Leverkusener Chefin der Kinoleinwand„Netflix interessiert mich nicht“

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Wohnzimmer mit Originalsitzen und Leinwand: Ute Mader leitet das Kommunale Kino seit 30 Jahren erfolgreich und nach eigenen Worten mit Leidenschaft und Beharrlichkeit .

Wohnzimmer mit Originalsitzen und Leinwand: Ute Mader leitet das Kommunale Kino seit 30 Jahren erfolgreich und nach eigenen Worten mit Leidenschaft und Beharrlichkeit .

  • Arthouse-Kino statt Blockbuster: Vor 50 Jahren eröffnete in Leverkusen das erste Kommunale Kino des Landes.
  • Ute Mader ist seit Jahrzehnten als Programmplanerin dabei. „Der eine oder andere dort denkt, ich wäre irgendeine Tussi ohne Ahnung“, sagt sie und lacht.
  • Dass sie es nicht ist, hat sie in den vergangenen 30 Jahren bewiesen. Im Interview blickt sie zurück und macht sich Gedanken zum Thema Kino.

Leverkusen  – Frau Mader, am kommenden Freitag, 29. November, werden bei einem Festakt im Forum 50 Jahre Kommunales Kino gefeiert. Gibt es Geschenke?

Pünktlich zum Festakt haben wir den alten 35-Millimeter-Projektor wieder hergestellt. Der Ton war defekt. Ich habe Ersatzteile aus den USA bestellt – und jetzt funktioniert er wieder. Ein Bauer U3. Der steht hier seit der Eröffnung des Kinos.

„Hier“ heißt: In diesem Saal, der seit 30 Jahren Ihr zweites Wohnzimmer ist. An was denken Sie, wenn Sie hier sitzen?

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Ich bin nicht so nostalgisch. Ich denke nur daran, wie ich das Programm der näheren Zukunft geschickt plane, damit das Publikum auch kommt. Bislang hat das immer ganz gut geklappt. Schließlich haben wir dreimal den deutschen Kinemathekspreis gewonnen und sind dreimal Zweiter geworden.

Wie hält man denn so ein Kino lebendig – ohne Blockbusterfilme?

Wir zeigen Blockbuster so gut wie gar nicht. Die sucht hier aber auch keiner. Wir machen mehr Arthaus-Kino oder Originale mit Untertitel. Filmvorführungen für Vereine, für VHS-Kurse, für Schulfilmfestivals. Ein großer Teil unseres Publikums ist dabei Stammpublikum. Aber es kommt immer wieder auch vor, dass Leute hierher kommen und sagen: „Das kannte ich noch gar nicht. Das hätte ich hier gar nicht vermutet.“ Schön ist eben, dass wir das erste Kommunale Kino in Deutschland waren – und in unserem Saal immer noch alles im Originalzustand ist. Nur die Sitze wurden zwischendurch einmal ausgepolstert.

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Die meisten Menschen schauen heutzutage Filme im Internet. Was hat Kino den Streamingdiensten voraus?

Ich möchte etwas auf der großen Leinwand sehen. Und auf dem Smartphone oder Tablet sehe ich nichts. Das geht nur im Kino. Zudem geht es im Kino immer auch um dieses Gemeinschaftsgefühl. Man sitzt in seinem Saal, diskutiert hinterher über den Film.

Haben Sie Netflix zuhause?

Nein. Netflix interessiert mich nicht.

Wie bewerten Sie als Filmexpertin das Blockbuster-Kino?

Das wird immer mehr uniformer. Gleichgeschaltet. Das beste Beispiel: Disney hat in diesem Jahr 20th Century Fox gekauft.

Eine große Filmfirma schluckt die andere.

Genau.

Und wie ist Ihr Verhältnis zum Leverkusener Cineplex nebenan?

Der eine oder andere dort denkt, ich wäre irgendeine Tussi ohne Ahnung. (lacht) Mehrfach kam auch das Angebot, wir könnten doch das Kommunale Kino auflösen und einmal in der Woche einen Film bei ihnen zeigen. Was für eine Idee, denn: Wenn dann ein paarmal keiner kommt, war es das. Aber so läuft eben die Vereinnahmung: Geht man darauf ein, ist ein vermeintlicher Konkurrent vom Hof gefegt. Auf so etwas bin ich nie eingegangen.

Ist dies das Erfolgsgeheimnis für ein halbes Jahrhundert Kommunale Kino – Beharrlichkeit?

Ja. Und Leidenschaft. Ohne diese Dinge geht es nicht.

Und nicht ohne regelmäßiges Filmeschauen.

Ja. Ich besuche Pressevorführungen und Filmfestivals.

Wie viele Filme haben Sie in dieser Woche schon gesehen?

Fünf. Das ist alles schon nicht ohne. Das erfordert viel Organisationsaufwand. (lacht)

Mit welchen Herausforderungen abseits der Vereinnahmungs-Angebote hatten Sie denn in den 30 Jahren, in denen Sie das Kommunale Kino leiten, noch zu tun?

Vor allem mit der Anschaffung eines digitalen Projektors. Der kostete knapp 50 000 Euro. Für den haben wir Geld gesammelt – je zur Hälfte bei privaten Gönnern und als Förderung von Land, Bund und EU. Das war wichtig, um weiterhin Filme zeigen zu können. Die bekommt man ja heutzutage auf Festplatte. Wenn ich Schülern alte Filmrollen zeige, dann fallen die vom Glauben ab. Das kennen die gar nicht mehr. Genauso wie Schwarz-Weiß-Filme.

Was war denn der erste Kinofilm, den Sie gesehen haben?

Mit elf Jahren „Winnetou 3“. Was spät war. Aber: Ich bin auf einem Einödhof in Bayern aufgewachsen und hatte lange keine Ahnung von Kino. Das war zudem verpönt. Es zählte nur Theater.

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