Verschiebung ParalympicsInterview mit DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher

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Friedhelm Julius Beucher

Friedhelm Julius Beucher

  • Der Umgang mit der Corona-Krise ist für den Bergneustädter Friedhelm Julius Beucher in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Behindertensportverbands ein Fulltime-Job.
  • Auf Grund der Coronakrise finden auch die Paralympics nun nicht wie geplant statt.
  • Der DBS-Präsident findet: absolut richtig.

Oberberg – Andreas Arnold im Gespräch mit DBS-Präsident Beucher darüber, dass die im Sommer geplanten Paralympics jetzt wie Olympia nicht mehr stattfinden können.

Herr Beucher, in Zeiten von Corona stehen sicherlich auch bei Ihnen weitreichende Entscheidungen an. 

Beucher: Das stimmt. Vom Deutschen Behindertensportverband her haben wir Veranstaltungen, die bis einschließlich 10. Mai anstanden, allesamt abgesagt. Darunter auch Großveranstaltungen. Unsere Athleten, die sich bis dato im Ausland aufgehalten haben, sind alle nach Deutschland zurückbeordert worden und hier inzwischen angekommen. Innerhalb des Verbandes stehen wir ständig in Kontakt und haben regelmäßig Telefonkonferenzen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Interviewanfragen an den Deutschen Behindertensportverband mit Hinblick auf die bevorstehenden Olympischen und Paralympischen Spiele.

Jetzt werden die Spiele verschoben. Was halten Sie davon?

Beucher: Ich habe ohnehin nicht mehr geglaubt, dass die Spiele zum vorgesehenen Zeitpunkt stattfinden können. Wissenschaftler und Mediziner rechnen mit dem Höhepunkt der Pandemie zu unterschiedlichen Zeiten in Europa und dem Rest der Welt in einem Zeitraum von Juni bis August. Das macht dann eine Austragung der Spiele zu diesem Zeitpunkt nach meiner Auffassung unmöglich. Ich sehe zur Verschiebung keine Alternative, weil die Gesundheitsfürsorge über allem steht. Entsprechend haben wir uns auch gegenüber dem Internationalen Paralympischen Komitee positioniert und im Sinne der Athletinnen und Athleten sowie der nationalen Verbände eine rasche Entscheidung zur Verlegung der Spiele gefordert.

Die Trainingsstätten sind allesamt geschlossen worden. Welche Möglichkeiten bleiben Hochleistungssportlern überhaupt noch, sich auf einem adäquaten Niveau fit zu halten?

Beucher: Hier beginnt schon die Ungleichheit für die Athleten der unterschiedlichen Nationen. Für Leistungssportler reicht kein individuelles Fitnesstraining, Mannschaften können gar nicht mehr zusammen trainieren und für einen Prothesenläufer, der auf keine Tartanbahn mehr kommt, ist es nicht so einfach, wie ein Jogger im Wald trainieren zu gehen. Das sind Kriterien aus sportlicher Sicht, die allesamt dafür sprechen, dass eine Verschiebung der Spiele die einzige Alternative ist.

Nun hört man, dass Dopingkontrollen frühestens wieder im kommenden Jahr gemacht werden können. Öffnet das nicht Tür und Tor für einige der Athleten, die es mit unerlaubten Substanzen nicht so genau nehmen?

Beucher: Das ist mit Blick auf faire Wettkämpfe ein ganz wichtiges Argument. In der Tat werden derzeit weltweit aufgrund der Situation nur geringe Kontrollen durchgeführt. Dem Betrug im Sport öffnet das leider viele Möglichkeiten. Auch das ist für mich ein Grund, die Spiele im Juli und August nicht stattfinden zu lassen. Zumal es in Zeiten einer solchen Pandemie auch wichtigere Dinge gibt als den Sport. Die wichtigste Sache für den Sport und die Gesellschaft ist die Gesundheit. Da steht der Deutsche Behindertensportverband, der zugleich nationales paralympisches Komitee ist, voll hinter. Die Gesundheitsfürsorge und der Schutz der Menschen müssen immer Vorrang haben vor finanziellen Interessen. Wir sind dafür da, dass Menschen Sport gesund und ungefährdet betreiben können. Ist das gefährdet, muss man die Reißleine ziehen.

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Einige Spieler der Handballnationalmannschaft sind in Quarantäne, weil sie an Corona erkrankt sind. Wie sieht es aus im  Team Deutschland Paralympics?

Beucher: Wir haben aktuell keine uns bekannte Corona-Infektion. Allerdings haben wir sehr wohl Menschen im Verband, die sich in Quarantäne befinden, weil sie beispielsweise aus den bekannten Risikogebieten zurück nach Deutschland gekommen sind. Bei ihnen ist einfach Vorsicht die oberste Maxime.  Hinzu kommt der ganz wesentliche Aspekt, dass manche unserer Athleten aufgrund von Erkrankungen zur Gruppe der Risikopersonen gezählt werden. Dazu gehören beispielsweise Sportler mit Autoimmunerkrankungen. Das macht uns natürlich noch sensibler für Risikoabschätzung.

Finden Sie es gut, dass es schon jetzt ein klares Signal gibt, dass die Olympischen und Paralympischen Spiele verschoben werden?

Beucher: Wir haben vorher bereits doppelt geplant, also für den Fall der Absage und für den Fall der Durchführung. Bach hatte unmissverständlich gesagt, dass er den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO folgen will. Seit dem Postulat von Prof. Alexander Kekulé, wonach bei den Spielen in Tokio der weltweit größte Virenherd zusammenkäme, hatte ich schon gehofft, dass sich auch die WHO schnellstmöglich erklärt. Und dass das IOC dem folgt.

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