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Bayer-AusgründungLeverkusener Kunststoffhersteller Covestro wird zehn Jahre alt

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Die Zentrale des Kunststoffherstellers Covestro liegt am Leverkusener Europaring.

Die Zentrale des Kunststoffherstellers Covestro liegt an der Friedrich-Ebert-Straße.

Angefangen hat die Unternehmensgeschichte mit 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Angefangen hat die Unternehmensgeschichte mit 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 4000 Fachkräfte, die am 1. September 2015, offiziell nicht mehr Angestellte der Bayer AG waren, sondern im Carl-Duisberg-Park in Leverkusen ab diesem Tag vor ziemlich genau zehn Jahren zu Covestro gehörten. Zehn Jahre alt wurde der Kunststoffhersteller am Montag: Vor zehn Jahren hatte der Leverkusener Großkonzern seine Kunststoffsparte abgespalten.

Der Name Covestro setzt sich zusammen aus den Wortanfängen von „Collaboration“ (Zusammenarbeit), „Vest“ für Investieren und „Stro“ für „Strong“ (stark). Der erste Vorstandschef war der Engländer Patrick Thomas, heute leitet Markus Steilemann den Konzern. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 2025 rund 17.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der ganzen Welt. Etwa  3600 arbeiten davon in Leverkusen, die Konzernzentrale liegt an der Friedrich-Ebert-Straße. 46 Standorte betreibt Covestro weltweit, der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2024 bei 14,2 Milliarden Euro.

Leiten die Bayer-Ausgründung Covestro: Finanzvorstand Christian Baier (.v.l.), Markus Steilemann und Aufsichtsratschef Richard Pott.

Leiten die Bayer-Ausgründung Covestro: Finanzvorstand Christian Baier (.v.l.), Vorstandschef Markus Steilemann und Aufsichtsratschef Richard Pott.

Als der Konzern im Mai 2016 seine erste Hauptversammlung abhielt, war das Interesse der Anteilseigner noch recht gering. Nur rund 300 Menschen waren damals aufs Kölner Messegelände gekommen. Bayer hielt noch 64 Prozent an Covestro.

Dabei bewertete man das erste Konzernjahr von Covestro durchaus als positiv: „Wir haben in kurzer Zeit einen komplexen Transformationsprozess gemeistert und gezeigt, was in uns steckt“, zitierte der „Leverkusener Anzeiger“ den damaligen Vorstandsvorsitzenden Patrick Thomas. Der Aktienkurs hatte sich laut Thomas im ersten Unternehmensjahr fast verdoppelt, die ersten Aktien waren für 24 Euro ausgegeben worden. Der Start war allerdings eher holprig verlaufen. Covestro wollte Anteilseigner damit locken, zwar keine spektakulären Kurse vorzuweisen, dafür sichere Dividenden auszuschütten. Beim Börsengang hatten sich Kleinanleger allerdings zurückgehalten.

Leverkusen: Covestro legt Wert auf Umweltbewusstsein

Von Beginn an legte das Unternehmen Wert auf Umweltbewusstsein, nutzte zum Beispiel Kohlendioxid anstatt Erdöl. Bis 2035 will Covestro klimaneutral sein in Bezug auf eigene Emissionen und bezüglich zugekaufter Energie, bis 2050 dann, was alle indirekten Treibhausgase seiner Wertschöpfungskette angeht. Heute sagt Produktionsleiter Thorsten Rische dazu: „Wir haben den Anspruch, den Wandel in unserer Branche in Richtung Klimaneutralität als Vorreiter aktiv zu gestalten, deshalb setzen wir zunehmend auf alternative Rohstoffe und entwickeln kreislauffähige Lösungen für unsere Kunden.“ Dafür habe man seit 2015 1,1 Milliarden Euro investiert: in modernere Anlage, effizientere Prozesse und viele Projekte.

In den Jahren nach der Gründung machte das Unternehmen positive Schlagzeilen. 2017 wurde zum Erfolgsjahr. Zwei Milliarden Euro Gewinn machte der Konzern in diesem Jahr, 2016 waren es 795 Millionen Euro. Die Umsatzsteigerung lag 2017 bei fast 19 Prozent und stieg auf 14,1 Milliarden Euro. Das freute übrigens auch Bayer, die durch ihre Aktienanteile damals rund vier Milliarden Euro einnahm.

Mit Künstlicher Intelligenz sollen im neuen Kunststofflabor von Covestro jährlich Zehntausende Tests möglich sein.

Mit Künstlicher Intelligenz sollen im neuen Kunststofflabor von Covestro jährlich Zehntausende Tests möglich sein.

2019 war es dann vorerst vorbei mit dem ungebremsten Aufstieg: Covestro kündigte an, in Deutschland 400 Jobs streichen zu wollen. In den Jahren zuvor hatte das Unternehmen auch davon profitiert, dass Konkurrenten wie BASF mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen hatten. Das und die Krise in der Autobranche verursachten dann Dämpfer in den großen Bereichen Polyurethane und Polykarbonat. 2019 verringerte sich das Geschäftsvolumen in den ersten drei Monaten um 16 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis ging von 644 auf 179 Millionen Euro zurück – das war ein Rückgang von mehr als 72 Prozent.

Heute steht Covestro unmittelbar vor der Übernahme durch Adnoc (Abu Dhabi National Oil Company), einem staatlichen Ölkonzern der Vereinigten Arabischen Emirate. 91 Prozent der Aktienanteile hält Adnoc inzwischen. Passieren soll dadurch erst einmal nichts Weltbewegendes. Die Konzernzentrale bleibt in Leverkusen, Covestro-Chef Steilemann soll ebenfalls bleiben, er hatte bei der Aktienübernahme von einer „sehr guten Nachricht für Covestro, unsere Mitarbeitenden und alle weiteren Stakeholder“ gesprochen.

Die EU-Kommission hatte die Übernahme im Mai freigegeben, Ende Juli aber eine Prüfung angekündigt, weil es möglich wäre, dass die Subventionen, die das Unternehmen von den Vereinigten Arabischen Emiraten bekommt, den Wettbewerb in Europa verzerren könnten. Bis zum 2. Dezember 2025 muss die Kommission eine Entscheidung treffen.

Seit seiner Ausgründung von Bayer hat Covestro nach eigenen Angaben mehr als vier Milliarden Euro in den eigenen Ausbau und die Modernisierung gesteckt. Mehrfach sei man als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet worden. Auch in Sachen Künstlicher Intelligenz macht das Unternehmen einiges. Markus Steilemann nennt KI ein „Herzensthema“. Anfang des Monats hatte der Covestro-Chef bei einem Besuch von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche gesagt, man wolle im Leverkusener Chempark ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum bauen.

Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath, der Covestro zum Geburtstag besucht hatte, sagt: „Covestro ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Leverkusen, sondern auch ein verlässlicher Partner unserer Stadt.“