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LandgerichtLeverkusenerin soll pädophilen Ehemann mit Videos beliefert haben

4 min
Vor Verhandlungsbeginn: Ein Leverkusener Ehepaar (mit gepixelten Gesichtern) muss sich wegen Kindesmissbrauchs verantworten. Die Strafanwälte Iris Stuff und Gordon Christiansen verteidigen sie.

Vor Verhandlungsbeginn: Ein Leverkusener Ehepaar (mit gepixelten Gesichtern) muss sich wegen Kindesmissbrauchs verantworten. Die Strafanwälte Iris Stuff und Gordon Christiansen verteidigen sie.

Das Ehepaar steht wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht.

40 Minuten ohne Unterbrechung verlas die Staatsanwältin am Kölner Landgericht die Anklage gegen eine 34-jährige Leverkusenerin. Die Vorwürfe haben es in sich: Sie soll ihre eigenen Halbschwestern schwer sexuell missbraucht haben, von ihnen Kinderpornos hergestellt haben, als die Kinder nicht einmal vier und sechs Jahre alt waren. Der mutmaßliche Missbrauch lief über sechs Jahre zwischen 2009 und 2015, bis die beiden neun und elf Jahre alt waren. Zu dem Zeitpunkt war das jüngere Opfer neun und ihre Schwester elf Jahre alt.

Die mutmaßliche Täterin wirkt im Gerichtssaal wie eine vollkommen durchschnittliche junge Frau, die vernünftig reden kann, sie wirkt nicht labil. Mit ihr sitzt ihr Ehemann Jens U. (Namen der Angeklagten geändert) auf der Anklagebank. Der 47-jährige Mann ist aktenkundig pädophil und wegen seiner Taten 2024 rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Steinbücheler EDV-Experte konnte seinen Haftantritt zweimal nur deshalb verschieben, weil er ein Familienmitglied pflegt. Die Ehe zwischen Jens und Jessica U. besteht fort. Die beiden hatten sich im Internet kennengelernt und angefreundet.

Angeklagte filmte jahrelang Halbschwestern

Als sie die Filme machte, lebte Jessica U. als ältestes Mädchen in Niedersachsen in ihrer Patchwork-Familie mit Mutter, Halbbruder und den Halbschwestern zusammen. Weit weg von ihrem späteren Ehemann, der da noch in einer ersten Ehe in Leverkusen lebte. Über Jahre filmte sie die Videos von ihren kindlichen Halbschwestern. Laut Anklage sollen die Videos zur Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse von Jens U. angefertigt worden sein. Jens U. soll Anweisungen gegeben und die Kamera ausgerichtet haben. Ob er dabei tatsächlich bei den Taten anwesend war, oder ob das immer über Online-Verbindung lief, blieb zunächst unklar. Die Filme wurden offenbar auch auf Datenträgern gefunden, die ihm zuzuordnen sind.

Fast 30 Fälle selbst produzierter Videos und Bilder zählt die Staatsanwältin auf, die Inhalte ähnelten sich: Immer ging es ums Eincremen und das Zeigen des Körpers und der kindlichen Geschlechtsorgane.

Jens U.s Exfrau will von seiner Neigung keine Kenntnis gehabt haben, allenfalls eine schwache Ahnung. Das hatte sie im Prozess 2024 gegen Jens U. ausgesagt. Das Paar ließ sich 2015 scheiden; die anscheinend gefügige Nachfolgerin Jessica, mit der die Beziehung schon lange parallel zur ersten Ehe gelaufen war, zog 2014 erst von Niedersachsen ins Bergische Land, um nach der Scheidung von Jens U. zu ihm nach Steinbüchel zu ziehen. Sie heirateten 2018. Sie bekamen sogar ein Mädchen, das aber aus gutem Grund vom Jugendamt in eine Pflegefamilie gegeben wurde.

Ehemann könnte Angeklagte manipuliert haben

Eine Äußerung der Verteidigerin der Angeklagten, Iris Stuff, lässt am ersten Prozesstag ahnen, welche Rolle von Jens U. bei den Taten zu bewerten ist: Er könnte die damals junge und womöglich leicht zu manipulierende Jessica zu den Taten angestiftet haben.

Wie die frühe Beziehung zwischen Jens und Jessica U. einzuschätzen ist, dürfte für das Urteil bedeutsam sein. Die Anwältin Stuff sagte wörtlich: „Sie ist auch zu einem großen Teil Opfer“, die Andeutung mussten aufmerksame Prozessbeobachter wohl so verstehen, dass sich die noch junge Frau anscheinend in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem sehr viel lebenserfahreneren Pädophilen befunden hatte. In der Verhandlung am Dienstag machte er einen komplett sicheren und stabilen Eindruck, war allen Situationen souverän gewachsen. In seiner ersten Verhandlung wurde er als „total abgeklärt“ beschrieben. Man kann sich vorstellen, dass es ein gehöriges Ungleichgewicht in der Beziehung zwischen dem Mann und der damals knapp 18-jährigen Frau gegeben haben dürfte. Aber, selbst wenn das so ist, wird sie sich für ihre Taten verantworten müssen, denn laut Anklage wusste sie genau, was sie tat und weshalb sie das tat.

Ihre beiden Halbschwestern, die inzwischen um die 20 Jahre alt sind, werden im Prozess von einer Nebenklägerin vertreten. Zur Täterin haben beide Missbrauchsopfer den Kontakt abgebrochen.

Die Ehe von Jessica und Jens U. scheint auf den ersten Blick durch die üble Vorgeschichte nicht gefährdet zu sein, von außen wirkt ihre Beziehung normal. Dazu gefragt, sagt Jessica U.: „Ich habe ihm eine Chance gegeben.“

Am ersten Verhandlungstag wurde bald nach der Verlesung der Anklage die Öffentlichkeit ausgeschlossen, weil es um die sexuelle Entwicklung der Angeklagten geht. Der zweite Verhandlungstag wird fast komplett nicht-öffentlich bleiben: Dann werden die Opfer aussagen.