

Die Versorgung und Integration von Geflüchteten – egal aus welchem Land sie kämen – sei eine Arbeit, die nur gemeinsam, mit gegenseitigem Verständnis und viel Geduld zu bewältigen sei, so Lünenbach, der auch um Verständnis für die stark geforderte Stadtverwaltung warb. Nach Corona-Pandemie, Flutschäden und in Zeiten des Fachkräftemangels stehe diese nun vor einer weiteren Herkulesaufgabe.

Geduld bei Behörden

Wie schwer es für Geflüchtete ist, nach der ersten Kontaktaufnahme über den Infopoint Ukraine in den Wiesdorfer Luminaden weitere Behördengänge zu absolvieren, davon können die Betroffenen und ihre Helfer allerdings berichten. Denn zu wenige Ansprechpartner in der Verwaltung, die oft im Homeoffice schwer und erst nach vielen Anläufen zu erreichen seien, erforderten einiges an Geduld.

Ganz persönliche Hilfe und Vermittlungen tun dabei not. Oksana Neufeldt stammt aus der Ukraine und engagiert sich aktuell enorm in der Initiative „Leverkusen hilft“, die über Facebook gut 500 Geflüchtete und ebenso viele Helfende erreicht, Wohnungen und Kita-Plätze vermittelt hat, Treffen und Sprachunterricht organisiert, bei der Vermittlung von Einrichtungsgegenständen und eben auch bei Behördengängen hilft.

Hauptsorge Wohnungen

„Wohnungen zu finden ist immer das erste und dringendste Problem“, berichtet sie. Bei dem ohnehin herrschenden Wohnungsmangel in der Stadt könne dies leicht Monate dauern. „Wir haben aber auch schon in nur zwei Stunden eine Wohnung gefunden.“

Wichtig sei die gute und schnelle Vernetzung, die über das Internet in diesem Fall sehr gut funktioniere. „Wir haben inzwischen eine Liste mit Paten, die in den verschiedenen Stadtteilen ortsnah helfen“, berichtet Neufeldt. Inzwischen bekomme die Hilfe eine klare Struktur. Und die Bereitschaft zu helfen, sei zurzeit enorm.

Zwei Klassen Geflüchteter

Das bestätigt auch David Nelson, der bei der Stadtverwaltung die Betreuung in den Notunterkünften koordiniert, unter denen die an der Sandstraße (mit 350 Plätzen), der Heinrich-Claes-Straße, der Josefstraße und der Lerchengasse die größten sind. „Wir würden uns wünschen, dass alle Geflüchteten so freundlich aufgenommen und behandelt würden wie die Menschen aus der Ukraine“, sagt er.

Leider sei das bei Menschen aus anderen Herkunftsländern nicht der Fall, sodass sich – auch unterstützt von einer rechtlichen Besserstellung von Ukrainern – durchaus eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Geflüchteten entwickle, was auch zu Konflikten führen könne.

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Aktuell kommen die meisten Geflüchteten aus der Ukraine, gefolgt von Afghanistan. Der anfangs stark in Anspruch genommene Ukraine-Infopoint soll den Betrieb jetzt gut geregelt haben, ist mehrfach zu hören. Dass der Zustrom mit Fortdauer des Krieges aber andauern und noch weitere Herausforderungen mit sich bringen wird, ist allen an der Hilfe Beteiligten bewusst.

Für allgemeine Informationen und Hilfestellungen für Geflüchtete und deren Unterstützer hat die Stadt Leverkusen eine Hotline eingerichtet, die täglich von 8 bis 16 Uhr erreichbar ist unter 0214/ 406-3333, sowie ein zentrales Postfach unter ukraine-levhilft@stadt.leverkusen.de.

Ein Überblick zu den Hilfsangeboten gibt es auch auf der städtischen Homepage: http://www.leverkusen.de

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