Made in OberbergGummersbacher Tapetenhersteller A.S. Création in der Umstrukturierung

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Gummersbach
Derschlag
Tapetenhersteller A.S. Création

Die beiden Vorstände Maik Krämer (r.) und Tim Herder im Showroom vor einer dreidimensionalen Betonwand, die tatsächlich eine Tapete ist.

Die Gummersbacher Tapetenfabrik A.S. Création reagiert auf einen veränderten Markt. Dazu gehören neben einem veränderten Angebot auch Entlassungen und eine Standortkonzentration.

Mit seiner Quartalsmeldung Ende Juni hat der Gummersbacher Tapetenhersteller A.S. Cŕeation im positiven Sinn aufhorchen lassen. Dort war zu lesen: „A.S. Création weist für das erste Halbjahr 2023 einen operativen Gewinn in Höhe von 0,1 Millionen Euro aus, während im Vorjahreszeitraum ein operativer Verlust in Höhe von -1,0 Millionen Euro verkraftet werden musste. 

Gummersbach
Derschlag
Tapetenhersteller A.S. Création

Im neuen Showroom in Derschlag können Großkunden sich anschauen, wie Tapeten im Raum Wirkung zeigen.

In dieser Entwicklung spiegeln sich die ersten Erfolge der laufenden Restrukturierung und Neuausrichtung von A.S. Création wider.“ Zu diesem Veränderungsprozess gehört auch, dass der Standort in Gummersbach-Derschlag mittel- bis langfristig aufgegeben und verkauft werden soll.

A.S. Création: Vorstand erläutert den Umbau des Unternehmens

Was die Chefs von A.S. Création damit gemeint haben, haben jetzt der Vorstandsvorsitzende Maik Krämer, der Vorstand Vertrieb und Marketing, Tim Herder, sowie Stefan Gauger als Leiter Marketing im Detail erläutert.

Dass das Unternehmen Probleme hatte und noch hat, daraus macht Krämer keinen Hehl. „Der Markt hat eine generell rückläufige Nachfrage nach Tapeten erlebt“, sagt er. Auch die Exportmärkte bzw. die Nachfrage im Ausland haben sich verändert. „Viele Menschen haben noch das Bild im Kopf, dass A.S. Création osteuropalastig ist. Das trifft schon lange nicht mehr zu. Der Export unserer hier in Deutschland produzierten Tapeten nach Osteuropa ist seit vielen Jahren rückläufig.“

A.S. Création: Beteiligung an Tapetenfabrik in Russland schon 2019 veräußert

Die 50-Prozent-Beteiligung an der Tapetenproduktion in Russland hatte A.S. Création bereits im April 2019 und damit vor Beginn des Ukraine-Kriegs veräußert. Aktuell werden nur noch 14 Prozent der Konzernumsätze in den osteuropäischen Ländern außerhalb der EU erzielt. „Rund 80 Prozent unserer Umsätze machen wir in der EU. Das ist unser Kernmarkt“, sagt Krämer. Aber auch hier sei der Tapetenumsatz rückläufig gewesen.

Ein Grund sei, dass die Renovierungszyklen länger geworden seien. Und: Der Trend beim Verbraucher gehe ganz klar hin zu einer Akzentwand in seinen vier Wänden. Sei es hinter dem Bett oder hinter dem Fernseher. Das heißt, dass nur noch eine Wand mit einem aufwendigen Motiv tapeziert wird, und die übrigen Wände in einem passenden Farbton gestrichen werden. „Dem mussten wir uns stellen“, sagt Herder.

Und so bietet der Gummersbacher Tapetenhersteller inzwischen nicht nur Tapeten mit den unterschiedlichsten Motiven, sondern auch passende Wandfarbe an. Die Kunst sei es jetzt, dieses ganzheitliche Angebot zu vermarkten. So gesehen wandelt sich A.S. Création momentan vom reinen Tapetenanbieter zum Anbieter für Wand- und Raumgestaltung.

