Leverkusener SchulenEin „Systemsprenger“ kostet mehr als fünf Schulsozialarbeiter

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Kinder sitzen in einem Klassenraum.

Mehr Schulsozialarbeiter sollen Leverkusener Kinder und Jugendliche unterstützen.

Schlechte Studienergebnisse an Grundschulen und steigende Zahlen an sogenannten „Systemsprengern“ – Leverkusen will großflächig Schulsozialarbeiter einstellen.

23,5 zusätzliche Vollzeitstellen für Schulsozialarbeiter. So viel wünschen sich die Schulen in der Stadt laut einer Abfrage. Bei den meisten handelt es sich um Teilzeitstellen, die für die Planung aufsummiert wurden. Und so viele möchten die Vertreter des Schulausschusses den Schulen auch zukommen lassen. 

Skeptischer Blick des Kämmerers

Ja, der Kämmerer hätte durchaus skeptisch geschaut bei dieser großen Zahl an beabsichtigten Neueinstellungen, gesteht Dezernent Marc Adomat. Und natürlich werde man nicht alle auf einmal bekommen, schon alleine deshalb, weil der Arbeitsmarkt das überhaupt nicht hergebe.

Dennoch sind die Lokalpolitiker überzeugt: Jede einzelne beantragte Stelle soll besetzt werden. „Am liebsten alle sofort“, sagt Alexander Finke (SPD). Denn dass auch alle städtischen Gymnasien Bedarf angemeldet hätten und das Thema eigenständig von den Teilnehmern des Jugendstadtrates aufgebracht und positiv abgestimmt wurde, zeige, dass es sich hierbei um kein Randthema weniger Schulen in sozialen Brennpunkten handele. 

Jeder, der frühzeitig aufgefangen wird, ist später Teil einer gesunden Gesellschaft
Valeska Hansen, FDP

Die jüngste IQB-Bildungsstudie hatte den Grundschulen in NRW ein miserables Zeugnis ausgestellt. In allen wesentlichen Lernbereichen erreicht ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler nicht mal mehr den Mindeststandard: Im Lesen sind es 22 Prozent, in Rechtschreibung 33, in Mathematik 28. "Das deckt sich leider mit dem, was wir aus den Schulen hören", sagt Schulrätin Nicole Gatz. Das sei auch schon vor der Pandemie so gewesen.  Die Lösung: Es muss mehr in das Bildungssystem investiert werden.

„Jeder, der frühzeitig aufgefangen wird, ist später Teil einer gesunden Gesellschaft“, sagt Valeska Hansen (FDP). „Das ist unbezahlbar.“ Sie meint: Von unbezahlbarem Wert, doch unbezahlbar mag es für die Finanzverantwortlichen der Stadt auch klingen. Tatsächlich könne sich die Investition in Schulsozialarbeit langfristig aber sogar positiv auf die Stadtkasse auswirken, meint Adomat. Jüngst hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ von einer sogenannten „Systemsprengerin“ berichtet, deren Betreuung die Stadt Kerpen monatlich 85.000 Euro koste. Und ja, auch in Leverkusen gebe es aktuell einen Jugendlichen, der nur in Eins-zu-Eins-Betreuung unterrichtet werden könne. Kostenpunkt: 1000 Euro pro Tag. „Das entspricht hochgerechnet fünf bis sechs Schulsozialarbeitern“, sagt Adomat. Natürlich gäbe es keine Garantie dafür, dass das eine das andere verhindere.

Aber das Problem ist eindeutig. Die Stadt Köln berichtete vor kurzem, dass dort die Zahlen an extrem hilfsbedürftigen Kindern stark steige. „Wir haben in Köln ungefähr fünf bis zehn neue sehr schwierige Fälle pro Jahr, die uns in der Klinik erreichen, darunter sind ein oder zwei sogenannte Systemsprenger“, sagte Prof. Stephan Bender, Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik Köln.

Der Schulausschuss hat dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen und FDP einstimmig zugestimmt. Die Stadt soll nun die Bedarfe der Schulen auswerten, in die Haushaltsplanungen einbringen und sich außerdem um Landesmittel bemühen. Der Stadtrat wird im Dezember darüber abschließend abstimmen.

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