Publikumsnaher ErzählerJan Josef Liefers präsentiert sich in Bergneustadt

Lesezeit 3 Minuten
Viele Fragen, wenige Antworten, aber ein positiver Vibe machen die Texte der Popsongs aus, die Jan Josef Liefers vorstellte.

Viele Fragen, wenige Antworten, aber ein positiver Vibe machen die Texte der Popsongs aus, die Jan Josef Liefers vorstellte.

Bergneustadt – Die Lichter sind gedimmt, als Jan Josef Liefers und die vier Mitglieder seiner Band Radio Doria die Bühne betreten. Nur mit einer Gitarre und Fingerschnipsen, begleitet vom Klatschen des Publikums, beginnt das Konzert. Liefers unverstärkter Gesang von der Sehnsucht nach Zeiten „Wie es früher nie war“ ist auch im hinteren Teil des Krawinkel-Saals in Bergneustadt gut hörbar. Dann begeben sich die Musiker aber doch – weg von der Lagerfeuerstimmung im Halbkreis, hin zu ihren Instrumenten.

Timon Fenner setzt sich ans Schlagzeug, Gunter Papperitz an Piano und Synthesizer, Christian Adameit und Jens Nickel nehmen Bass und Gitarre, während Liefers das Mikrofon greift. Eine kurze Unterbrechung, die fast dafür sorgt, dass die wohlige Lagerfeueratmosphäre noch etwas länger bleibt, gibt es direkt darauf, als die Tontechnik streikt. „Die Energie wird knapp“, kommentiert Liefers lächelnd den kleinen Patzer. „Ich weiß gar nicht, wie ich das wegmoderieren soll.“ Doch das Problem ist schnell behoben.

Seit zwanzig Jahren tritt Radio Doria auf

Zur zweiten Veranstaltung der Bergneustädter Liedermacher Tage ist der Krawinkel-Saal mit 300 Zuschauern bis in die letzte Reihe gefüllt. Liefers hat noch viele andere Rollen im Repertoire als den selbstverliebten Professor Boerne. Dass er als Musiker durch Deutschland reist, wissen längst nicht alle „Tatort“-Fans. Seit zwanzig Jahren tritt Radio Doria auf, bei ihrer aktuellen Tour spielen die Musiker auch noch unveröffentlichte Deutschpop-Songs.

Alles zum Thema Konzerte in Köln

Liefers singt über die Liebe, übers Kindsein, über Angst und Fehler – es sind Geschichten, die die Zuhörer berühren. Eines der Lieder wurde von einem Filmdreh in Israel inspiriert. „Ich weiß nicht, ob es jedem bewusst ist, aber ich habe noch ein zweites Standbein“, scherzt der Schauspieler. Im Rahmen der Aufnahmen wurde er von Einheimischen eingeladen und erfuhr dort von der Geschichte der Tochter der Familie, die vor ihrer Hochzeit bei einem Selbstmordanschlag auf einem Marktplatz starb. Anstatt Hass in die Welt zu setzten, machten ihre Eltern die Eltern des jungen Attentäters ausfindig, um gemeinsam um die Kinder zu trauern. Er verstehe nicht, sagt Liefers, warum immer nur die schlechten statt die guten Geschichten weitererzählt würden.

Musik für Erwachsene

Es ist Musik für Erwachsene. Ein Stück widmet die Band allen Eltern, die das Gefühl plagt, alles falsch zu machen, auch weil ihnen das von den pubertierenden Kindern vorgeworfen wird. Und nach der Pause packt Radio Doria die Hits aus. Liefers gibt vor „Verlorene Kinder“ zu bedenken: „Wusstet Ihr, dass die Wahrscheinlichkeit in Deutschland geboren zu werden, kleiner ist als ein Fünfer im Lotto?“ Und er fragt seine Fans: „Wenn wir das wissen, gehen wir gut genug damit um?“

Bei „Sehnsucht Nr. 7“ singen die Zuhörer lautstark mit. Und im Stück „Das Weiße Haus“ geht der Star auf Tuchfühlung, läuft durch den Saal und tanzt mit dem Publikum. Mit der Zugabe „Jeder meiner Fehler“ verabschieden sich Liefers und Radio Doria aus Bergneustadt und bekommen Standing Ovations.

Zum zehnjährigen Jubiläum der Liedermacher-Tage war am Vorabend Stoppok im Krawinkel-Saal aufgetreten. Am Donnerstag geht es weiter mit Stefan Gwildis, danach stehen noch Klaus Hoffmann, Fortuna Ehrenfeld und die Band Faun auf dem Programm.

KStA abonnieren