Dabei scheinen den Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt zu sein. Ob Fototapeten, florale Motive, Ornamente oder Backsteinmauern. Auch dreidimensional wirkende Betonwände sind kein Problem. Zudem können Kunden ihre eigenen Bilder als Tapete bekommen. Digitaldrucktechnik macht sogar Auflagen mit kleiner Stückzahl möglich, wie Gauger erläutert. Sowohl im Handel als auch online kann man bestellen. Herder nennt das „eine deutlich größere Vielfalt und einen höheren Designanspruch“.

Die aktuellen Zahlen von A.S. Création geben den Managern Recht

Und die aktuellen Zahlen geben den Managern wie es scheint Recht. Wobei die Umstrukturierung und Neuausrichtung auch mit Stellenabbau verbunden gewesen ist (s. Kasten). Dass A.S. Création mit seiner Neuausrichtung weg von den hohen Stückzahlen hin zu mehr Wertigkeit und Individualität noch nicht im sicheren Hafen angekommen ist, räumt auch Krämer ein, zumal A.S. Création aus konjunktureller Sicht eher Gegenwind als Rückenwind verspürt. „Wir müssen jetzt beweisen, dass es funktioniert. In diesem Jahr sehen wir die ersten positiven Effekte. Endgültig Bescheid wissen wir aber erst in zwei bis drei Jahren“, so der Vorstandschef.

Millionenschwere Investitionen vor allem in Wiehl-Bomig

Die Umstrukturierung geht einher mit millionenschweren Investitionen. In den letzten Jahren wurde das Lager komplett modernisiert. Das war schon vorher voll automatisch, ist jetzt aber noch leistungsstärker geworden. Hinzu kamen Investitionen in die Digitaldrucktechnologie, die auch kleinste Auflagen möglich macht. Vier Millionen investiert „In den vergangenen zehn Jahren hat die A.S. Création Tapeten AG im Durchschnitt jährlich über vier Millionen Euro an den beiden Standorten Derschlag und Bomig investiert, wobei der größte Teil der Investitionen in die Produktion und Logistik am Standort Bomig geflossen ist“, sagt Krämer. An diesem Standort wird A.S. Création seine Aktivitäten und Beschäftigten künftig konzentrieren.

A.S. Création legt Wert auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses

Neben der Neuausrichtung und der Reorganisation hat der Vorstand die Themen Nachwuchsförderung und Nachhaltigkeit im Fokus. Entsprechend wird großer Wert auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses gelegt, was sich in einer hohen Ausbildungsquote von rund acht Prozent widerspiegelt. 14 Ausbildungsberufe hat das Unternehmen im Portfolio und geht vom Drucker über den Schlosser und die Kaufleute bis hin zu Mediengestaltern. Also alles, was man für die Produktion von Tapeten braucht. Und die Produktion der Tapeten soll nachhaltiger werden, indem der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 soll um 31 Prozent reduziert wird.


Wechsel im Vorstand

Maik Krämer, Vorstandschef von A.S. Création, wird zum 31. März kommenden Jahres nach 24 Jahren im Unternehmen, davon 23 im Vorstand, ausscheiden. Tim Herder, Vorstand Vertrieb und Marketing, wird bereits zum Jahreswechsel den Vorsitz im Vorstand übernehmen. Der dritte Mann im Vorstand ist Antonios Suskas, der für die Bereiche Produktion und Logistik verantwortlich ist. Wer für Krämer in den Vorstand nachrückt und die Bereiche Finanzen und Controlling übernimmt, das klärt aktuell noch der Aufsichtsrat. Maik Krämer sagt, dass es gut sei, wenn neue Ideen in das Unternehmen kommen. Der Abschluss der Reorganisation sei ein guter Zeitpunkt dafür.


Umstrukturierung

A.S. Création hat in der Zeit von 2021 bis 2023 an den Standorten in Derschlag und Bomig insgesamt 90 Stellen abgebaut. Durch natürliche Fluktuation, aber auch durch Entlassungen, wie Vorstandschef Maik Krämer sagt. Ende des laufenden Jahres wird das oberbergische Unternehmen 380 Menschen in Vollzeit beschäftigen. „Jetzt haben wir eine Größe, mit der wir uns wohlfühlen. Das ist eine vernünftige Basis, um in die Zukunft zu starten“, sagt Krämer. 


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