Lindlar und WipperfürthStädte wollen keine Gesamtabschlüsse mehr vorlegen

Lesezeit 3 Minuten
Klamme Kassen plagen die meisten NRW-Kommunen. (Symbolbild) 

Klamme Kassen plagen die meisten NRW-Kommunen. (Symbolbild) 

Lindlar/Wipperfürth – Ab 2010 hat es in Lindlar Gesamtabschlüsse gegeben, in denen wie bei einem Großkonzern jeder Cent aus jeder Beteiligung aufgeführt war, damit soll nun Schluss sein. Der Haupt- und Finanzausschuss folgte einer Bitte aus der Kämmerei, in Zukunft auf die sogenannten Konzernabschlüsse zu verzichten. Zuvor hatte der Wipperfürther Hauptausschuss ebenso entschieden.

Bis 2010 liegen die Abschlüsse in beiden Kommunen vor. Als die Pflicht dazu eingeführt wurde, mussten viele Städte und Gemeinden rückwirkend Abschlüsse zusammentragen. Lindlar legte der Politik 2014 die Bilanzen vor und seit dem jedes Jahr.

Regelung war für Großstädte gedacht

Hintergrund

Drei Kriterien gibt es, nach denen Kommunen in NRW auf einen Gesamtabschluss zu verzichten können, wenn sie zwei davon erfüllen. Im Falle der Gemeinde Lindlar treffen zwei Kriterien zu.

1. Bilanzsumme unter 1,5 Milliarden Euro. Großstädte mit Bilanzsummer von über 1,5 Milliarden Euro müssen weiter Gesamtabschlüsse vorlegen. Lindlar hat zum Vergleich eine Bilanzsumme von knapp über 130 Millionen Euro 2019 und für 2020 geschätzt knapp über 140 Millionen Euro in den Büchern stehen. Dieses Kriterium ist in Lindlar also erfüllt.

2. Die Erträge der Eigenbetriebe. Tochtergesellschaften wie zum Beispiel der Entwicklungsgesellschaft BGW und der Hallenbad-Betreiber Sport- und Freizeitbad Lindlar GmbH machen weniger als die Hälfte der Gemeindeerträge aus. In Lindlar waren das 2019 rund 24,6 Prozent 2020 werden es geschätzt 27,3 Prozent sein. Auch dieses Kriterium ist damit erfüllt.

3. Bilanzsummen der Eigenbetriebe. Bleiben die Bilanzsummen der Eigengesellschaften zusammengenommen unter der Hälfte der Bilanzsumme der Gemeinde, ist dieses Kriterium erfüllt. Dieser Punkt trifft auf Lindlar nicht zu. Laut Kämmerei lagen die Bilanzsummen aller Eigenbetriebe 2019 zusammen bei rund 56 Prozent des Gemeindehaushalts. Für 2020 werden es geschätzt 53,8 Prozent sein.

Hintergrund für die Abkehr ist einmal die Arbeitsbelastung im Rathaus und dann die jährlich anfallenden Prüfungsgebühren, die in Lindlars Fall laut Verwaltung rund 9000 Euro betragen.

Dass sich Kommunen von der Größe Lindlars und Wipperfürths von der Pflicht befreien lassen können, ist in NRW so vorgesehen. Insgesamt gibt die Gemeindeordnung des Landes drei Kriterien vor, nach denen sich eine Kommune von der Pflicht befreien lassen kann. Zwei der drei Kriterien für eine Befreiung erfüllt Lindlar (siehe Info). „Gerade kleine Gemeinden belastet die Arbeit“, sagte Kämmerin Cordula Ahlers im Hauptausschuss.

Das sieht man auch in der Nachbarstadt Wipperfürth so. Dort hatte der Hauptausschuss Mitte September ebenfalls zugestimmt, auf den Gesamtabschluss zu verzichten. Auch hier attestierte die Verwaltung „erhebliche Kosten und unverhältnismäßig hohe Personalaufwendungen“ beim erneuten Zusammentragen der Zahlen. Die Idee bei der Einführung der Gesamtabschlüsse war, dass in einer Abrechnung alles nebeneinander steht. Ohne diese Konzernbilanz legen die Tochtergesellschaften weiter eigene Bilanzen vor, die auch veröffentlicht werden. Die für die Kommune relevanten Zahlen werden weiter in den Haushaltsplänen veröffentlicht. Der Verzicht sei in Lindlar unproblematisch, da die „Konzernstruktur relativ überschaubar ist“, so Ahlers.

Das könnte Sie auch interessieren:

Den Verzicht muss die Gemeinde in Zukunft jedes Jahr durch den Rat entscheiden lassen. Die Fraktionen stimmten ohne Diskussion zu. Nach rund zwei Legislaturperioden Erfahrung mit dem System gebe es da „andere Möglichkeiten diese Informationen abzufragen“, sagte Jörg Schlichtmann (Grüne) in der Sitzung. Die Kämmerin sagte zu, die Gremien weiterhin umfassend zu informieren und „auch die Kommunalaufsicht hat da ein besonderes Auge drauf“, so Ahlers.

KStA abonnieren