StreitRaiffeisen-Tankstelle in Wipperfürth muss schließen

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Die Tankstelle der Raiffeisen-Warengenossenschaft an der Bahnstraße in Wipperfürth.

Beliebt nicht nur bei Landwirten: Die Tankstelle der Raiffeisen-Warengenossenschaft an der Bahnstraße. Mitte März muss sie schließen.

Der Eigentümer der Tankstelle, die RWG Rheinland und die Stadt Wipperfürth sind im Streit.

Wipperfürth „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass unsere Raiffeisen-Tankstelle in Wipperfürth zum 15.3. schließen muss.“ So steht es auf einem Aushang an der Tankstelle der Raiffeisen Warengenossenschaft (RWG) an der Bahnstraße. Die Kunden wurden alle angeschrieben.

Lkw-Fahrer Michael Knie ist Stammkunde, er hat die schlechte Nachricht am Freitag erhalten. „Das ist blöd, weil ich hier oft nachts tanke. Jetzt muss ich mich nach einer Alternative umschauen.“ Die RWG-Tankstelle ist eine Automatentankstelle und hat als einzige in der Stadt rund um die Uhr geöffnet, gezahlt wird mit Kundenkarte. Auch viele Landwirte nutzen die Tankstelle regelmäßig und fahren an der Bahnstraße mit ihren Schleppern vor.

Damit ist es bald vorbei. Das Aus für die Tankstelle war zuletzt Thema im Bauausschuss. Heribert Berster (CDU) wollte von der Stadt Einzelheiten erfahren. Ein Grundstücksverkauf, die nicht gesicherte Erschließung und das Bauplanungsrecht machen Probleme.

Was ist der Hintergrund?

Das Areal um das ehemalige Bahngelände hat sich zu einem Gewerbegebiet entwickelt, dessen Entwicklung mehr oder weniger willkürlich verlaufen ist, ohne städtische Planung. Die frühere Raiffeisen-Genossenschaft Berg und Mark ist dort seit 1979 ansässig, seit 1980/81 existiert die Tankstelle. 2005 fusionierte „Berg und Mark“ mit der Raiffeisen-Erzeugergenossenschaft (REG) Leverkusen, seit 2018/19 gehört man zur RWG Rheinland mit der Zentrale in Willich.

Vor sieben bis acht Jahren wurde die Werkstatt für Landmaschinen und damit auch das benachbarte Grundstück, auf dem die Tankstelle steht, an die Raiffeisen Waren-Zentrale (RWZ) in Köln verkauft. Die Tankstelle gehört weiterhin zur RWG. Die RWZ nahm kürzlich den Neubau ihres Agrartechnik-Zentrums in Betrieb (wir berichteten). Die alte Werkstatt hinter der Tankstelle will die RWZ abreißen lassen.

Das Problem: Die alte Halle und die Tankstelle haben gemeinsame Versorgungsleitungen und nutzen einen Ölabscheider. Ohne Halle funktioniert die Tankstelle nicht. Die RWG hatte im Januar 2023 zwei Bauvoranfragen bei der Stadt Wipperfürth eingereicht. Ein Vorschlag sieht vor, die Tankstelle auf die andere Straßenseite zu verlegen. Ein anderer, das Gelände neben dem alten Bahnhof zu nutzen, dort will die RWG außerdem ein Großlager errichten. Doch es geht nicht weiter.

Was sagt die Stadt Wipperfürth?

Aus Sicht der Stadtverwaltung gibt es mehrere Probleme, wie der Beigeordnete Dirk Kremer im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert. Zum einen verläuft die Bahnstraße zum Teil über Privatgrund, das heißt, die Erschließung des Areals ist nicht gesichert. Zum zweiten fehlt die planungsrechtliche Grundlage in Form eines Bebauungsplanes.

Bei juristischen Problemen lässt sich die Stadt von der Rechtsanwaltskanzlei Lenz und Johlen in Köln vertreten. „Dort kommt man zu dem Schluss, dass wir derzeit keine Bauvorhaben an dem Areal genehmigen dürfen“, sagt Kremer. Jahrelang habe die Stadt die Augen zugedrückt, „das geht jetzt nicht mehr“, sagt Kremer. Ein reines Lagergebäude hätte man noch genehmigt.

Bei einer Tankstelle sei das ungleich schwieriger, zumal es Probleme mit den zu engen Schleppkurven gebe. Mit Raiffeisen führe man seit sieben bis acht Jahren Gespräche, „die RWG weiß, dass die Tankstelle dort nicht bleiben kann“, sagt Kremer. Eine neue Tankstelle zu bauen, erfordere mindestens zwei Jahre Vorlaufzeit. Gespräche über einen B-Plan gebe es noch länger, aber mit den Beteiligten habe man sich bislang nicht einigen können.

Was sagt die Raiffeisen Warengenossenschaft?

Friedhelm Scherkenbach ist Bereichsleiter Energie der RWG in Wipperfürth und war viele Jahre CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat. „Wir haben leider den Eindruck, dass die Stadt diesem wichtigen Thema keine hohe Priorität beimisst.“ Am 4. Dezember 2023 hätte im Rathaus ein Gespräch mit allen Beteiligten stattfinden sollen, um dort verschiedene planerische Vorentwürfe vorzustellen.

Dieses Gespräch habe die Stadt kurzerhand abgesagt, bis heute gebe es keinen neuen Termin. Der Verlust der Tankstelle schmerze sehr, zumal es für Landwirte immer schwieriger werde, eine Genehmigung für eine Hoftankstelle zu bekommen. Der Versuch, eine Übergangslösung mit einer anderen Tankstelle zu finden, sei am Datenschutz gescheitert, man dürfe die Kundendaten nicht herausgeben, so Scherkenbach. Die nächsten Raiffeisen-Tankstellen gibt es in Bechen, in Wiehl-Drabenderhöhe und in Opladen.

Wie kann es jetzt weitergehen?

Die Stadt Wipperfürth hat ein externes Büro beauftragt, verschiedene Varianten zu erstellen, mit dem Ziel, ein B-Plan-Verfahren einzuleiten. Der Termin am 4. Dezember sei zu früh angesetzt gewesen, sagt Kremer, die Planungsbüros seien alle ausgelastet. Ziel sei außerdem eine gesicherte Erschließung des Areals. Doch das wird dauern.

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