Fachmann für VerschlissenesMohammad Alabd wagt den Schritt in die Selbstständigkeit

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Vor seiner Flucht nach Deutschland hatte Mohammad Alabd in Syrien einen Betrieb mit sieben Angestellten.

Vor seiner Flucht nach Deutschland hatte Mohammad Alabd in Syrien einen Betrieb mit sieben Angestellten.

Dieringhausen – Der Stuhl ist ein Familienerbstück, mit gedrechselten Beinen, die Sitzfläche mit Leder bezogen und – leider – nach 110 Lebensjahren ziemlich abgewetzt. „Zum Wegwerfen ist er viel zu schade“, findet Besitzer Lothar Winkelhoch. Ob man da etwas machen kann? „Man kann!“, versichert Mohammad Alabd.

Er ist Fachmann, wenn es darum geht, das geliebte, aber verschlissene Sofa mit einem frischen Bezug aufzupeppen, wertvolle Barocksessel zu restaurieren und eben auch den Stuhl von Winkelhoch mit einem neuen Lederbezug zu altem Glanz verhelfen.

Eine eigene Werkstatt in Dieringhausen 

In Dieringhausen hat sich der junge Polsterer und Sattler mit einer Werkstatt neben der Kirche an der Dieringhauser Straße selbstständig gemacht. Dicke Musterbücher mit Stoffproben warten auf Kunden, in Schränken und Regalen lagern Schaumstoff und andere Polster, ungewöhnliche Werkzeuge hängen an der Wand.

„Die letzte der sechs Spezialmaschinen ist gerade geliefert worden“, sagt er voller Stolz. „Jetzt kann ich auch Knöpfe mit Stoff oder Leder beziehen und auch Motorradkleidung reparieren.“

Mohammad Alabd liebt seinen Beruf als Polsterer

Die Liebe des 34-Jährigen zu seinem Beruf spürt jeder, der ihm bei der Arbeit zusieht. In seiner syrischen Heimat habe er schon mit zwölf Jahren nach der Schule bei einem Polsterer gejobbt. Mit 22 eröffnete er sein eigenes Geschäft. Als er vor sechs Jahren vor dem Krieg nach Deutschland floh, ließ er einen Betrieb mit sieben Angestellten zurück.

Er kam nach Wiehl, verrichtete gemeinnützige Arbeit und träumt davon, wieder in seinem Beruf zu arbeiten – bis er das Ladenlokal in Dieringhausen entdeckt und, unterstützt von der Flüchtlingshilfe des Jobcenters, den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit wagt. „In Syrien haben wir vor allem Polstermöbel auf Bestellung nach den Wünschen der Kunden hergestellt“, erzählt der Polsterer, der mit seiner Frau Farah in Bielstein wohnt.

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„Aber auch Reparaturen waren gefragt. Viel häufiger als in Deutschland! Hier landet etwas schnell auf dem Sperrmüll, obwohl es eigentlich noch gut ist“, beobachtet er und wundert sich über diese Wegwerfmentalität. Aber vielleicht ändere sich ja mit den Lieferengpässen in der Möbelindustrie und dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit etwas, hofft er.

An Ideen mangelt es ihm nicht. Sogar Matratzen könne er herstellen, erklärt Alabd, und mit den frisch eingetroffenen Nähmaschinen könne er nun auch Autositze mit Leder beziehen. Wenn Holzarbeiten im Zuge einer Restaurierung nötig seien – kein Problem! Auch dafür ist die Werkstatt ausgerüstet.

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