Aufgabe für viele JahrzehnteSo steht es um den Wald in Reichshof

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Die Wiehltalsperre in Vogelperspektive

Außer Kalamitätsflächen rund um die Wiehltalsperre gibt es auch durchaus noch gesunde Mischwaldbestände, die einst als Schutzzone angelegt wurden. 

Es steht schlecht um den Wald. Dürre, Borkenkäfer, Fichtensterben – Wie kann da der Wald der Zukunft aussehen? Mit dieser Frage befasste sich der „Waldgipfel Reichshof“, zu dem Gemeinde und Katholisches Bildungswerk ins Kulturforum Eckenhagen eingeladen hatten. Für die Zustandsbeschreibung und das Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten standen Regionalförster Jürgen Kerstin, Christoph Weitkämper (Kreis) und Christoph Dick (Leiter der Feuerwehr Reichshof) den zahlreichen von Bürgermeister Rüdiger Gennies begrüßten Gästen zur Verfügung. Den Abend moderierte Bernhard Wunder (kath. Bildungswerk).

Wie steht es um den Wald in Reichshof?

Von den knapp 4800 Hektar Wald waren 2100 Hektar mit Fichten bewachsen. Waren – denn 1900 Hektar Fichtenwald sind seit 2018 der Dürre, dem Sturm und dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Der abgestorbene Wald wird im Fachjargon als Kalamitätsfläche bezeichnet. 680 Hektar wurden bereits mit Mischwald aufgeforstet, 1225 Hektar liegen noch brach. „Eine gewaltige Zahl“, wie Regionalförster Jürgen Kerstin sagt, denn normalerweise werden jährlich rund zehn bis zwölf Hektar aufgestockt, „eine Aufgabe für die nächsten Dekaden“, so Kerstin.

Wie und womit wird aufgeforstet?

Mit der „Oberbergischen Vereinbarung“ hat ein vom Kreis initiierter Arbeitskreis Waldwirtschaft, Naturschutz und Jagd Leitlinien festgelegt, die in der Essenz auf klimastabile Wälder durch Vielfalt statt Monokultur setzt.

Neben der gezielten Aufforstung spielt auch die Naturverjüngung eine Rolle. Das heißt: Der neue Wald entwickelt sich selbst. Das hat jedoch einen Haken, denn beispielsweise die besonders gegen Trockenheit resistente Traubeneiche scheint, kaum da sie gekeimt hat, Lieblingsspeise heimischer Rehe zu sein.

Junge Bäume können durch eine Art Kunststoffrohr geschützt werden, doch ist das in der Menge teuer, ebenso das Errichten von Zäunen als Schutz vor Wildverbiss. Hier rechnet Förster Kerstin mit Kosten von 4000 bis 5000 Euro für lediglich 100 Quadratmeter. Kontrovers und teils hitzig diskutiert wurde beim Waldgipfel die Frage, ob und in welcher Zahl der Rehbestand reduziert, sprich abgeschossen werden soll.

Wem gehört der Reichshofer Wald?

Fast ein Drittel der Waldflächen im Gemeindegebiet sind Staatsforst, der größte Teil ist privat – angefangen bei kleineren Waldbauern, die meist in einer der vier Forstbetriebsgemeinschaften organisiert sind, bis hin zu größeren Eignern, wie der Hatzfeld/Sayn-Wittgensteiner Forstverwaltung.

Wer unterstützt die heimischen Waldbauern?

Weil die Fichte als „Brotbaum der kleinen Waldbesitzer“ aktuell und auch künftig keine Rolle mehr spielen kann, gibt es mehrere Fördermöglichkeiten, die beim Kreis und auch den Förstern vor Ort angefragt werden können. Das Ganze steht unter dem Stichwort „Extremwetterrichtlinie“.

Wie schützt sich die Gemeinde vor Waldbränden?

Bei dem großen Waldbrand auf dem Gummersbacher Hömerich vor zwei Jahren wurde alles eingesetzt, was löschen konnte, auch Hubschrauber und mit Wasser gefüllte Güllefässer der Landwirte. Für letztere hat die Reichshofer Feuerwehr in jedem Gerätehaus passende Adapter, da die Bauern die Feuerwehr bei Bedarf unterstützen.

Feuerwehrchef Christoph Dick fordert befahrbare und regelmäßig frei geschnittene Waldwege für die großen Löschfahrzeuge. Totholz ist ihm ein Dorn im Auge, weil es im Brandfall als Brandbeschleuniger wirke. Hier widersprechen sich Natur- und Feuerschutz, weil auch Totholz ein wichtiger Bestandteil des Lebensraums Wald ist. Die Anregung, auch verlandete oder aufgegebene Löschteiche, wie es sie vor Jahren noch zahllos in Reichshof gegeben hat, zu reaktivieren, findet der Feuerwehrchef gut. Aber auch hier stelle sich die Frage: „Wer kümmert sich, wer pflegt, wer bezahlt das alles?“

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