Ungenutzte ParkplätzeOberbergische Gehbehinderte sind frustriert

Lesezeit 2 Minuten
Ein freier Behindertenparkplatz.

Nur Schwerbehinderte mit entsprechendem Ausweis dürfen die eigens ausgewiesenen Parkplätze nutzen. Wer nicht „außergewöhnlich gehbehindert“ ist, und zwar zu 80 Prozent, muss sich einen anderen Platz suchen.

Die Hürden für die Nutzung von Stellplätzen für Behinderte sind hoch. Oft bleiben die Flächen ungenutzt. Wie behindert muss man dafür sein?

Der Weg vom Auto zum Arzt dehnt sich. Es sind nur 40 Meter, aber die scheinen beinahe unüberwindbar, wenn jeder Schritt schmerzt. Die ältere Dame stützt sich mühsam auf ihren Gehstock und schleppt sich vorwärts. Direkt vor der Arztpraxis entdeckt sie gleich zwei unbesetzte Parkplätze mit dem blau-weißen Rollstuhlsymbol. „Wie behindert muss ich eigentlich sein, damit ich dort mein Auto abstellen darf?“ fragt die Leserin dieser Zeitung.

„Das ist in der Straßenverkehrsordnung eindeutig geregelt“, gibt Ulf Engelmann, Leiter des Ordnungsamtes in Lindlar auf Anfrage Auskunft. „Nur wer einen Schwerbehindertenausweis und den blauen Parkausweis mit dem Rollstuhlsymbol besitzt, darf auf den ausgewiesenen Flächen parken. Das sind spezielle Parkflächen für spezielle Menschen, für alle anderen gibt es ausreichend andere Parkmöglichkeiten.“   Der Waldbröler Fachbereichsleiter Eckhard Becker sieht ebenfalls keinen Spielraum: „Da gibt es nur Schwarz oder Weiß.“

VdK-Kreisverband Oberberg weiß auch keine Lösung

Rainer Lenkeit ist Vorsitzender des Kreisverbands des Sozialverbands VdK, der sich für die Interessen von Menschen mit Behinderung einsetzt. „Zu unseren Beratungen kommen oft Leute, die schlecht gehen können, aber kein Anrecht auf einen Ausweis haben.“ Er kennt für diese Menschen aber auch keine Lösung. Das Amt für Soziale Angelegenheiten des Kreises, das den Schwerbehindertenausweis ausstellt, sei „recht restriktiv“. VdK-Kreisgeschäftsführer Johannes Walter Gerhardt stimmt zu: „Das erforderliche Merkzeichen AG, das für ,außergewöhnlich gehbehindert' steht, bekommt nur eine ganz kleine Klientel, die in der Regel auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Ich beobachte deshalb auch, dass die Behindertenparkplätze des Öfteren ungenutzt sind.“

Viele Mitglieder mit Gehbehinderung seien enttäuscht, wenn er ihnen mitteilen muss, dass sie erst mit einer Behinderung von 80 Prozent die Parkerlaubnis bekommen, sagt VdK-Experte Gerhardt. Den Behinderungsgrad herabzusetzen, sei aber schwierig: „Denn wo soll man dann die Grenze setzen?“

Wer unberechtigt ist und widerrechtlich auf einem Behindertenparkplatz sein Auto abstellt, dem droht ein Verwarngeld von 55 Euro. Gegen notorische Falschparker kann auch ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Also keine zugedrückten Augen, keine Verhandlungsmöglichkeit für die Dame mit dem Gehstock. Ihr hilft nur ein Antrag auf einen entsprechenden Ausweis bei ihrer Kommune.

Mit dem blauen Parkausweis darf man auch auf Parkplätzen mit Parkuhr oder Parkscheibenpflicht gebührenfrei und zeitlich unbegrenzt parken. Der orangefarbene Behindertenausweis, der nur in Deutschland gilt, berechtigt dagegen nicht zum Parken auf den blau-weißen Flächen. Aber Ulf Engelmann vom Lindlarer Ordungsamt hat für Besitzer des orangenen Parkausweises einen kleinen Trost: „Viele wissen nicht, dass sie damit im eingeschränkten Halteverbot bis zu drei Stunden parken dürfen, wenn es keine andere Parkmöglichkeit gibt.“

KStA abonnieren