Fußballtraining auf Abstand„Die Jungs wiederzusehen, ist das Allerbeste“

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Hütchen helfen, den Abstand beim Passspiel zu wahren.

Hütchen helfen, den Abstand beim Passspiel zu wahren.

Leverkusen – Die Choreographie sitzt: Feuchttuch aus dem Spender, Hände abwischen, Tuch in den Mülleimer, dann noch ein Fuß-an-Fuß-Gruß mit dem Trainer und ab auf den Platz. Der Kunstrasen des SSV Alkenrath steht voller Plastikhütchen, die Jungs, die teilweise 20 Minuten vor Trainingsbeginn schon da sind, dribbeln drumherum, sie lachen und feixen. Auf Abstand.

Die Kleinsten müssen noch warten

Nach der wochenlangen Fußballpause sind alle einfach nur froh, wieder auf den Platz zu dürfen. Alle sind es beim SSV Alkenrath noch nicht. „Wir trainieren aktuell mit allen ab der D-Jugend“, sagt Vereinsvorsitzender Frank Just. „Bei den kleineren schmeißt man einen Ball rein und dann ist das ein Ameisenhaufen.“ Alle Regeln einzuhalten, dass ist dem Vereinsvorsitzenden sehr wichtig. „Da muss nur einer, der uns nicht so wohlgesonnen ist, am Zaun stehen und ein Foto machen, wie 30 Kinder da rauskommen, dann machen die uns den ganzen Platz wieder dicht.“

Zuschauer sind nicht gestattet

Deswegen hat der Verein nicht nur eingeführt, dass immer zwei Trainer auf dem Platz stehen sollen, sondern auch, dass ein Offizieller das Geschehen vom Rand aus beobachtet. Alleine. Zuschauer sind nicht gestattet. „Nur bei unter 12-Jährigen wäre ein Elternteil erlaubt“, sagt Just – auch ein Grund, warum der SSV Alkenrath bislang auf das Training der Jüngsten verzichtet.

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Denn wenn der Platz wieder geschlossen würde, wäre das schlimm, nicht nur sportlich. „Die Kondition der Jungs ist nach der langen Pause ziemlich am Boden. Und natürlich kann man mit zwei Metern Abstand kein vollwertiges Fußballtraining machen“, sagt B-Jugendtrainer Jörg Wexel. „Aber jetzt sind die Jungs endlich wieder von der Straße runter, sie haben was Vernünftiges zu tun, das ist wichtig.“ Den Kontakt haben die Trainer die ganze Zeit aufrecht erhalten, sie wissen um die soziale Bedeutung des Vereinslebens besonders in einem Stadtteil wie Alkenrath. Wexel und sein Kollege Daniel Albe wissen, welcher ihrer Jungs wann eine Abschlussprüfung schreibt und fragen bei der Fuß-zu-Fuß-Begrüßung nach, wie es gelaufen ist. Kurz vor Trainingsbeginn fehlt noch ein Jugendlcicher, Wexel checkt sein Handy, wer nicht kommt, muss sich abmelden. Aber da kommt der Gesuchte schon seelenruhig um die Ecke. „Ey – Punkt 18 Uhr, wie hast Du das hinbekommen?“, feixt Wexel. Doch kein Euro für die Mannschaftskasse.

Jürgen Wexel

Jürgen Wexel

Das Training kann pünktlich beginnen. Passspiel, Sprints von Hütchen zu Hütchen, alles, bloß kein Körperkontakt. „Das ist schon ungewohnt“, gesteht Mannschaftskapitän Florent Pervetica. „Manchmal will man einfach hingehen, aber man darf nicht.“ Aber es sei auf jeden Fall besser, als den ganzen Tag zu Hause abzuhängen, sagt der 15-Jährige. Was hat ihm am meisten gefehlt in der fußballfreien Zeit? „Die Jungs. Die wiedersehen zu können, ist echt toll.“ Seit dem 30. Mai sind auch Trainingsspiele mit Körperkontakt erlaubt, aktuell im Spiel fünf gegen fünf. Ansonsten muss der Abstand gewahrt bleiben. „Wir tasten uns da langsam ran“, sagt Just.

Ferienfreizeit und Turniere fehlen

Für den Verein ist es eine schwere Zeit, sämtliche Turniere und Feriencamps, die normalerweise Geld in die Vereinskasse spülen, sind abgesagt. Da hilft nur, sparsam leben und positiv bleiben. „Immerhin war unsere EVL-Abrechnung sehr erfreulich“, sagt Just. Kein Flutlicht, keine Duschen, das spart Geld. Und die Mannschaftskassen mit den Euros von „Zuspätkommern“, die bleiben auch gut gefüllt. „Die Abschlussfahrten, bei denen das normalerweise auf den Kopf gehauen wird, fallen ja auch aus“, sagt Just. „Vielleicht gibt es dann ja eine größere Weihnachtsfeier.“ Die Hoffnung lebt. Der Ball rollt.

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