ProzessBlitzer-Foto verrät Bergisch Gladbacher Amt verbotene Fahrt – Geldstrafe

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Der Starenkasten am Schulzentrum in  Kürten schützt die Fußgänger vor Rasern.

Von einem Starenkasten (wie hier am Schulzentrum in Kürten) geblitzt zu werden, kann für den Fahrer gelegentlich weitreichende Folgen haben.

Weil er geblitzt wurde, hat ein Rhein-Berger Rentner richtig Ärger bekommen. Er hätte gar nicht fahren dürfen, doch das Foto verriet ihn.

Wenn man im Auto vom Kreis geblitzt wird, weil man schneller als erlaubt unterwegs war, ist das für die meisten Autofahrerinnen und Autofahrer einfach nur ärgerlich. Wenn man dann allerdings auch noch nicht allein deutscher Staatsbürger ist, sondern aus einem anderen Land der EU stammt und sich dann auch noch in den Feinheiten der unterschiedlichen Rechtsvorschriften verheddert, wird's richtig ärgerlich.

Das Foto entstand einen Tag vor Silvester 2022 in Burscheid

Der sowohl im Rheinisch-Bergischen Kreis als auch in Ungarn lebende 67-jährige Rentner János P. (Name geändert) war einen Tag vor Silvester 2022 auf der Bundesstraße 51 in Burscheid als Temposünder geblitzt worden.

Das war an und für sich ja noch kein Problem, doch bekamen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bergisch Gladbacher Kreisverwaltung im Kreishaus am Rübezahlwald auf diese Weise frei Haus ein Beweisfoto geliefert, wonach János P. in Deutschland Auto gefahren war, obwohl ihm das Amtsgericht Aachen am 1. März 2021 nach einer Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen hatte und er noch keine neue beantragt hatte.

Doppelte Staatsbürgerschaft hilft Angeklagtem nicht weiter

Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis: Deswegen stand János P. jetzt vor dem Bergisch Gladbacher Amtsgericht. Gegen einen zunächst angebotenen Strafbefehl über 400 Euro (40 Tagessätze zu zehn Euro) hatte der Mann mit der kleinen Rente Widerspruch eingelegt.

„Darf ich was sagen?“, fragte der alte Herr im Prozess die junge Richterin Pauline Willberg nach der Verlesung der Anklage am Montag (18. März), und das durfte der anwaltlich nicht vertretene Mann natürlich — es nützte ihm allerdings am Ende nicht sehr viel; „Ich habe doch zwei Staatsbürgerschaften und auch einen ungarischen Führerschein und einen ungarischen Pass.“

AC-Polizei schickt Führerschein nach Budapest

Und außerdem, so der Angeklagte weiter, habe die Aachener Polizei seinen ungarischen Führerschein an das ungarische Innenministerium in Budapest geschickt, von wo aus das Dokument dann wieder nach Rhein-Berg geschickt worden sei. Schließlich habe ihn das hiesige Bürgerbüro aufgefordert, dass er den Führerschein wieder abholen solle.

Das sei ja durchaus möglich, antwortete Richterin Willberg, jedoch gebe es rechtlich einen Unterschied zwischen einem Führerschein und einer Fahrerlaubnis. So habe das Aachener Amtsgericht János P. die Fahrerlaubnis in Deutschland entzogen und eine sechsmonatige Sperre ausgesprochen – das sei das eine. Das andere sei, dass deutsche Behörden nicht einfach ausländische Dokumente behalten dürften.

Sie hätten nach der sechsmonatigen Sperre einen neuen Antrag stellen müssen. Das haben Sie nicht gemacht.
Richterin Pauline Willberg

Deshalb, so die Richterin, sei das ungarische Führerschein-Dokument (vom deutschen Volksmund auch „Lappen“ genannt), zurück zu den ungarischen Behörden geschickt worden. János P. hätte aber gleichwohl in Deutschland einen neuen Fahrerlaubnis-Antrag stellen müssen: „Das haben Sie nicht gemacht.“ „Das wusste ich nicht“, antwortete P. lakonisch, „jetzt weiß ich's.“

Dass er die Rechtslage nicht kannte, nahmen ihm sowohl die Richterin als auch der Staatsanwalt ab. Richterin Willberg gab frühzeitig den Hinweis, dass statt Vorsatz auch Fahrlässigkeit infrage komme, und der Staatsanwalt plädierte dementsprechend und hielt dem Angeklagten zudem das Geständnis zugute. Am Ende forderte der Ankläger statt der ursprünglichen 40 nur 30 Tagessätze zu zehn Euro sowie weitere zwölf Monate Sperre.

In Ungarn sind Bus und Bahn für Senioren kostenlos

Anders als einen dringend auf den Führerschein – Pardon: die Fahrerlaubnis – angewiesenen Berufstätigen schien die weitere Sperre dem Angeklagten nicht so viel auszumachen: In Deutschland hat er kein Auto, in Ungarn, wo die deutsche Sperre nicht gilt und er fahren darf, braucht er keins, weil dort nach seinen Worten der öffentliche Personennahverkehr für Rentner kostenlos ist.

„Es tut mir leid“ war sein letztes Wort vor der Urteilsverkündung. Danach verdonnerte die Richterin ihn zu der beantragten Strafe und wies ihn darauf hin, dass er für die 300 Euro Ratenzahlung beantragen könne. János P. nahm das Urteil sofort an.

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