Auch ein Unglück bleibt in Erinnerung: Das Bergbad Würden hat eine bewegte Geschichte.
Vergessene OrteEin Gummersbacher Bergbad

Auf das für die Öffentlichkeit gesperrte Gelände führten unsere Zeitung vier Männer vom VfL Berghausen-Gimborn und von der Firma S+C.
Copyright: Andreas Arnold
Man muss schon etwas ortskundig sein, um das Areal des ehemaligen Bergbads in Gummersbach-Würden zu finden. Ein Zaun umgibt das videoüberwachte Gelände und am Tor ist zu erfahren, dass die beiden großen Schwimmbecken der Gießerei Schmidt + Clemens gehören, die nicht weit entfernt im Leppetal beheimatet ist. Von außen hat man fast den Eindruck, als sei die Zeit seit der Einstellung des Badebetriebs im Jahr 1977 stehen geblieben. Leichter zu sehen ist das Bad fast schon aus der Luft. Ein entsprechendes Foto gehörte in diesem Sommer zu einer der Folgen unseres Sommerrätsels. Als Reaktion darauf kam die Redaktion mit dem Vorstand des VfL Berghausen-Gimborn ins Gespräch, der das Bad über viele Jahre betrieben hat. Rasch war der Kontakt dann auch zum Unternehmen hergestellt, so dass wir einen Blick auf einen sogenannten Lost Place werfen konnte, den heute nur noch wenige Menschen kennen.

Harald Langusch am Einlauf des 50m-Beckens.
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Viele, vor allem ältere Menschen verbinden mit dem Bad bis heute tolle Erinnerungen an wunderschöne Sommertage. An Spitzentagen kamen laut VfL an die 2000 Besucher. Und in einer Badesaison konnten es wie 1958 auch schon mal 38.000 werden. Zur Historie gehört allerdings auch der tragische Badeunfall am 3. September 1949, bei dem zwölf Mädchen ertranken. Über das Unglück ist viel geschrieben worden. So hat der langjährige Leiter der Halle 32 in Gummersbach, Martin Kuchejda, den 50. Jahrestag der Katastrophe zum Anlass genommen, das Unglück in Protokollform aufzuarbeiten und dafür auch mit vielen Zeitzeugen sprechen können.

Lars Nimczewski, Pressesprecher bei S+C, am Tor der Anlage, die videoüberwacht ist.
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Bei aller Tragik des Geschehens ist das Bergbad für die Region aber viel mehr gewesen als der Ort, an dem zwölf Kinder ihr Leben verloren haben. Es war auch der Ort, an dem Generationen von Kindern schwimmen lernten. Das berichten Rolf Müller aus Frielingsdorf (Ex-Mitarbeiter S+C), Harald Langusch (VfL Berghausen und Ex-Mitarbeiter S+C), Lars Nimczewski (Pressesprecher S+C) und Hermann Schriever (VfL Berghausen), der 1949 mit seinem Bruder kurz nach dem Unglück ins Bad kam. In den Jahren 1941/42 als Kühlwasserbecken der Firma Schmidt+Clemens errichtet, erfreute sich die Anlage schon bald als Schwimmbad, wie der VfL in seiner Chronik zum 50-Jährigen berichtet. Das lag daran, dass es in der Region kaum Bademöglichkeiten gab.

Hermann Schriever kam 1949 kurz nach dem Unglück ins Bergbad. Hier schaut er auf das Becken, in dem die 12 Kinder damals ertranken.
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Ein anderer Grund war, dass das Wasser, das S+C im Betrieb zur Kühlung benötigte, danach in Würden willkommen war, weil die Temperaturen mit mehr als 30 Grad für angenehmen Badespaß sorgten. Verbotsschilder, die den Betrieb untersagten, konnten an der Nutzung nichts ändern. Das Unglück im Jahr 1949 veranlasste den Vorstand des im selben Jahr gegründeten VfL Berghausen-Gimborn unter Mithilfe von Beschäftigten der Firma S + C, die Kühlbecken in ein Bad umzugestalten. Die Besonderheit der Anlage: Das tiefer gelegene der beiden Becken hatte eine Länge von 50 Metern, so dass Würden auch bei Leistungsschwimmern immer beliebter wurde fürs Training und für große Wettkämpfe unter Beteiligung der VfL-Sportler. Und das alles eben bei angenehmen Temperaturen.
In den Folgejahren wurden 45.000 D-Mark in das Bad gesteckt, 10.000 D-Mark waren Zuschüsse, den Rest stemmte der VfL. Eine unglaubliche Summe für die damalige Zeit. Und es gab sogar einen fest angestellten Schwimmmeister im Bad. Für diesen Posten gewann der VfL Heinz Steinberg, auf Empfehlung des Westdeutschen Schwimmverbandes. Für ihn gab es sogar eine Hausmeisterwohnung, wie die vier Bad-Experten wissen und auf die noch vorhandenen Fundamente zeigen. Auch ein Verkaufsbüdchen gab es. Schriever, Müller und Langusch waren im Sommer so gut wie immer im Bad. Entsprechend gut sind deren Erinnerungen an die Menschenmassen, die die Anlage im Sommer eroberten.
Die Menschen kamen mit dem Bus bis ins Leppetal und sind zu fuß zum Bad gelaufen. Im Jahr 1977 beschließt der VfL Berghausen-Gimborn dann denkbar knapp, das Bergbad Würden zu schließen. Die damals vor der Auflösung stehende Gemeinde Gimborn übernimmt zwar noch das Bad, doch im Jahr 1977 zieht S+C den Stecker: Um sein Kühlwassernetz zu schützen, muss das Unternehmen das Kühlwasser chemisch behandeln, der Badespaß ist damit vorbei.