Natur in NRWDiese Tierarten haben an Rhein und Ruhr eine neue Heimat gefunden

Waschbär: Über 50 Prozent der NRW-Waschbären leben im Kreis Höxter, viele andere leben ebenfalls in den östlichen Landesteilen.
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- Die Tier- und Pflanzenwelt in Nordrhein-Westfalen verändert sich im Laufe der Jahre.
- Eingewanderte Arten finden an Rhein und Ruhr eine neue Heimat.
- Vom Halsbandsittich bis zur Amerikanischen Lupine – Wir stellen eine Auswahl vor.
Auch in der Natur ist die Globalisierung ein bedeutender Faktor – ein ständiger Einwanderungsprozess, der vor langer Zeit begann. Und natürlich stellt der Landschaftsraum Nordrhein-Westfalen keine Ausnahme dar. Zwei Vokabeln sind mit diesem Phänomen verbunden. Zum einen Neobiota – das sind Tier- und Pflanzenarten, die eigentlich nicht in Deutschland vorkommen, die aber durch menschlichen Einfluss den Weg ins Land gefunden haben.
Zum anderen geht es um invasive Arten – eine Untergruppe der Neobiota, gebietsfremd und eingeschleppt auch sie, aber ihre Anwesenheit hat unerwünschte Auswirkungen auf andere Geschöpfe oder Biotope. Invasive Arten können mit einheimischen Spezies um Lebensraum und Nahrung konkurrieren und diese auch verdrängen. In der EU schätzen Experten die Anzahl der Neobiota auf mittlerweile 12 000 Arten. Etwa zehn bis 15 Prozent von ihnen gelten als invasiv.
Die Vertragsstaaten der „Konvention über biologische Vielfalt“, darunter auch Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten der EU, haben sich bereits 1992 dazu verpflichtet, die Einwanderung invasiver Arten zu verhindern sowie bereits eingewanderte Arten besser zu kontrollieren. Und sie, wenn nötig, wieder aus unserer heimischen Natur zu entfernen. Denn die ökonomischen und medizinischen Folgekosten invasiver Arten werden EU-weit auf mindestens zwölf Milliarden Euro jährlich geschätzt. Beide Gruppen – Neobiota und invasive Arten – kommen längst auch schon in NRW vor. Eine Auswahl im Überblick.
Neue Tiere
1 Halsbandsittiche: Die grünen Vögel mit den roten Schnäbeln gehören längst zum Stadtbild von Bonn über Köln bis Duisburg. Ursprünglich stammt diese Papageienart aus Südasien. Wissenschaftliche Studien haben in NRW bisher keine Auswirkungen auf heimische Tierarten ergeben.

Halsbandsittich: Diese Vogelart gehört von Bonn bis Duisburg zum Stadtbild.
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Gleichwohl sind sie für Anwohner ein Ärgernis – sie sammeln sich an bestimmten Bäumen, die sie zu ihren Schlafplätzen wählen, dabei ist ihr Gekreische sehr laut und ihre Hinterlassenschaft üppig. Die Populationen im Rheinland sind Nachfahren von Zooflüchtlingen.
2 Nil- und Kanadagans: Unklar ist bisher noch die Einordnung der Gänse-Einwanderer – sind sie invasiv oder findige Lückenfüller? Fest steht: Nil- und Kanadagans breiten sich aus, sie sind nicht nur versteckt, sondern inzwischen auch offen in vielen Parkanlagen des Rheinlandes präsent.

Kanadagans: Sie ist etabliert in NRW, es gibt hier bis zu 2600 Brutpaare.
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Vor 30 Jahren gab es noch keine Nilgänse in NRW, nun wird der aktuelle Bestand auf 2100 bis 3300 Brutpaare geschätzt. Ihr Vorkommen ist das Ergebnis von Freilassungen. Die Kanadagans wurde ebenfalls einst ausgesetzt, zudem gelang einigen Tieren die Flucht aus der Gefangenschaft. In NRW gibt es derzeit 1700 bis 2600 Brutpaare.

Nilgans: Die Tiere sind auch in den Seen und Parks in NRW oft zu sehen.
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3 Amerikanische Krebse: Vor etwa 140 Jahren wurden nordamerikanische Süßwasserkrebse in Europa ausgesetzt. Unter dem Außenskelett trugen sie oft einen nicht sichtbaren Pilz, der den europäischen Krebsen sehr intensiv zusetzt.

