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Sommerwettbewerb
Das Leben im Mehrgenerationenhaus ist für Ulrich Weuffel der größte Gewinn

4 min
Ulrich Weuffel steht auf einer Wiese.

Ulrich Weuffel lebt seit fünf Jahren in der Gemeinschaft Bierenbachtal, einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt in Nümbrecht. Der 75-Jährige hat hier eine Heimat für seinen letzten Lebensabschnitt gefunden.

Der 75-Jährige hat seinen Altersruhesitz in einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt in Nümbrecht-Bierenbachtal gefunden.

Dass der „größte Gewinn“ durchaus relativ und auch abstrakt zu sehen ist, dürfte im Rahmen unserer Sommergeschichten deutlich geworden sein. Wirklich eindrucksvoll ist indes das, was Ulrich Weuffel aus dem Bierenbachtal in Nümbrecht als seinen Beitrag eingereicht hat. Der 75-Jährige hat seinen Altersruhesitz in einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt im Bierenbachtal gefunden – und das Projekt selbst mit aufgebaut. Der Gewinn seien somit „die Rahmenbedingungen“, in denen er seit nunmehr fünf Jahren leben könne.

Die Gemeinschaft Bierenbachtal, so der Name des Wohnprojekts, ist auf dem Gelände einer ehemaligen Familienbildungsstätte der evangelischen Kirchengemeinde eingerichtet worden. „Ich habe selbst schon eine bewegte Zeit mit unterschiedlichen Wohngemeinschaften erlebt, habe in den vergangenen 20 Jahren sehr viel über diese Wohnform gelernt – und als Rentner nun festgestellt, dass das genau die Lebensform ist, in der ich meinen letzten Lebensabschnitt verbringen möchte“, sagt er.

Sechs Jahre soziale Brennpunktarbeit in Köln-Ossendorf gemacht

Der 75-Jährige hat Sozialpädagogik studiert und zunächst für sechs Jahre in Köln-Ossendorf soziale Brennpunktarbeit gemacht – bis er selbst ausgebrannt ist. „Ich habe dann einen Lehrauftrag für Sozialarbeit an der Fachhochschule Köln bekommen und dort bis zur Pensionierung gearbeitet“, sagt Ulrich Weuffel.

Seit 13 Jahren lebt er allerdings mit Knochenkrebs, der zwischenzeitlich metastasiert ist. „Ich habe gerade eine letzte Behandlung hinter mich gebracht, eine Chemotherapie, die mich sehr geschwächt hat. Auch in dieser Hinsicht ist es sehr gut, dass meine Frau und ich nicht alleine leben, sondern hier viele Menschen um uns herum sind“, sagt er. Die Idee, ein solches Wohnprojekt als Genossenschaft aufzuziehen, ist indes älter als die fünf Jahre, in der es die Gemeinschaft Bierenbachtal nun gibt. „Ich habe schon zwei Versuche gestartet, aber beide scheiterten.“

Miteinander der Generationen in Nümbrecht-Bierenbachtal

2019 habe seine Frau davon gehört, dass die Kirchengemeinde die Familienbildungsstätte verkaufen wollte. Sechs Wohnhäuser und eine, natürlich entweihte, Kapelle gehören dazu. „Dort finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt“, berichtet Ulrich Weuffel. Die Genossenschaft kauft das Gelände mit seinen 3,3 Hektar Fläche, heute leben 32 Erwachsene und 17 Kinder hier. „Wenn man Genosse ist, hat man Wohnrecht auf Lebenszeit, wer Interesse hat, hier zu leben, kommt zu einem längeren Probewohnen. Wir nehmen uns die Zeit, um einander kennenzulernen“, sagt Ulrich Weuffel.

Platz wäre für 40 Erwachsene, aber man nimmt sich eben Zeit, um zu wachsen. Auch das ehemalige Freibad gehört zum Gelände. In den vergangenen fünf Jahren hat die Gemeinschaft viel in Eigenarbeit erledigt und die Wohnhäuser nach und nach hergerichtet. Es ist ein wirkliches Miteinander der Generationen – Ulrich Weuffel ist mit 75 Jahren der älteste Bewohner, die jüngsten sind gerade geboren. „Die Kinder können hier frei herumlaufen, aber da wir alles in Eigenregie und ehrenamtlich machen, ist es durchaus ein anstrengendes Leben hier“, sagt er.

Weuffel ist in der Gruppe „Kosten und Finanzen“ aktiv, für alle Lebensbereiche gibt es Arbeitsgruppen. „Wir haben die Vision, eine Form des gewaltfreien und liebevollen Zusammenlebens zu schaffen“, sagt Ulrich Weuffel. Alle werden in die Entscheidungen einbezogen, die Bewahrung der Natur gehört auch dazu. „Deswegen haben wir auch Hühner und einen großen Gemüsegarten“, sagt der 75-Jährige.

Für Ulrich Weuffel ist das Bierenbachtal der ideale Lebensort. „Ich habe mich vorher umgesehen, habe unterschiedliche Gemeinschaften kennengelernt – aber hier kann ich mitgestalten, das war mir wichtig“, sagt er.

Auch in Hinblick auf seine Erkrankung sei das Wohnprojekt ideal. „Ich bin nicht alleine, es sind Menschen hier, die mich mag und die mich mögen und mir helfen. Und ich weiß, dass meine Frau gut aufgehoben ist, wenn ich nicht mehr bin. Das ist mir das Wichtigste überhaupt“, sagt Weuffel nachdenklich.


Mein größter Gewinn

Mit der Volksbank Oberberg haben wir Sie bei unserem diesjährigen Sommerwettbewerb 2025 zum Thema „Mein größter Gewinn“ nach ihrem ganz persönlichen Gewinn gefragt. Unsere Redaktion hat 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewählt, deren Geschichte wir in der Zeitung erzählen. Nach den Sommerferien bestimmt eine Jury, welche Teilnehmer es auf die drei vorderen Plätze schaffen und welche auf die Ränge vier bis 20. Im Oktober werden die Finalisten in der Volksbank Wiehl geehrt. (r)