Pkw-Zulassung im OberbergischenTerminbuchung online führt zu extremen Wartezeiten

Lesezeit 4 Minuten
Privatleute müssen mit langen Wartezeiten auf einen Termin bei der Zulassungsstelle rechnen.

Privatleute müssen mit langen Wartezeiten auf einen Termin bei der Zulassungsstelle rechnen.

  • Hans Sühring arbeitet im oberbergischen Kreis als Dienstleister. Er erledigt für Unternehmen und Privatleute die An- oder Ummeldung von Fahrzeugen in der Zulassungsstelle.
  • In der Corona-Krise stellte der Kreis seine Terminvergabe auf ein Online-Anmeldeportal um.
  • Und das hatte Folgen, nicht nur für Hans Sühring.

Lindlar – Seit dem 20. Mai beginnt der Arbeitstag für Hans Sühring und seine Mitarbeiterin besonders früh. Oder er endet sehr spät, das ist eine Frage der Sichtweise. Mit schöner Regelmäßigkeit schlurfen die beiden Hartegasser jedenfalls wenige Minuten vor Mitternacht noch einmal zu ihren Computern, schalten die Bildschirme ein und loggen sich auf der Internetseite des oberbergischen Straßenverkehrsamtes ein. Denn genau jetzt ist dafür der beste Zeitpunkt.

Hans Sühring ist selbstständiger Zulassungsdienstleister. Er verdient seine Brötchen damit, dass er für andere den Gang zum Straßenverkehrsamt übernimmt, etwa wenn Fahrzeuge ab-, an- oder umgemeldet werden sollen.

Er arbeitet mit Lindlarer Werkstätten zusammen, hat hiesige Versicherungsagenturen in der Kundschaft und betreut auch Privatpersonen bei den Formalitäten eines Fahrzeugwechsels. Um die 30 Anliegen pro Woche kommen so im Schnitt zusammen.

Nebenstellen in der Coronakrise geschlossen

Um die bei der Kreisverwaltung in Gummersbach-Niederseßmar vorbringen zu können, braucht er einen Termin. Im Zusammenhang mit den Corona-Einschränkungen schloss das Amt Mitte März seine Nebenstellen in Hückeswagen und Waldbröl.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zeitgleich wurden Autohändler und Zulassungsdienste aufgefordert, fortan die Anzahl und Art ihrer Anliegen per E-Mail anzumelden. Sie erhielten dann eine elektronische Antwort mit festem Termin in Gummersbach.

Regelmäßig konnte man diese E-Mail dienstags oder mittwochs absenden und erhielt eine Zusage für freitags“, berichtet Sühring. Im Mai stellte der Kreis auf eine Online-Terminvergabe um.

„Am nächsten Morgen hast du keine Chance mehr“

Es ist jenes Buchungsportal, das Sühring seither den Schlaf raubt. „Ab Punkt Mitternacht gibt der Kreis-Server die nächsten Termine. Dann musst du verdammt schnell sein. Am nächsten Morgen hast du garantiert keine Chance mehr“, so Sühring.

Um Mitternacht am Rechner in der Hoffnung auf einen Termin.

Um Mitternacht am Rechner in der Hoffnung auf einen Termin.

Der Startschuss um Mitternacht hat sich bei den professionellen Zulassern offenbar schnell herumgesprochen. Hans Sühring und seine Kollegin wählen sich inzwischen parallel in das System ein.

„Hat man einen Termin bekommen, muss man noch seinen Namen und die E-Mail-Adresse in eine Maske eintragen. Es ist auch schon vorgekommen, dass dir einer den Termin in dieser kurzen Zeit wegschnappt, weil er schneller tippt“, beschreibt der Hartegasser.

Dürftige Ausbeute

Seine Ausbeute der letzten nächtlichen Aktion: Termine für um die 30 Zulassungen gebraucht. Einen Termin für drei Zulassungen in 14 Tagen bekommen.

Sühring schlägt vor, den Start umzuprogrammieren und zum Beispiel auf 18 Uhr vorzuverlegen. „Ich schlafe nachts nicht mehr. Erst nicht, weil ich auf Mitternacht warte. Und danach nicht, weil ich mich über die wenigen Termine aufrege, die ich bekommen habe.“

Seine Auftraggeber seien weit überwiegend kleine Unternehmen, zum Beispiel Handwerker. Ihnen zu erklären, dass sie – mit Glück – mehrere Wochen lang auf ihr Auto verzichten müssen, weil es an der Zulassung scheitert, falle schwer.

„Aber Zulassungstermine sind derzeit rarer als Klopapier in der Anfängen der Corona-Krise“, kritisiert Hans Sühring. Je weniger Anliegen er pro Fahrt in die Kreisstadt erledigen könne, desto weniger rechne sich die Angelegenheit für ihn wirtschaftlich.

Dabei müsse die Verwaltung gerade wegen Corona ein Interesse an der Zusammenarbeit mit den Zulassungsdiensten haben, findet der Hartegasser. „Wir verhindern ja Publikumsverkehr im Amt, indem wir mehrere Angelegenheiten gesammelt mitbringen. Außerdem schauen wir vorab, ob alle Unterlagen vorhanden sind. Die Fehlerquote ist bei uns gering, der Aufwand für die Sachbearbeiter damit kleiner.“

Kreisverwaltung räumt Rückstau ein

Unsere Zeitung hat die oberbergische Kreisverwaltung um eine Stellungnahme gebeten. Dort räumt man einen Rückstau bei der Bearbeitung ein. Mit Blick auf die aktuelle grundsätzliche Termin-Kapazität des Straßenverkehrsamtes spricht Kreissprecherin Jessica Schöler von einem durch die Corona-Schutzmaßnahmen gesunkenen Kontingent.

Der Kreis arbeite aber daran, die Zahl der Zulassungstermine wieder zu erhöhen, auch die Nebenstellen sollen demnächst wieder geöffnet werden. Ein genauer Zeitpunkt dafür stehe aber noch nicht fest.

In Sachen Online-Terminvergabe für autorisierte Händler teilt das Kreishaus schriftlich mit, dass sich die Umstellung von der E-Mail-Lösung auf das Buchungsportal „nicht bewährt hat“. Das System solle künftig wieder auf die bereits bekannte E-Mail-Anmeldung umstrukturiert werden.

Die Zulassungsdienste und die Öffentlichkeit würden zu gegebenem Zeitpunkt über die Änderung informiert. Gut möglich, dass Hans Sühring und seine Branche schon bald wieder durchschlafen können.

Bis Samstagmittag hatte das Amt alle Zulassungen bearbeitet. Das sei ein Kraftakt und verdiene Anerkennung, so Sühring. Er schaue nun zuversichtlich in die Zukunft.

KStA abonnieren