Amerikanischer Sumpfkrebs: Er überträgt einen Pilz, der heimische Krebse tötet.
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Einheimische Schalentiere haben keine Abwehrstrategien dagegen entwickelt und sind bisweilen aus den NRW-Gewässersystemen verschwunden. Seit 20 Jahren kümmert sich ein Projekt um die Wiederansiedlung des in Europa heimischen Edelkrebses. Kurzum: Die amerikanischen Krebse sind invasiv.
4 Waschbären: Die Heimat des Waschbären ist Nord- und Mittelamerika. Doch sie kommen mittlerweile auch in vielen Teilen Europas vor. 1934 wurden in Hessen zwei Paare ausgesetzt – aus Spaß, man wollte sie bejagen. Etwa zehn Jahre später gelang zudem weiteren Tieren die Flucht aus einer Pelztierfarm im Kreis Strausberg östlich von Berlin. Beide Populationen bilden den Grundstock des heutigen deutschen Bestandes.

Waschbär: Über 50 Prozent der NRW-Waschbären leben im Kreis Höxter, viele andere leben ebenfalls in den östlichen Landesteilen.
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In NRW haben sie sich vor allem in den östlichen Landesteilen niedergelassen, über 50 Prozent der NRW-Waschbären leben im Kreis Höxter. Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es einen stark wachsenden Bestand im Land. Insgesamt stellen die Waschbären nach allem, was Forscher bisher zusammengetragen haben, keine Gefahr dar. Allerdings können sie lokal hin und wieder für Probleme sorgen, weil sie sich etwa in Dachgeschossen breitmachen oder auf der Suche nach Nahrung auch über Mülltonnen vor Hauseingängen herfallen.
5 Nutria: Diese Nagetierart stammt aus Südamerika, auch sie wurde von Menschen in Europa eingeführt oder ist aus Pelztierfarmen entwichen. Nutrias ähneln Bibern, haben aber einen runden Schwanz. In NRW gibt es einige Populationen entlang der Flüsse Niers, Schwalm und Cloer, doch sie sind durchaus auch in anderen Teilen des Rheinlandes anzufinden, besonders in Parkanlagen mit Gewässern.

Nutria: Der Nager kann Uferröhrichte schädigen.
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Eine rasante Verbreitung gibt es aber nicht, da den Tieren das mitteleuropäische Klima nicht unbedingt behagt. Nutrias stören, obwohl längst etabliert, bisweilen die Pflanzenwelt und gelten daher als invasive Einwanderer. Sie können Uferröhrichte schädigen, am Niederrhein etwa ein seltenes Sauergras.
Neue Pflanzen in NRW
Zu den unbewusst nach Deutschland und NRW eingeschleppten Arten gehören vor allem Pflanzen. Sie erreichen Güterbahnhöfe, Häfen oder Gewerbegebiete meist als winzige Samen. Auf diese Weise ist über 200 Arten fremder Herkunft die Ansiedelung in NRW gelungen. Insgesamt ist jede zehnte Blütenpflanzenart, die hierzulande wächst, ein etablierter Neubürger. Doch mit manchen gibt es Probleme.
1 Riesen-Bärenklau: Diese große krautige Pflanze stammt aus dem Kaukasus. Der Riesen-Bärenklau zieht zwar blütensuchende Insekten an, stellt aber in Siedlungsnähe ein akutes Problem dar: Hautkontakt mit der Pflanze kann schmerzhafte und schlecht heilende Blasen verursachen.

Riesen-Bärenklau: Dort, wo Menschen mit dieser Pflanze in Berührung kommen können, wird sie entfernt.
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In Gärten, Parks, Bach- und Flusstälern kann der Riesen-Bärenklau die heimische Vegetation verdrängen. Die Pflanze gilt als invasive Art und wird, wo nötig, aus der Landschaft entfernt.
2 Drüsiges Springkraut: In riesigen Mengen wächst das Drüsige Springkraut mittlerweile in Bach- und Flussauen von NRW. Es gibt Warnungen von Wissenschaftlern, wonach die Pflanze die heimische Auwaldflora bedroht.

Drüsiges Springkraut: Schädlich oder nicht? Antwort offen
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Andererseits verweisen Imker darauf, dass das Springkraut für sie ein willkommener Nektarlieferant im blütenarmen Spätsommer darstellt. Invasiv oder nicht – in diesem Fall ist die Antwort noch offen.
3 Amerikanische Lupinen: Im Naturschutzgebiet Perlenbach-Fuhrtsbachtal in der Städteregion Aachen drohten Lupinen die dort heimischen Pflanzen wie Arnika, Heide-Labkraut oder Sonnenröschen zu verdrängen. Mitarbeitern der Biostation der Städteregion Aachen gelang es mittlerweile, die Lupinen dort zu beseitigen.