Eskalierter StreitBergisch Gladbacher wegen Regenschirmattacke verurteilt

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Ein leerer Sitzungssaal im Bensberger Amtsgericht

Sitzungssaal im Bensberger Amtsgericht: Der Angeklagte wurde zu 60 Tagessätzen a 15 Euro verurteilt.

Ein Mann, der auf der Straße steht und angehupt wird – so beginnt eine Auseinandersetzung, die handgreiflich und gefährlich endete.

Bert A. steht wegen versuchter schwerer Körperverletzung vor Gericht. Er soll mit einem Schirm durch das Autofenster von Gustav B. gestoßen haben, nachdem dieser den Fußgänger gebeten hatte, von der Straße zu gehen. Der Angeklagte sei mitten auf der Straße vor dem Rewe in Refrath gelaufen, sodass die Autos nicht durchfahren konnten. Ohne Vorwarnung sei die Situation schließlich eskaliert.

Da Bert A. nicht nur am besagten Abend kurz vor Heiligabend 2022 provokant und aggressiv auftrat, sondern ein ähnliches Verhalten auch vor Gericht an den Tag legte, beschloss Richterin Birgit Brandes am ersten Verhandlungstag, dass in dieser Sache alle Zeugen gehört werden sollen. Auch die Staatsanwaltschaft stimmte einer Einstellung des Verfahrens nicht zu. (wir berichteten)

Angeklagter tritt während der Sitzung provokant auf

Auch am zweiten Verhandlungstag tritt der Angeklagte provokant auf: Er flüstert mit seinem Anwalt, während die Richterin spricht und antwortet patzig auf die Aussage von Zeugin Angelika S.. Die sagte, es sei nicht Ordnung gewesen, was Bert A. getan habe. Bert A. zur Zeugin: „Das wird sich noch entscheiden.“

Polizeibeamtin Angelika S. war am 21. Dezember 2022 ebenfalls in Refrath unterwegs, um die letzten Weihnachtseinkäufe erledigen. Als sie aus Richtung des Supermarkts kam, habe sie gesehen, wie Bert A. auf der Straße lief und ihn ein Auto anhupte. „Das Hupen war in der Situation völlig legitim“, findet sie. Da der Angeklagte nach dem Hupen immer noch nicht aus dem Weg ging, habe der Autofahrer die Fensterscheibe heruntergelassen und etwas gerufen, bestätigt die Zeugin die Aussage des Geschädigten.

Zeugin beschreibt den Angeklagten als hochgradig aggressiv

Was Gustav B. gerufen habe, habe sie nicht verstanden. Aber die Situation sei „komisch“ gewesen und schnell eskaliert. „Herr A. war wie angepikst“, schildert die 47-Jährige. Der Angeklagte sei hochgradig aggressiv auf das Auto losgegangen und habe mit dem Regenschirm in das Auto gestoßen, „auf eine Art, bei der ich dachte: Hoffentlich tut er ihm jetzt nicht weh“, erinnert sie sich. Sie habe es für möglich gehalten, dass in dieser Situation jemand verletzt wurde. Deswegen habe sie den Rettungsdienst gerufen und sei hinter dem Angeklagten hergelaufen, um ihn zu stellen. „Er war dann noch frech zu mir und meinte: Haben sie Ihre Bürgerpflicht jetzt getan? Und das habe ich“, wendet sie sich an Bert A.

Als Rechtfertigung für das aggressive Verhalten seines Mandanten führt Bert A.s Verteidiger an, dass es ja immer drauf ankommt, was man sagt und dass der Angeklagte vielleicht impulsiver, als andere Menschen ist. „Das, was da geschehen ist, hätte nichts gerechtfertigt“, setzt die Polizistin ihm entgegen.

Als letzter Zeuge wird Thomas R. vernommen. Der 76-Jährige geht jeden Morgen in Refrath mit seiner Frau frühstücken. Am 21. Dezember hätten sie daher freie Sicht auf diesen Streit gehabt. Wie dieser entstanden sei, hätten sie aber nicht mitbekommen. Gesehen hätten sie nur, wie jemand gegen die Autotür getreten hätte und wie die Lebensgefährtin, die auf der Beifahrerseite saß, des Geschädigten hinter dem Angreifer her lief.

Die Zeugenaussagen, die die Schilderung von Gustav B. und seiner Lebensgefährtin zum größten Teil bestätigten, reichten Richterin  Brandes, um den Angeklagten zu verurteilen. Er muss 60 Tagessätze á 15 Euro zahlen. „Ich bin davon überzeugt, dass die Situation genauso geschehen ist, wie sie hier geschildert wurde“, erklärt sie ihre Entscheidung. Auch, dass die Geschädigten noch heute von dem Geschehen beeindruckt sind, spreche dafür.

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