LandgerichtAngeklagter kommt nach Bluttat im Leverkusener Tagestreff in Psychiatrie

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Landgericht an der Luxemburger Straße

Ein Flur im Landgericht an der Luxemburger Straße (Symbolbild)

Der Mann, der im Caritas-Tagestreff einen anderen Wohnungslosen mit einem Glas schwer verletzt hat, wird in der Psychiatrie untergebracht.

Die Gewalttat hatte die Mitarbeiter im Caritas-Tagestreff in der Wiesdorfer Schulstraße schockiert: Ein psychisch kranker, obdachloser Mann, stieß einem anderen Wohnungslosen im Keller eine Glasscherbe in den Hals; eine Vene und die Halsmuskulatur wurden verletzt. Das Opfer der Tat wurde gerettet und musste vier Tage im Krankenhaus verbringen. Das hätte auch schlimmer ausgehen können, wenn statt der Vene eine Arterie getroffen worden wäre.

Psychisch krank, zunehmend aggressiv – was macht man mit einem solchen Täter?

Was macht man mit einem solchen Täter? Er ist drogensüchtig, psychisch krank und ist in letzter Zeit zunehmend aggressiv aufgetreten, was in der Bluttat gipfelte, für die er sich nicht wirklich verantwortlich zu fühlen scheint.

Die 17. große Strafkammer geht auf Nummer sicher und verweist den Täter in eine geschlossene Unterbringung, den Maßregelvollzug, dort soll seine Schizophrenie therapiert werden, die zuletzt offenbar außer Kontrolle zu geraten schien. Der Mann sei nicht schuldfähig, aber gefährlich, sagte der Vorsitzende Richter Harald Helmes. Der Angeklagte nahm das Urteil relativ regungslos zur Kenntnis, aber er steht auch unter Medikamenten.

Freispruch, aber Psychiatrie

Der Staatsanwalt hatte genau für diesen Weg plädiert: Den Mann „juristisch freizusprechen“ und ihn in den Maßregelvollzug zu geben, ihn für seine Tat nicht zu bestrafen, ihn unterzubringen. Der Angeklagte sei gefährlich für die Allgemeinheit, sagte der Staatsanwalt, aber schuldunfähig. Die Verteidigerin sieht die Zukunft ihres Mandanten allerdings erstmal in Freiheit. Der geschlossene Maßregelvollzug sei nicht angemessen, sagt sie in ihrem Plädoyer, die Unterbringung könne zunächst auf Bewährung lauten, also erst dann ziehen, wenn ihr Mandant sich nochmal etwas zuschulden kommen lässt.

Sie sieht ihn erstmal eher in einer Wohngruppe für psychisch Kranke. Die gefährliche Körperverletzung, die dem Angeklagten vorgeworfen wird, sei nicht bewiesen worden. Auch deshalb, weil der Geschädigte, ebenfalls ein Besucher des Caritas-Tagestreffs, kein eigenes Interesse an der Strafverfolgung gehabt habe. Der Mann, 34, gebürtig aus Damaskus, ist verschwunden, für die Behörden zurzeit nicht auffindbar.

Als letzter in der Beweisaufnahme war zuvor ein Psychiater zu Wort gekommen, der ein Gutachten über den Angeklagten angefertigt hatte. Dem bescheinigte er eine paranoide Schitzophrenie; am Tattag sei sie schlecht behandelt gewesen. Mit psychischen Problemen habe der Leverkusener mindestens zu tun, seitdem er 15 Jahre alt sei. Mit der Pubertät sei es bei ihm abwärts gegangen. Wiederholte Ortswechsel zwischen Nordafrika und Deutschland, die frühe Trennung des Jungen von den Eltern hätten dazu beigetragen.

Der Angeklagte habe am Tattag ziemlich sicher unter einer Psychose gestanden; Cannabis verstärke die Krankheit, Amphetamine noch mehr, sagte der Gutachter. Nach beiden Drogen sei der Angeklagte süchtig. Er habe zur Tatzeit viel Amphetamin im Blut gehabt und Spuren anderer Drogen waren ebenfalls messbar.

Der Angeklagte hatte früher unter anderem als Gerüstbauer gearbeitet. Doch Drogen und die Krankheit haben ihn schwer körperlich und psychisch heruntergezogen. Es sei heute undenkbar, dass der Mann etwa arbeiten gehe, selbst wenn er seit acht Monaten clean sei, sagte der Psychiater. Die Sucht habe er deshalb noch lange nicht hinter sich, die Einsicht in die Notwendigkeit einer Drogentherapie habe der Angeklagte nicht. Der Psychiater machte keine Empfehlung, wie man weiter verfahren soll mit dem Angeklagten, aber er hatte ihm keine gute Prognose bescheinigt.

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