Neubau in ManfortLeverkusener Holzhaus soll 30 Prozent weniger Energie verbrauchen

Lesezeit 4 Minuten
Grüner Bogen-Macher

Holzbauer Jochen Wasen, Investor Klaus Kugelmann und Projektbetreuer Philipp Lampe (von links) im hölzernen Treppenhaus

Leverkusen – „Was wird denn das?“ Typisch, dass am Mittwoch ein Radler an der Baustelle an der Johannes-Kepler-Straße stoppt. Hier im Osten des Manforter Innovationsparks ist der Gebäude-Besatz schütter, Wiesen dominieren die Szenerie. Das passt gut zu dem Gebäude, das hier in erstaunlicher Geschwindigkeit wächst. Nach gut zwei Monaten steht der Rohbau.

Und wenn man ihn in Begleitung von Investor Klaus Kugelmann betritt, hat man den Eindruck, dass hier kaum noch etwas gemacht werden muss. Das liegt daran, dass dieses zweistöckige Haus komplett aus Holz ist. Weshalb es neugierig macht. Hier müssen keine Schlitze mehr gestemmt werden für Wasser-, Strom- und Rechnerleitungen. Auch an den Decken wird nicht mehr viel passieren. Zum Glück, denn das macht die besondere Atmosphäre in dem Bürogebäude aus.

Bauteile mit QR-Codes

Wer bei Holz an altertümliche Bautechnik denkt, wird überrascht: Wenn die Lastwagen mit den Elementen von CL Tech in Manfort ankommen, regiert das iPad. Die Bauteile aus verleimtem Holz stehen – mit QR-Codes beklebt – nämlich genau so auf dem Transporter, dass sie eins nach dem anderen abgeladen und in dieser Reihenfolge eingebaut werden können. Projektbetreuer Philipp Lampe und Kugelmann gebieten also über eine ungewöhnlich aufgeräumte Baustelle. Besonders lange werden sie sich daran nicht erfreuen können – in einem halben Jahr sollen die Nutzer einziehen.

Der Ankermieter ist schon gefunden

„Im Moment digitalisieren wir Deutschland.“ Erhard Braches ist gerade genau so guter Dinge wie seine Frau Rita. Die beiden Chefs der Tasteone AV-& IT-Solutions verzeichnen eine Sonderkonjunktur. Ein Corona-Effekt: Das Unternehmen liefert Konferenzsysteme, natürlich Rechner-gestützt. Das brauchen immer mehr Unternehmen, die ihre Beschäftigten ganz oder phasenweise ins Homeoffice geschickt haben und schicken.

Die 43 Köpfe starke Belegschaft könnte größer sein, sagte am Mittwoch Rita Braches – wenn man denn Leute finden würde. Tasteone braucht zum einen Leute, die sich um die Installation der Anlagen – darunter große, schwere Bildschirme und Lautsprecher – kümmern. Außerdem Programmierer sowie Ingenieure. Fachpersonal also, das schwer zu bekommen ist.

Den Umzug in den Holz-Neubau „Grüner Bogen“ machen die Braches leichten Herzens: Ihr jetziges Domizil schräg gegenüber des Finanzamtes ist nicht weit weg. Was die Energieeffizienz und die daraus resultierenden Nebenkosten angeht, dürften allerdings Welten zwischen den beiden Bürogebäuden liegen. 1000 Quadratmeter Platz braucht Tasteone in dem Neubau. Damit sind zwei Drittel der Fläche vermietet. (tk)

Schnell bauen, das bedeutet auch billig bauen, weil die Finanzierungsphase kürzer ist. Für den erfahrenen Investor Kugelmann, der sich unter anderem bei der Restaurierung der Reuschenberger Mühle in Bürrig, der Sachsenvilla in Schlebusch und anderswo im Manforter Innovationspark engagierte, ist das aber nur einer von mehreren wichtigen Faktoren. Der Bau aus größtenteils verleimter Fichte kann eines Tage „komplett recycelt werden“, berichtet er.

30 Prozent weniger Energieverbrauch

Das Haus hat außerdem ein Energiekonzept, das so sehr in die Zeit passt wie nie: Wenn erstmal alle Solarzellen auf das Dach geschraubt sind, sollte der Strom für den Betrieb der Wärmepumpen reichen, die hier nicht nur heizen, sondern auch kühlen. Damit dafür nicht zu viel Strom draufgeht, bekommen die großen Fenster Außenjalousien. Zudem wird das Haus in einen 18 Zentimeter dicken Mantel aus Dämmplatten eingepackt. Aus Holz, nicht aus Styropor, „das wäre ja verrückt“, sagt Holzbauer Wasem.

Grüner Bogen außen

Holzbau mit Holzdämmung: Im Osten des Manforter Innovationspark entsteht ein innovatives, 1500 Quadratmeter großes Bürogebäude.

In deutschen Baunormen ist das der Maximal-Standard für Gewerbebauten, nämlich KfW-40 – „aber wir denken besser“, sagt Kugelmann, in aller Vorsicht: Ob dieses Bürohaus, von dessen Dachterrasse der Blick zu den alten Wuppermann-Hallen, aber auch über den Dhünn-Bogen und den Hemmelrather Hof schweift, tatsächlich 30 Prozent weniger Energie verbraucht als ein konventioneller Neubau, „bilanzieren wir nach einem Jahr“. Aber er ist guter Dinge.

Künstliche Intelligenz regiert

So viel Moderne ist nur mit dem richtigen Zulieferer machbar. Was bei CL Tech läuft, verrät Jochen Wasem nach und nach bei seinem ersten Rundgang durchs Haus. Bei der Herstellung der Holzbauteile haben Rechner längst Einzug gehalten, die Abläufe werden stetig optimiert. „Die Maschinen lernen selbst: Wenn ein Zehn-Millimeter-Loch gebohrt werden muss, nehmen sie beim nächsten Mal auch gleich den richtigen Bohrer.“ Ein weiteres Thema ist, weniger Verschnitt zu haben: Wo später ein Fenster eingebaut wird, muss das Holz nicht aufwendig verleimt werden, nur weil es in einer normierten Größe vom Zulieferer kommt. 

Grüner-Bogen-Luftbild

Und es geht weiter: Christopher Robeller, Professor an der Technischen Uni in Kaiserslautern, habe noch einiges beizusteuern in Sachen Künstliche Intelligenz, erklärt Wasem. „Was, kann ich aber noch nicht verraten.“

Auch beim Holz wollen die Lauterer Pioniere noch besser werden: Ein Teil komme noch aus Österreich und nicht aus dem Pfälzer Wald, der wiederum Holz-Exportland ist. Aus Sicht von CL Tech sind 800 Kilometer Transportweg für den Rohstoff schon zu viel. Abgesehen davon, dass der Nachschub endlich ist. „Die Fichte fällt bald aus“, sagt Wasem mit Blick auf den Klimawandel. „Wir machen gerade Versuche mit Kiefer und anderen Hölzern.“

An der Atmosphäre im Haus wird das nicht viel ändern. Dass Kugelmann dem Öko-Bau den Namen des Umfelds verpasst hat, gehört natürlich auch zum Konzept: „Grüner Bogen“, in Anlehnung an die Dhünn-Schleife.  

KStA abonnieren