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Angeklagter schweigtTatvorwürfe waren vor dem Amtsgericht Waldbröl nicht zu erhärten

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Das Waldbröler Amtsgericht von außen.

Das Waldbröler Amtsgericht folgte dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Das Opfer musste am zweiten Verhandlungstag vorgeführt werden, doch was passiert war, wusste der Mann auch nicht mehr.

Mit einem Freispruch für den 23 Jahre alten Angeklagten endete ein Prozess vor dem Waldbröler Amtsgericht getreu dem lateinischen Rechtsgrundsatz „In dubio pro reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten.) Der junge Mann hatte sich wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung mittels eines Werkzeugs verantworten müssen. Aber auch im Rahmen des Fortsetzungstermins, bei dem sowohl der Geschädigte als auch ein vermeintlicher Augenzeuge zu Wort kamen, konnte das Gericht die Schuld des Angeklagten nicht zweifelsfrei nachweisen.

Laut Anklageschrift soll er am 8. April dieses Jahres den Geschädigten mit einem Holzstück geschlagen und ihn dabei am Kopf verletzt haben. Der Antrag auf einen Pflichtverteidiger war abgelehnt worden. Der Angeklagte hüllte sich in Schweigen. Ein Polizeibeamter sagte, dass der Geschädigte ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt habe, während der Angeklagte kooperativ geblieben sei. Zudem berichtete er von einem weiteren Augenzeugen, der bislang in den Ermittlungen des Gerichts und Staatsanwaltschaft keine Bedeutung gefunden hatte. Richter Andreas Dubberke entschied, den Augenzeugen ordnungsgemäß zu laden. Zudem ließ er den Geschädigten zum Fortsetzungstermin polizeilich vorführen, denn dieser war am ersten Verhandlungstag nicht erschienen.

Opfer war seit 72 Stunden ohne Schlaf gewesen

Der 44-jährige Geschädigte berichtete, dass er am Tag der Auseinandersetzung aufgrund seines Alkohol- und Drogenkonsums bereits seit 72 Stunden wach gewesen sei und sich heute nicht an irgendetwas erinnern könne. Zwar habe er von Hörensagen erfahren, dass der Angeklagte ihn mit einem Gegenstand geschlagen haben soll. Doch bestätigen könne er nicht, dass sich der Vorfall so zugetragen hat. Er habe bereits zuvor mit anderen Leuten verbale und körperliche Auseinandersetzungen gehabt und sei auch an dem Tag wegen Kokainkonsums sehr nervös gewesen.

Der Augenzeuge, der laut Polizeibericht den Schlag mit dem Holzstock beobachtet hat, machte nun vor Gericht ganz andere Angaben. „Ich habe im Wohnzimmer gesessen, Schreie gehört und durch das Fenster gesehen, wie sich zwei Männer stritten. Ich bin dann raus gegangen und habe mit den anderen Familienmitgliedern versucht, die beiden auseinander zu halten, bis die Polizei eintraf. Aber ich habe weder gesehen, wie jemand geschlagen wurde, noch womit“, versicherte der 29-Jährige. Richter Dubberke hielt dem Zeugen vor, der Polizei gegenüber andere Angaben gemacht zu haben, ihnen sogar den Ast gezeigt zu haben, mit dem zugeschlagen wurde.

Doch der Lagerist hielt an seiner aktuellen Version fest: „Ich habe lediglich auf den Ast gezeigt und gefragt, wie man einen anderen damit denn schlagen könne. Ich habe weder Namen genannt noch auf Personen gezeigt.“ Am Ende des Verfahrens sprach der Richter den Angeklagten frei. „Sie haben sich schweigend verteidigt, was ihr gutes Recht ist. Und auch die Zeugenaussagen ließen keine Feststellung der Schuld zu“, resümierte Dubberke. „Daher waren sie freizusprechen.“