Ein Ski-MekkaDer Skilift in Müllenbach nahm 1971 den Betrieb auf

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Der Hang hinab nach Dahl war bis in die 1990er Jahre bei Oberbergs Skifahrern hochbeliebt.

In manch Müllenbacher Heizungskeller hängen die Plastikclips mit schwarzem Gummiband bis heute. Mit ihnen legten sich die Skifahrer des Ortes und der Umgebung einst die Papierkarten um den Hals, die zur Nutzung des Ankerlifts berechtigten: Wer die Abfahrt gemeistert hatte, ließ sich am Holzbüdchen an der Talstation einen Zacken aus der Karte knipsen – schon ging’s zum nächsten Wedeln wieder bergauf.

Lang ist’s her, dass den Hang zwischen Obernhagen und Dahl zuletzt ein Skifahrer bezwungen hat. Der gut 400 Meter lange Lift lief nach dem Winter 1995 nie wieder, 2006 wurde er abgerissen. Doch viele erinnern sich bis heute an das Wintersport-Mekka Oberbergs. Vor 50 Jahren begann in Müllenbach eine neue Ära mit der Eröffnung des Schlepplifts. Da hatte die Ortschaft ihren Ruf als Wintersportzentrum längst etabliert: Bereits in den 1930er Jahren flogen Springer von einer Naturschanze aus, Langläufer drehten ihre Runden.

Viele Skifahrer auch ohne Lift

Nach dem Krieg kamen Tausende zum Abfahrtslauf – ohne Lift. „Der Reiz des Skisports liegt in der Kombination ,Abfahrt-Aufstieg’“, schrieb die OVZ 1956. Gut 15 Jahre später gab die Gemeinde mit dem Ankerlift einen neuen Anreiz. Der Jahrhundertwinter 1969/ 1970, in dem von November bis April beinahe durchgehend eine Schneedecke lag, hatte im Rathaus die Idee zum Schlepper reifen lassen. Am 29. September 1970 fasste der Gemeinderat einstimmig den 70.000 Mark schweren Bau-Beschluss.

Dann ging alles Schlag auf Schlag: Auf dem von mehreren Grundstückseignern gepachteten Hang hinab zur Ortschaft Dahl wurden Betonfundamente für die Liftsäulen gegossen, eine Firma aus dem Südtiroler Ort Sterzing errichtete den Lift. Kaum war er einsatzbereit, wurde er im Januar 1971 schon von Bürgermeister Josef Luis und Gemeindedirektor Werner Knabe eröffnet. Allerdings sind eher schneelose Winter kein Phänomen der Neuzeit, sondern waren schon damals ein Problem. Im Eröffnungsjahr hielt sich die weiße Pracht gerade mal zwei Wochen, in den folgenden Wintern konnte der Lift stets nur tageweise in Betrieb gehen.

Die Talstation bei Dahl.

Der Hang hinab nach Dahl war bis in die 1990er Jahre bei Oberbergs Skifahrern hochbeliebt.

Bei den Verantwortlichen herrschte Verdruss. Im Sommer 1972 wurde der Abhang sogar mit skitauglichen Matten ausgelegt, der Skirennfahrer und Olympiateilnehmer Gerhard Prinzing kam zur Testfahrt. Nach zwei Jahren war der Sommer-Ski wieder Geschichte – der Investor war pleite. Gut, dass der Jahreswechsel 1975/1976 die ersehnte Wetterwende und mehr als zehn Jahre in Folge schneereiche Winter brachte. Es war die Glanzzeit des Skisports in Müllenbach, der an den Wintertagen Hunderte aus ganz Oberberg lockte – sogar nach der Abenddämmerung.

1976 fand der erste von sechs aufeinanderfolgenden Müllenbacher Nachtslaloms des Westdeutschen Skiverbands bei Flutlicht statt. Für den Start wurde eine Rampe aufgeschüttet, die Zeitnahme erfolgte elektronisch, mehr als hundert Starter kämpften um den Sieg.

Die Gewinner wurden nach Mitternacht in der Gaststätte „Zur Eiche“ geehrt – wo heute Antiquare ihren Laden haben. Die Skiabteilung des TV Rodt-Müllenbach führte mehrere Volksskiläufe durch, auch der TSV Dieringhausen kam für seine Wettkämpfe. Bis Ende der 1980er Jahre ging das Skivergnügen so weiter, doch im folgenden Jahrzehnt war es mit den so schneereichen Wintern bald vorbei. Schließlich wurde der Lift stillgelegt.

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