Moderne Technik3D-Operation im Marien-Krankenhaus hilft Patientinnen zurück ins Leben

Lesezeit 4 Minuten
3D-OP bei Dr. Ertugrul Tüylü

Die neue OP-Technik ermöglicht minimalinvasive Eingriffe und bessere Bildgebung.

Dank 3D-Technik in ein neues Leben: So liefen die Wirbelsäulen-Operationen von zwei Patientinnen im Marien-Krankenhaus.

Strahlend und voller Zuversicht trifft Dr. Ertugrul Tüylü, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie am Marien-Krankenhaus, seine beiden Patientinnen in der Sprechstunde an: Barbara Jonischkeit (56) aus Bonn hatte eine schwere Skoliose, eine ausgeprägte Wirbelsäulenverkrümmung.

Deutlich sind auf der Computertomographie die Verformungen der Wirbelkörper zu sehen: Die Wirbel sind miteinander verwachsen, schon in den Bauchraum und in den Hüftbeugemuskel hineingewachsen, der Rückenmarkskanal verengt. Drei Jahre lang hat sie gelitten, zum Schluss immer mehr Morphine gegen die unerträglichen Schmerzen geschluckt. „Die haben nicht mehr gewirkt“, erinnert sie sich an die Leidenszeit, in der sie zuletzt nicht mehr stehen, maximal zwei Minuten gehen konnte.

56-jährige Patientin gewinnt durch Operation bedeutend an Lebensqualität

„Dann haben mich Orthopäde und Neurologe an Dr. Tüylü überwiesen.“ Mitte Februar wurde sie operiert – mit großem Erfolg: „Ich konnte von Anfang an gehen, seit zwei Wochen trage ich auch kein Stützkorsett mehr, habe eigentlich nur noch Muskelkater.“ Spaziergänge, sogar Fahrradfahren sind möglich, und sie geht sogar stundenweise wieder arbeiten bei einer Softwarefirma.

Chefarzt Dr. Tüylü ist hoch zufrieden mit seiner Patientin, die er mit Unterstützung des neuartigen 3D-Navigationsgerätes operierte. „Das ist kein Roboter, aber die Basis für navigiertes, geführtes Operieren – der Mensch ist gefragt: Ausbildung, Erfahrung und Technologie sind wichtig“, erklärt er das voluminöse Gerät, das mit hoch entwickelter Kameratechnologie in Millisekunden ein dreidimensionales Echtzeitbild von den betroffenen Wirbelkörpern und dem Umfeld erstellt.

Es bewegt sich in der Vorbereitung zur Operation rund um den Patienten, aus allen Winkeln werden mit dem Computer- und dem Magnetresonanztomographen Schicht für Schicht Daten von Knochenstrukturen, Rückenmarkskanal, Muskeln und Organen erfasst.

Dank 3D-Technologie operiert Dr. Tüylü minimalinvasiv und extrem genau

„Die bildgebenden Datensätze werden in den Rechner eingespeist“, erklärt Dr. Tüylü das Verfahren. „In der Operation wird der Patient mit Markern versehen und durch den 3D-Wandler gescannt. Wir wissen in Echtzeit, wo wir mit den Instrumenten navigieren, wo Implantate gesetzt werden – mit einer Genauigkeit von einem Zehntelmillimeter.“

Tatsächlich sieht man auf dem Monitor genau, in welchem Winkel die Marker für den Eingriff gesetzt wurden – sie weisen den Weg der Schrauben, die die Wirbelkörper Stück für Stück korrigieren und stabilisieren. Dabei kann man die 3D-Kamera über dem OP-Tisch zur Beurteilung hin und her navigieren. „Wir sparen uns unnötige Strahlenbelastung, weil wir unter der Operation nicht mehr röntgen müssen“, so der Chefarzt. Das Verfahren hat einen weiteren Vorteil: Der Chirurg kann oft minimalinvasiv arbeiten, kann durch einen kleinen Schnitt die Instrumente an die Wirbel heranführen.

3D-OP Navigationsgerät im OP

Die 3D-Kamera kann über dem OP-Tisch zur Beurteilung hin und her navigieren. So ermöglicht sie eine Rundumsicht auf die Wirbelsäule.

Bei dem Eingriff an der Patientin mit der schweren Skoliose konnte er durch die Ganzkörper-Ansicht die instabile Wirbelsäule nicht nur stabilisieren, sondern sie in auch in der Seitenansicht in das richtige Verhältnis der Winkel zwischen Becken-, Brust- und Halswirbelsäule ins Lot bringen. Es scheint wie ein Wunderwerk, bei dem Hightech und fachchirurgisches Können den Patienten zu einer neuen Lebensqualität verhelfen.

Zwölfjährige kann nach Wirbel-OP ihren Träumen nachgehen

Auch der zwölfjährigen Mathilda Dehmel aus Bergisch Gladbach hat der Wirbelsäulenchirurg zu einer unbeschwerten Zukunft verholfen. Im vorigen Sommer konnte sich das Mädchen, das leidenschaftlich gern turnt und tanzt, sich nur unter Schmerzen richtig dehnen. „Der Kinderarzt diagnostizierte Wachstumsschwierigkeiten, der Orthopäde Skoliose, die Physiotherapie brachte nichts“, berichtet Vater Georg Dehmel. „Ich habe mich damit nicht abgefunden, sondern habe beim Skoliose-Netzwerk in Rösrath angerufen.“

Von dort führte der Weg direkt zu Dr. Tüylü, der beim Röntgen Wirbelgleiten im dritten Grad feststellte – Bandscheibe und Wirbelkörper waren bereits beschädigt. „Ich bin schon ganz komisch gegangen – im Storchengang, mit vorgeschobener Hüfte, um den Schmerz in den Beinen zu umgehen“, erinnert sich Mathilda.

Anfang Januar 2023 wurde sie operiert, sogar ein Wirbelstück wurde abgetragen bei dem minimalinvasiven Eingriff. „Dr. Tüylü hat mich vor den Schmerzen gewarnt, aber ich hatte eigentlich nie Schmerzen – Pflasterabziehen tat weher“, so das Mädchen. Inzwischen fährt sie wieder mit dem Bus in die Schule – mit Stützkorsett. „Eine Vorsichtsmaßnahme in diesem Alter – die Jungen sind ja manchmal ruppig“, sagt Tüylü. „Wenn alles gut ist nach sechs Monaten, kann sie wieder Knallgas geben.“ Mathilda hat sich schon einiges vorgenommen – akrobatischer Tanz und Cheerleading stehen fest auf ihrem Plan.

KStA abonnieren