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Lichterfahrten der TraktorenPolizei lenkt erst in letzter Minute ein

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Weihnachtlich geschmückte Traktoren fahren in der Dunkelheit.

Wie viel Protest steckt in den Lichterfahrten? Das wird in Oberberg gerade heiß diskutiert.

Mannshohe Maschinen und Unmengen an Leuchten: Seit 2020 gehören die Lichterfahrten zur oberbergischen Adventszeit, von Waldbröl über Gummersbach bis nach Wipperfürth. Doch in diesem Jahr standen sie auf der Kippe.  

Am Mittwochnachmittag ging es plötzlich schnell: Nach Anfragen unserer Zeitung segneten Polizei und Kreisverwaltung die vier in Oberberg geplanten Lichterfahrten der Landwirte doch ab. Marienheide und Lindlar wurden als Protestzüge anerkannt, Waldbröl und Wipperfürth unkompliziert mit einer Genehmigung des Straßenverkehrsamtes ausgestattet.

Polizei Oberberg bestritt zunächst den Protestcharakter

Zuvor war die Lage noch deutlich undurchsichtiger. „Ein Funken Hoffnung, ohne Bauern geht es nicht“ – unter diesem Slogan wollen die Marienheider Markus und Yvonne Kollenberg am 17. Dezember einen glitzernden Konvoi durch Marienheide und Gummersbach auf die Beine stellen. Sie meldeten die Fahrt bei der Kreispolizei an. Doch anders als in den Vorjahren wollte die die Lichterfahrten zunächst nicht als Versammlungen, also als Protestzüge, anerkennen. Darunter sei nämlich eine Zusammenkunft von Menschen „zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung“ zu verstehen, hieß es in einem Schreiben an die Kollenbergs. Und weiter: „Dieser versammlungsrechtliche Aspekt ist bei der angezeigten Veranstaltung – wenn überhaupt – nur hintergründig wahrnehmbar und nicht das primäre Ziel.“ Im Klartext: Aus anfänglicher Sicht der Polizei knubbeln sich die Zuschauer wegen der beeindruckenden Lichtermeere am Straßenrand, aber nicht wegen der Plakate, die an manchen Traktoren baumeln.

Es ist ein Irrsinn, dass uns Bürokratie jetzt daran hindert, gegen sie zu protestieren.
Markus Kollenberg, Landwirt aus Marienheide und Organisator der Lichterfahrt

Den Vorwurf, die Lichterfahrt sei nicht politisch genug, wies Markus Kollenberg daraufhin energisch zurück. „Natürlich wollen wir auf die Belastung der Landwirte durch hohe Energiepreise, geringe Erlöse und Unmengen an Bürokratie hinweisen. Es ist ein Irrsinn, dass uns Bürokratie jetzt daran hindert, gegen sie zu protestieren“, sagte er unserer Zeitung.

Verboten wurden die Konvois durch die Aberkennung ihres Versammlungscharakters nicht – Folgen hätte die erste Entscheidung aber trotzdem gehabt, gerade für die Veranstalter. Sie hätten eine Ausnahmegenehmigung beim Straßenverkehrsamt beantragen und dabei eine Veranstalter-Versicherung nachweisen müssen. Obendrein wären für alle Traktoren mit grünem Nummernschild eine Bestätigung der jeweiligen Versicherung fällig gewesen, dass auch Schäden im Rahmen der Lichterfahrt abgedeckt sind. Von einst 50 angemeldeten Treckerfahrern seien schon 30 abgesprungen, ärgerte sich Markus Kollenberg am Mittwochmittag noch.

Waldbröl akzeptiert Mehrarbeit, Lindlar diskutierte die Absage

In Lindlar überlegte man gar, die für 9. Dezember geplante Fahrt ganz abzusagen. Im Kreissüden, wo bereits an diesem Sonntag, 4. Dezember, um 17 Uhr genau 109 Maschinen von der Waldbröler Vennstraße aus gen Nümbrecht tuckern sollen, hatte Organisator Maik Harrock indes Verständnis für die Polizei: „2021 haben wir 40 Traktoren gemeldet, am Ende waren es 117. War doch klar, dass   sich etwas ändern würde.“ Der Wipperfürther Friedel Kausemann – dort soll es am 11. Dezember leuchten – denkt die Sache noch anders: „Die Aktion an sich stärkt das Ansehen der Landwirtschaft – ob als Versammlung oder nicht, ob mit oder ohne Plakate.“

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