Corona-Proteste in LeverkusenWie Rechtsextremisten mit Neonazis Impfgegner umgarnen

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Alexander Kurth Neonazi Leverkusen

Der Neonazi Alexander Kurth (Bildmitte links) filmt am 6. Januar in Opladen den Anti-Impf-Protest. Kurth ist ein enger Begleiter Markus Beisichts.

Leverkusen – Der rechtsextremistische Lokalpolitiker und Anwalt Markus Beisicht führt seit Anfang Dezember Anti-Impf-Protestmärsche in Leverkusen an. Nun wird immer deutlicher: Auch das Organisationsteam, das unter dem Namen „Leverkusener für die Freiheit“ firmiert, rekrutiert sich aus Beisichts rechtsextremistischer Gruppe – und macht gemeinsame Sache mit einem vorbestraften Neonazi und Ex-NPD-Kader.

Regelmäßig, so auch für den 22. Januar, wenn Beisicht mit den Impfgegnerinnen und -gegnern wieder durch Leverkusen marschieren will, meldet der Verein „Leverkusener für die Freiheit“ die Kundgebungen und Aufzüge an. Doch dahinter steckt Beisichts Verein „Aufbruch Leverkusen“. Die Anmelderin der Demos ist Olga Stodola, Schriftführerin der vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistische Splittergruppe“ bezeichneten Vereinigung.

Eine lange Historie rassistischer Hetze

Deren Ratsmitglied Markus Beisicht selbst hat eine lange Historie rassistischer Hetze und rechtsextremistischer Stimmungsmache. Sie lässt sich bis Anfang der 1990er Jahre zurückverfolgen. Damals gehörte er zu den Mitgründern der rechtsextremen Partei Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH).

In Köln rufen Beisicht, der für die DLVH zu der Zeit im Kölner Rat sitzt, und seine Kameraden 1993 ein Kopfgeld von 5000 Mark auf eine untergetauchte Asylbewerberin aus, der damalige NRW-Innenminister Herbert Schnoor spricht von einer „neuen Form der Menschenjagd“. Ein Jahr später, Beisicht ist NRW-Vorsitzender der DLVH, schreibt der Verfassungsschutz, die nationalistischen und rassistischen Vorstellungen der DLVH sei „mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar“.

Regelmäßiger Gast im Verfassungsschutzbericht

In den Folgejahren taucht Beisicht immer wieder einschlägig im Verfassungsschutzbericht des Landes auf. 2004 wird er Vorsitzender der rechtsextremen Bürgerbewegung Pro Köln, später auch von deren Landesableger Pro NRW, für die er 2009 in den Leverkusener Rat einzieht. Über die beiden Gruppierungen heißt es 2014 vom Verfassungsschutz: „Minderheiten werden wegen ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit pauschal herabgesetzt und diffamiert. Im Fokus stehen fast ausschließlich Muslime, Asylbewerber sowie Sinti und Roma.“

Nach der Auflösung von Pro NRW im Jahr 2019 knüpft Beisicht nahtlos an und führt fremden- und islamfeindliche Kampagnen nun im Verein „Aufbruch Leverkusen“ fort. Im bislang letzten Verfassungsschutzbericht 2020 steht über Aussagen und Forderungen von „Aufbruch Leverkusen“, Wortwahl und Argumentationsmuster griffen die Menschenwürde an.

Gegen den Bau von Moscheen

Immer wieder agitiert Beisicht gegen den Bau von Moscheen. Auch in Leverkusen, im Februar 2020 zum Beispiel. Auf Fotos ist zu sehen, wie er neben André Poggenburg steht, der ein Jahr zuvor aus der AfD ausgetreten ist, und neben Alexander Kurth. Kurth ist ein bundesweit bekannter Neonazi, der in der NPD und der Partei Die Rechte aktiv war, in ganz Deutschland Nazi-Aufmärsche besucht hat, online in einem Blog regelmäßig gegen Einwanderer hetzt – und seit Dezember auf den Anti-Impf-Demos in Leverkusen auftritt, die aus dem Umfeld von Markus Beisicht organisiert werden, und deren Versammlungsleiter er ist.

2003 wurde Kurth nach einem Angriff auf den Sänger der Musikgruppe „Die Prinzen“, Sebastian Krumbiegel, zu einer Haftstrafte wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes verurteilt. Der Sachse wurde zudem bereits wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen verurteilt, berichtete die „Sächsische Zeitung“.

Ex-NPD-Kader aus Leipzig ist in Leverkusen aktiv

Kurth filmt in Leverkusen die Redebeiträge von Menschen, die sich gegen eine Impfpflicht stellen, interviewt Beisicht, lädt Videos davon in sozialen Netzwerken hoch, berichtet auch über Beisicht aus dem Stadtrat und geht bei Demonstrationen neben dem Leverkusener Rechtsextremisten vorneweg. Zuletzt stand der ehemalige NPD-Kader aus Leipzig am 6. Januar mit Beisicht in der Opladener Fußgängerzone – mehr als 180 Menschen waren dem Aufruf zur Demonstration gefolgt.

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Die Menschen, die dort bei bisher drei Demos gestanden haben, machen nicht den Eindruck, Neonazis zu sein oder zu unterstützen. Da stehen Familien mit Kindern, freundliche Frauen mit Lichterketten um den Hals, Jugendliche und Rentner mit brüchiger Stimme. Doch sie folgen den Aufrufen einer rechtsextremen Gruppe gehorsam – und stören sich nicht an Ordnern mit „Hooligan-Tattoo“ auf dem Kopf und Menschen, die wie zu Jahresbeginn während des Protestzuges rufen: „Wir sind nicht gewalttätig. Nur wenn wir es müssen.“

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