Gästebücher mit Prominenz„Rheinischer Hof“ in Nümbrecht ist 150 Jahre alt

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Der 110 Jahre alte Tresen erinnert nicht nur Besitzer Gerhard Vierkötter an die Geschichte seines Hauses.

Der 110 Jahre alte Tresen erinnert nicht nur Besitzer Gerhard Vierkötter an die Geschichte seines Hauses.

Nümbrecht – „Neunundvierzig Thaler und zwanzig Silberlinge“ waren es, die Franz Vierkötter von Volberg ab dem 1. Januar 1868 für eine Scheune, ein Wohnhaus und Gewerbeschenkwirtschaft als Pacht zu bezahlen hatte. Dem Eigentümer, Ludwig Koch, blieben derweil „im Hause 2 Zimmer, 1/4 Teil im Keller, 1/4 Teil in der Scheune und Stallungen zur Selbstbenutzung“. Mit diesem Vertrag, datiert auf den 28. September 1867, zwischen Koch, einem Gastwirt aus dem Ort Nümbrecht, und dessen Schwiegersohn Franz ist das Geschäft besiegelt.

Gästebücher mit dem jungen Harald Juhnke (u.) und Chris Barber.

Gästebücher mit dem jungen Harald Juhnke (u.) und Chris Barber.

Mit jenem Dokument beginnt die Geschichte des „Rheinische Hof“. Und der steht heute noch. Den Pachtvertrag hütet Gerhard Vierkötter wie seinen Augapfel. Seit 1970 führt er die Gaststätte an der Hauptstraße, in vierter Generation. „Ich bin stolz, dass es dieses Haus so lange gibt“, sagt dort der 72-Jährige, der noch lange nicht ans Aufhören denkt, „sofern es die Gesundheit natürlich zulässt“. Allerdings hat er die Öffnungszeiten seiner Gaststube reduziert.

Früher kamen Gäste aus Musik und Fernsehen

Ein bisschen Ruhestand müsse schließlich sein in seinem Alter, findet der Ur-Nümbrechter. Über mangelnden Zuspruch kann er nicht klagen. Im Gegenteil: Über die Grenzen des Oberbergischen hinaus ist der „Rheinische Hof“ für seine gutbürgerliche Küche bekannt – und vor allem für das Cordon Bleu.

Matthias Pack gehört zu den Stammgästen, schon als Kind verputzt der bald 45-Jährige da sein Leibgericht. „Butterzart ist es und aus Kalbfleisch gemacht“, schwärmt der Wassermeister beim Aggerverband. „Gefüllt ist es mit Kochschinken und Käse, dazu gibt es eine tolle Buttersoße.“ Den „Rheinischen Hof“ zu besuchen, das sei Familientradition, so Pack.

Gastgeber Vierkötter fühlt sich geschmeichelt. Und er sieht sich bestätigt, denn auf die alte Schule, so wie er sie selbst als Jugendlicher einst in einer Fachschule in Bad Kreuznach und später dann als Lehrling im „Kölner Hof“, einem schicken Hotel in der Stadt Olpe, erlernt hat. Vierkötter ist Koch von Beruf. Fleisch serviert er auf dem Silbertablett, jede Soße und jede Beilage kommen in einem eigenen Silbergefäß. „So muss das sein, auch heute noch“, findet der knorrige Hausherr. Seine ältesten Gäste seien wohl 92 und 89 Jahre alt, schätzt er. Und mancher Stammtisch sei älter als fünf Jahrzehnte.

Im September 1867 übernahm der erste Vierkötter die Gaststätte mitten in der Ortschaft Nümbrecht. (Fotos/Repro: Schmittgen)

Im September 1867 übernahm der erste Vierkötter die Gaststätte mitten in der Ortschaft Nümbrecht. (Fotos/Repro: Schmittgen)

Ältestes Stück in der Gaststube ist mit 110 Jahren aber die Theke aus dunklem Holz. Etliche Fotos und Kohlezeichnungen an den Wänden erinnern an die Geschichte der Familie Vierkötter und an die Historie des Hauses, das 1835 errichtet wurde – nachdem ein verheerender Brand in Nümbrecht gewütet und den Ort völlig zerstört hatte.

Bis vor wenigen Jahren war der „Rheinische Hof“ auch ein Hotel, in dem deutsche Prominenz aus dem Fernsehen und von der Musikbühne gern abgestiegen ist, gastierte sie im Bergischen Land. Gern blättert der Oldtimer- und Motorradliebhaber Vierkötter in den Gästebüchern, in dem sich alle Mitglieder der Chris-Barber-Band ebenso verewigt haben wie der Volksbarde Heino, Willy Millowitsch, Cindy und Bert, Drafi Deutscher und Harald Juhnke. Und Eröffnung der Landesgartenschau in Nümbrecht hat sich Lennart Graf Bernadotte 1974 ebenfalls auf den Seiten verewigt.

Vierkötter lacht. „Die Jungs um Chris Barber kamen oft zu mir“, verrät er. „Und Cindy und Bert haben 1967 dann auch auf meinem Polterabend gespielt.“ Wehmütig und nostalgisch sei er nicht, versichert der Koch, obwohl die Zukunft seines Haus ungewiss ist. Zwar hilft ihm Tochter Marion (47) immer, wo sie nur kann, doch ob sie oder Sohn Oliver (48) den „Rheinischen Hof“ übernehmen, scheint fraglich.

Wenn Gerhard Vierkötter nicht in seiner Küche zaubert, dann sitzt er auf dem Motorradsattel oder er kurvt mit seinem Haflinger, einem ulkigen kleinen Jagdwagen der Marke Steyr Puch von 1974, durch Oberberg. Am Freitag, 3. November, ist Vierkötter aber ganz sicher da: Ab 19 Uhr wird das 150-Jährige mit einem „Kölschen Abend“ gefeiert – bei kleiner Küche und dem Musiker Wambo am Klavier.

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