Fünf Monate U-Haft20-jähriger Gladbacher gesteht Gewaltexzess und Leichenwagen-Klau

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(Symbolbild).

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Bergisch Gladbach – Wer klaut einem Bestatter seine Autos? Und wer schlägt zwei arglose Familienväter zusammen, die sich abends in der Kreisstadt treffen, um ein paar Kölsch zu trinken? Um ihr Leben gebangt haben zwei 38 und 40 Jahre alte Familienväter aus Engelskirchen und Kürten, als sie im Dezember vor einem Billard-Saloon am Rande der Gladbacher Innenstadt zusammengeschlagen und – getreten wurden. Gegen den ersten Tatverdächtigen hat am Montag der Prozess vor dem Jugendschöffengericht begonnen.

Bei dem 20-jährigen Angeklagten drängt die Zeit, da er nach einem Einbruch bei dem Gladbacher Bestatter Pütz-Roth und dem Diebstahl von gleich zwei von dessen Fahrzeugen in U-Haft gekommen ist.

Opfer: „Habt Ihr Spaß dabei?“

Familienvater Ali G. (38) aus Kürten beschreibt dem Gericht als Zeuge, wie sich die Gruppe auf seinen Freund Mehmet K. (40) gestürzt hat. Wie dieser niedergeschlagen und wieder und wieder getreten wurde. Und dann wendet er sich direkt an den groß gewachsenen Angeklagten Peter K. (20): „Habt Ihr Spaß dabei?“

Die Vorsitzende Richterin Milena Zippelius-Rönz unterbindet eine sofortige Antwort. Zuvor hat auch schon Mehmet K. ausgesagt. Dass er und sein Kumpel guter Stimmung gewesen seien. Dass sie keinen Streit gesucht hätten. Dass sie im Gegenteil einem aus der Gruppe der Jüngeren zum Geburtstag gratulieren wollten. Dass sie aber plötzlich aus der aus deutsch- wie aus türkischstämmigen jungen Leuten bestehenden Gruppe heraus beleidigt und anschließend übel zugerichtet worden seien. Er habe Todesangst gehabt, als er auf dem Boden lag, und sich gefragt, was aus seinen Kindern werden solle.

Richterin bekundet Opfern Respekt

Mehmet K. ist heute noch fassungslos: „Ich habe auch Fehler gemacht, als ich jung war“, sagt er, „aber gemeinsam auf einen auf dem Boden liegenden Menschen zu schlagen und zu treten, das kann ich nicht verstehen.“

Beide Männer sind nach dem Vorfall vom 11. Dezember 2021 nicht nur in ärztlicher, sondern auch in psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Die Richterin dankt ihnen ausdrücklich für ihre Art, sich den Geschehnissen zu stellen.

Angeklagter bittet um Verzeihung

Danach richtet sich Peter K. nacheinander an beide: „Es tut mir sehr leid, dass ich euch das angetan habe.“ Sein Kopf sei ausgeschaltet gewesen. Beide nehmen die Entschuldigung an, der ältere mit den Worten: „Danke, dass du das sagst.“

In seiner Erklärung zu Beginn des Prozesses hat Peter K. den Opfern noch eine Mitverantwortung gegeben: Er sei betrunken gewesen, gestolpert, daraufhin hätten sie sich über ihn lustig gemacht und da habe er – und nur er – zugeschlagen.

Zwei Nächte, zwei Auto-Diebstähle

Auch den Einbruch bei Pütz-Roth am 10. Mai räumt er teilweise ein: Er habe auf der Straße gelebt und dringend Geld gebraucht. Gemeinsam mit zwei Kumpels sei er zu dem Unternehmen gelaufen. Die beiden Kumpels seien dort eingestiegen, hätten kein Geld, aber mehrere Autoschlüssel gefunden. Als die Alarmanlage losging, hätten sie sich im Wald versteckt und später, als die Polizei wieder weg war, erst einen BMW und in der Folgenacht dann einen teuren VW-Transporter geholt.

Der Prozess gegen den 20-Jährigen wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Die Zeit drängt, da am 17. Mai gegen den damals Obdachlosen Haftbefehl erging und er schon bald ein halbes Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Zum Fortsetzungstermin sollen auch vier weitere Zeugen von der Polizei vorgeführt werden, die am Montag nicht erschienen sind.

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