EvB-GymnasiumFestnahmen im Fall der Wipperfürther Schuleinbrüche

Lesezeit 6 Minuten
Das Hauptgebäude und die Aula des Engelbert-von Berg-Gymnasiums in Wipperfürth.

Das Engelbert-von Berg-Gymnasium in Wipperfürth war Weihnachten Ziel von Einbrechern.

In mehr als 38 Schulen und Kitas rund um Köln soll eine Bande eingebrochen sein, darunter drei Fälle in Wipperfürth.

Die Einbrecher hatten es vor allem auf die iPads abgesehen. Bei zwei Einbrüchen in die Anne-Frank-Schule und einem Einbruch in das städtische Engelbert-von-Berg-Gymnasium kurz vor und an den Weihnachtsfeiertagen wurden mindestens 80 der Tablet-Computer aus Wipperfürther Schulen gestohlen.

Die Einbrüche in Wipperfürth reihen sich ein in eine ganze Serie von Schuleinbrüchen im Rheinland. Die Schäden für die Schulträger sind so hoch, dass die Polizei Köln eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet hat. Am Dienstagmorgen gab es erste Festnahmen.

Die Polizei durchsuchte 15 Wohnungen in Leverkusen und eine Wohnung in Niederkassel, berichtet die Kripo. Die Ermittlungen richten sich demnach gegen insgesamt 14 junge Männer und eine Frau im Alter zwischen 17 und 22 Jahren.

Bande soll 38 Einbrüche in Schulen und Kitas rund um Köln verübt haben

Die Beschuldigten sollen vergangenes Jahr in mindestens 38 Schulen und Kitas in Köln, Rhein-Berg, Leverkusen und an weiteren Orten des Kölner Umlands eingebrochen sein. Und auch in drei Fällen soll die Bande in Wipperfürth zugeschlagen haben, bestätigt Oberbergs Kreispolizei auf Nachfrage.

Die Ermittler rechnen drei Schuleinbrüche in Oberberg der Zeit zwischen dem 21. und dem 25. Dezember der Bande zu. Die Kripo in Köln nennt keine Schulnamen. In diesen Zeitraum aber fallen die Einbrüche in das EvB-Gymnasium und die zwei Einbrüche in die Anne-Frank-Schule.

Außenaufnahme der Anne-Frank-Schule in Wipperfürth an der Ostlandstraße.

Gleich zwei Mal war die Anne-Frank-Schule Ziel von Einbrechern.

Was die Einbrüche in Schulen gemeinsam hatten: Fast immer haben es die Kriminellen auf Tablets und Computer abgesehen. Den Gesamtschaden schätzen die Ermittler auf über 500.000 Euro. Wie aus den Polizeiberichten der einzelnen Einbrüche hervorgeht, waren es vor allem Geräte des US-Herstellers Apple. Dabei gelten die als besonders gesichert gegen den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt.

Ähnliches Muster bei den Einbrüche nin Schulen und Kitas im Rheinland

Ebenfalls gemeinsam haben die Einbrüche die brachiale Gewalt, mit der sich die Kriminellen an Wochenenden und während der Ferien Zugang zu den Schulen verschaffen. Die nun Beschuldigten sollen bei ihren Einbrüchen Sachschäden von mehr als 250.000 Euro angerichtet haben. Auch am EvB und der Anne-Frank-Schule mussten Handwerker anrücken, um die Zerstörungen an Schutztüren, Fenstern und Inventar zu beseitigen.

Eine Schusswaffe, ein passendes Magazin und acht Patronen liegen neben einem Schlagring auf einem Tisch.

Die bei den Wohnungsdurchsuchungen sichergestellte Schusswaffe und ein Schlagring.

An der Anne-Frank-Schule kamen Kriminelle praktisch pünktlich zu Beginn der Weihnachtsferien und verschafften sich Zugang zum Keller. Bei diesem Einbruch sollen die Täter schon rund 30 iPads gestohlen haben, kamen aber an zwei Sicherheitstüren nicht weiter.

Eine Nacht später sollen sie offenbar mit passendem Werkzeug zurückgekehrt sein. Bei diesem zweiten Einbruch sollen sie noch einmal rund 30 Apple-Tablets und Bargeld erbeutet haben, vermerkt es der Polizeibericht.

Einbrecher kamen zwei Mal in Wipperfürther Förderschule

Für die Schulgemeinde besonders tragisch: Das Bargeld waren die Einnahmen aus dem Verkauf der Schülerinnen und Schüler auf dem Alternativen Adventsmarkt der beiden großen Kirchengemeinden in Wipperfürth, die Schülerinnen und Schüler hatten dort Selbstgebasteltes angeboten. Das Geld hätte eigentlich in einen Schulausflug fließen sollen, berichtet Schulleiterin Eva Böhm.

Auch der Einbruch in das EvB-Gymnasium an der Lüdenscheider Straße soll auf das Konto der Bande gehen. Hier sollen die Beschuldigten zwischen dem 23. Dezember und dem ersten Weihnachtsfeiertag eingebrochen sein. Neben einem Klassensatz an iPads wurden hier zwei Fotoapparate und Bargeld gestohlen.

Die iPads waren in den vergangenen Jahren für den Unterricht angeschafft worden. „Vor allem natürlich während Corona, da wurden von Bund und Land Förderprogramme aufgelegt und die Schulträger haben Geld gegeben“, erklärt der kommissarische Schulleiter des EvB-Gymnasiums Peter Oberberg.

