„Wie in einem schlechten Film“Freispruch im Prozess um Raub in Schlebuscher Casino

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Landgericht Köln_RUST

Das Landgericht Köln

Köln/Leverkusen – „Es war wie in einem schlechten Film“, sagt Melissa S. (alle Namen geändert) vor dem Landgericht in Köln. 2015 wurde die heute 27-jährige Leverkusenerin bei der Arbeit in der Spielhalle „Play Point“ in Schlebusch überfallen. Mit vorgehaltener Waffe erbeutete ein maskierter Täter damals 510 Euro Bargeld. Die Tat liegt nun bereits fast sechs Jahre zurück – doch erst jetzt konnte das Verfahren wegen schweren Raubes gegen den Verdächtigen Marco G. stattfinden.

Verdächtiger kam für das Verfahren aus Italien

Grund dafür: Der gebürtige Sizilianer hat in den vergangenen 30 Jahren ein stetiges Hin und Her zwischen einem Leben in Deutschland und Italien veranstaltet. Um 1991 das erste Mal zu Verwandten ins Rheinland gekommen, zog er in den folgenden Jahren mehrfach wieder in seine Heimat und kehrte dann nach Deutschland zurück, wie sein Verteidiger Roberto Triscari ausführte. In Deutschland war er wegen der Strafverfolgung gesucht worden, erst im vergangenen Herbst kam G. jedoch für das Verfahren und eine Untersuchungshaft wieder nach Deutschland. Ausreichende Sprachkenntnisse scheinen sich bei den Aufenthalten in Köln und Leverkusen nicht verfestigt zu haben, dem Angeklagten wurde ein Dolmetscher zur Unterstützung bereitgestellt. Über diesen verfolgte der 52-Jährige den Verhandlungstag.

Leverkusener Wohnung „in einer Nacht- und Nebelaktion“ verlassen

Im März 2015, also nur wenige Wochen vor dem Tathergang am 21. April 2015, soll Marco G. Deutschland schließlich bis auf einige Familienbesuche endgültig verlassen haben. „In einer Nacht- und Nebelaktion“ und ohne vorherige Kündigung habe der Angeklagte die Wohnung in Leverkusen aufgegeben, wie sein Vermieter vor Gericht angab. Dabei habe er rund 4500 Euro Mietschulden gehabt, aktuell betitelte der Verteidiger die Schulden des Stuckateurs und Pizzabäckers auf etwa 10 000 Euro.

Mitarbeiterinnen wollen Marco G. auf Überwachungsvideo erkannt haben

Ob er diesen finanziellen Engpass durch den Überfall auf die Leverkusener Spielhalle zu mindern versuchte und sich zum Tatzeitpunkt also doch noch in Deutschland aufhielt, war Gegenstand der Verhandlung unter der Leitung von Dr. Achim Hengstenberg. In Verdacht geraten war Marco G., da er selbst zum Stammklientel des Casinos in Schlebusch gehörte und durch einen charakteristischen Gang auffiel. „Das war so diese typische italienische Lässigkeit“, sagte die damalige Spielhallenleitung Gabi J. Zudem habe Marco G. ein Bein etwas nachgezogen. „Als ich mir die Überwachungsvideos angesehen habe, habe ich direkt gesagt: Das ist doch der Marco!“, erklärte auch Melissa S.

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Die Aufnahmen der Überwachungskameras wurden auch im Gericht von den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen. Darauf zu erkennen war zudem der Zeuge Ahmet Y., der die Spielhalle fast unmittelbar vor dem Raub verließ. Zwischenzeitlich witterte man gar eine Absprache der beiden – vor dem Landgericht erhärtete sich dieser Verdacht jedoch nicht. „Das Spielen ist eine schlechte Angewohnheit“, so Y. „Aber ich würde nie gegen Recht verstoßen.“

Charakteristischer Gang reicht jedoch nicht als Beweis

Wichtigster Anhaltspunkt blieb also das Bild des Täters. Auf den Videos ist zwar eine Person von kleiner Statur und mit einem etwas auffälligen Gang wie Marco G. zu sehen – durch die Maskierung und fehlende Dialoge sei jedoch nicht mit der nötigen Sicherheit zu klären, ob es sich dabei um den Angeklagten handle, erklärte der Richter. „Das trifft auch auf hunderte weitere Menschen zu“, so Dr. Hengstenberg. Marco G. wurde freigesprochen – und kann nun zurück nach Sizilien.

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