Engelskirchener Feuerwehrleute verstärken regelmäßig die Einsatzkräfte auf der entlegenen Insel mitten in der Nordsee. Kein Dienst wie jeder andere.
FeuerwehrEngelskirchener machen Brandwache auf Helgoland

Ruhiger Dienst: Das Team aus Engelskirchen hat den Schlauch diesmal nur ausgerollt, um ein Planschbecken zu füllen.
Copyright: Steve Grünwald
Aus Oberberg an den Nordseestrand, aber nicht zum Sonnenbaden, sondern um ehrenamtlich zu arbeiten: Das machen nicht nur die oberbergischen Wasserretter von der DLRG. Sondern auch eine Gruppe von Engelskirchener Feuerwehrleuten. Und zwar ganz weit draußen, auf Helgoland.
Einerseits: Einen wirklich dramatischen Einsatz gab es noch nicht. Die Feuerwehrmänner aus Engelskirchen haben mal bei der Suche nach einer vermissten Lehrerin geholfen. Die verwaiste Schulklasse war zwei Stunden lang sehr aufgeregt. Nachdem die vier Kameraden zwei Stunden lang die halbe Insel abgesucht hatten, kam die Pädagogin nichtsahnend von einem nächtlichen Spaziergang zurück.
Und die Schläuche haben die Feuerwehrmänner auch erst einmal ausgerollt. Und nur um den Insulanern ein Planschbecken für eine „Piratentaufe“ zu füllen.

Jeder Feuerwehrmann darf drei Familienmitglieder mitbringen.
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Andererseits stapelt Julian Bauer dann doch ein bisschen tief, wenn er über den zweiwöchigen Einsatz auf Helgoland sagt: „Es ist wie Urlaub.“ Denn wenn es darauf ankommt – wenn also beispielsweise einer der Ferienbungalows in Brand geraten sollte – dann muss das vierköpfige Team den Einsatz allein stemmen. In der Nacht können die vier Feuerwehrmänner erst nach einer Dreiviertelstunde mit Unterstützung von den örtlichen Kameraden rechnen. Steve Grünwald sagt über die Herausforderung im Ernstfall: „Das würde für uns dann sportlich.“
Denn ihr Einsatzgebiet ist nicht die Helgoländer Hauptinsel selbst (obwohl auch dort auswärtige Kräfte zweiwöchige Aushilfsdienste leisten). Die Engelskirchener sind für die Nachtbereitschaft auf der als „Düne“ bezeichneten Nebeninsel zuständig. Diese liegt knapp einen Kilometer östlich der Hauptinsel und war bis zur Neujahrsflut 1721 mit dieser durch einen Naturdamm verbunden. Der Fährverkehr zur Hauptinsel wird in der Nacht eingestellt. Auf der Düne findet sich der kleine Helgoländer Flugplatz, zudem ein Campingplatz und ein Bungalowdorf.
Schon wenn man in Cuxhaven sein Auto geparkt hat, fängt die Entschleunigung an.
In vier dieser Bungalows bekommen die Gastfeuerwehrleute Gratisunterkünfte, in denen auch bis zu drei Angehörige wohnen dürfen. Zudem erstattet man ihnen die Anreisekosten und zahlt eine Aufwandsentschädigung von 16 Euro pro Tag. Die Lebenshaltungskosten auf Helgoland gehen ins Geld. Im Gegenzug müssen die vier „Verstärker“ von 19 Uhr abends bis 8 Uhr morgens dienstbereit sein, allzu feucht-fröhliche Beachpartys sind also ausgeschlossen. Zum Tagesprogramm gehört ein Rundgang um 22 Uhr, bei dem die Feuerwehrmänner sich als Campingplatzwarte betätigen und darauf achten, ob alles in Ordnung ist.

Auf Helgoland steht Deutschlands kleinste Drehleiter.
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In dieser Woche hat sich entschieden, dass Julian Bauer (34), Steve Grünwald (47), Thomas Muck (43) und Andreas Rattay im kommenden Jahr keinen Dienst auf der Insel absolvieren. Ihre Bewerbung wurde abgelehnt. Die meisten Verstärkerdienste werden an die Pinneberger Feuerwehrkameraden vergeben, also intern: Die Insel gehört verwaltungstechnisch und feuerwehrorganisatorisch zum Landkreis Pinneberg vor den Toren Hamburgs, obwohl dieser 100 Kilometer von der Küste entfernt liegt.
Im kommenden Jahr werden sie es wieder versuchen. Bauer und Rattay haben im Oktober 2017 zum ersten Mal in Cuxhaven die Fähre bestiegen und danach noch vier weitere Male in wechselnden Viererteams für den Brandschutz auf Helgoland gesorgt, bevor sich das aktuelle Team formierte. Bauer hatte davon im Feuerwehr-Magazin gelesen und die erste Bewerbung auf den Weg gebracht. Das Verfahren ist nicht ganz unkompliziert, unter anderem muss man sich von der eigenen Wehrführung bescheinigen lassen, dass man abkömmlich ist und die notwendigen Qualifikationen mitbringt, also den Lkw-Führerschein und die Atemschutztauglichkeit.

Zum Programm gehört ein nächtlicher Kontrollgang.
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Ein 2000-Liter-Tanklöschfahrzeug und Atemschutzgeräte stehen vor Ort zur Verfügung. Die Brandschutzkleidung bringen sie selbst mit. In diesem Jahr blieb sie allerdings am Haken hängen, Badeshorts reichten aus. Julian Bauer schwärmt: „Wir waren genau in der Schönwetter-Phase im August auf der Insel und konnten uns am Strand zwischen die Robben legen.“
Den Engelskirchener wird es nicht langweilig. Sie besuchen die Vogelwarte und besichtigen den Seenotrettungskreuzer. Natürlich schauen sie im örtlichen Feuerwehrhaus vorbei und plaudern mit dem Gerätewart. Weil die Helgoländer in allen Einsatzfällen ohne die Unterstützung benachbarter Einheiten auskommen müssen, sind sie recht opulent ausgestattet. Allerdings wegen der engen Gassen mit besonderen Fahrzeugen: Hier steht die kleinste Drehleiter Deutschlands.
Die Engelskirchener Feuerwehrverstärkung schätzt die besondere Atmosphäre auf der abgelegenen Insel. Steve Grünwald sagt: „Schon wenn man in Cuxhaven sein Auto geparkt hat, fängt die Entschleunigung an.“ Spätestens auf der zweieinhalb Stunden langen Fährfahrt lasse man den Alltag hinter sich. Thomas Muck ist begeistert: „Auf der Insel herrscht ein ganz anderer Lebensstil.“ Julian Bauer liebt die Ruhe, die eintritt, wenn die letzte Fähre abgelegt hat. Oder der Fährverkehr ganz ausfällt: „Am schönsten sind eigentlich die Sturmtage, dann haben sogar die Geschäfte zu.“