Einbruch in Wipperfürther EvB-Gymnasium

Für die Stadt Wipperfürth als Schulträger des EvB-Gymnasiums und den Oberbergischen Kreis als Träger der Anne-Frank-Schule dürfte der Schaden trotz Fördertöpfen beträchtlich sein, auch wenn die Geräte versichert waren.

Denn: Die Apple-Hardware ist teuer. Preise von 450 Euro pro Gerät bei der in Schulen verwendeten Ausstattung seien üblich, berichtet eine mit der Materie betraute Person. Auch, wenn der Hersteller Schulen in der Regel große Rabatte einräumt.

Das kann ich nicht kompensieren, indem ich das Gerät einfach neu kaufe
Eva Böhm Leiterin der Anne-Frank-Schule, zu den Diebstählen der iPads

Die iPads werden häufig modifiziert für den Schuleinsatz angeschafft: Vorinstallierte Lernprogramme inklusive Lizenzen oder Schutzfunktionen seien üblich, je nach Altersstufe der Schülerinnen und Schüler. Bei iPads, wie sie die Stadt Wipperfürth für ihre Grundschulen anschafft, werden zum Beispiel die fest verbauten Kameras deaktiviert, berichtet Tanja Reinhold von der Verwaltung.

Einbrecher hatten es vor allem auf iPads abgesehen

An der Anne-Frank-Schule werden Kinder unterrichtet, die je nach Beeinträchtigung individuell gefördert werden müssen. Dafür seien die Apple-Geräte gut geeignet.

Teils sind die Tablets individuell auf die Schüler konfiguriert, die Lehrerinnen und Lehrer alle geschult für den Einsatz. „Das kann ich nicht kompensieren, indem ich das Gerät einfach neu kaufe“, berichtet Schulleiterin Böhm. „Es lief gerade alles, das war ein wunderbares Arbeiten“, ärgert sich Böhm.

Die iPads korrespondieren mit den digitalen Tafeln der Förderschule. Eine Funktion, wie sie auch am EvB-Gymnasium gerne genutzt wird. Das sei für Präsentationen beispielsweise bei Gruppen- oder Projektarbeiten sehr hilfreich, berichtet Peter Oberberg.

iPads sind speziell für Schulen konfiguriert

Auf den Diebstahlschutz legt der Hersteller Apple großen Wert. Privat gekaufte Geräte können je nach Modell mit Code oder biometrischen Daten gesichert werden. Einmal eingeschaltet, sind gestohlene Geräte für den Eigentümer leicht zu orten.

Das mussten beispielsweise auch zwei 14-Jährige erfahren, die sich im November in einer Schule in Zwiesel im niederbayerischen Landkreis Regen an Schul-iPads bedienten. Zwölf Schulgeräte wollten die 14-Jährigen weiter verkaufen, berichtet die dortige Lokalzeitung. Sobald der erste Käufer eines der Geräte in Betrieb nehmen wollte, wusste die Polizei Bescheid und war zur Stelle. 

Damit gilt auch für die in Wipperfürth verschwundenen Schulgeräte: Sobald sie von Unbefugten eingeschaltet werden, könnten sie auch geortet werden. „Für jemanden, der sie mitgenommen hat, sind die Geräte nicht nutzbar“, sagt Tanja Reinhold. Zumindest sei der Aufwand immens.

Einbruchserie in Schulen auch in Langenfeld

Zumindest sei der Aufwand immens. Bei einer Einbruchsserie in Langenfeld im Kreis Mettmann wurden vergangenes Jahr ebenfalls Hunderte Apple-Tablets gestohlen. Auch hier vermutet die ermittelnde Kriminalpolizei eine professionell organisierte Bande, die für die gestohlene Technik eigene Absatzwege aufgetan hat.

In Langenfeld hat die Stadt anschließend die teuren Schulgeräte versteckt, auch in Rösrath wurde eine Schule erfinderisch, um sich gegen  den Schaden bei Einbrüchen zu schützen. 

Viele Einbrüche im Rhein-Sieg-Kreis

Die Serie an Schuleinbrüchen in der Region ist lang: Neben Wipperfürth wurden iPads zum Beispiel Mitte Dezember im benachbarten Kürten-Biesfeld aus einer Schule gestohlen. Hier räumten Kriminelle rund 60 Geräte aus der Grundschule. Laut Polizei Rhein-Berg ein Schaden im Gesamtwert im unteren fünfstelligen Bereich.

Ein Beispiel eines durchwühlten Raumes in der Grundschule, in der Ecke ein geöffneter Tresor.

Schulräume nach einem Einbruch, hier eine Grundschule in Bergisch Gladbach

Im November gab es mehrere Einbrüche in Grundschulen in Bergisch Gladbach.  Und Ende Oktober dann in Rösrath. Die Liste ist nicht abschließend.

iPads aus Wipperfürth werden noch gesucht

Im Rhein-Sieg-Kreis wurden während der ersten Jahreshälfte 2023 über 300 Geräte gestohlen, sie verschwanden aus Förderschulen, Grund- und weiterführenden Schulen.

Die Ermittler der Kripo in Köln arbeiten gerade daran, die bei den Durchsuchungen sichergestellten Geräte den Einbrüchen und damit den Schulen zuzuordnen. Ob auch die in Oberberg gestohlene Technik dabei wieder auftaucht, können die Ermittler noch nicht sagen.

KStA abonnieren