45-Jähriger angeklagtProzess um Karnevals-Grapscherei in Gladbach geplatzt

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Der EIngang zum Amtsgericht.

Der Eingang des Bergisch Gladbacher Amtsgerichts unterhalb von Schloss Bensberg.

Ein 45-jähriger Gladbacher soll in der Nacht zu Rosenmontag zwei junge Frauen massiv belästigt haben. Doch der Prozess ist geplatzt. 

Ein 45-jähriger Nachtschwärmer aus Bergisch Gladbach soll im Karneval nachts um drei auf der Rückbank eines Autos sitzend zwei junge Frauen massiv sexuell belästigt haben. Der Prozess gegen den Mann wurde nach Verfahrensanträgen des Verteidigers abgebrochen und muss neu terminiert werden.

Die Situation in Saal 106 des Amtsgerichtes war etwas skurril. Gleich zu Beginn der Verhandlung stellte Verteidiger Mustafa Kaplan den Antrag, zwei Zuschauer rauszuschicken, da sie als Angehörige eines der mutmaßlichen Opfer als Zeugen vom Hörensagen in Frage kämen.

Mutmaßlicher Übergriff nachts um 3.40 Uhr

Die Anklageverlesung klappte dann ohne Zwischenfall: Am 27. Februar 2022, die Nacht von Karnevalssonntag zu Rosenmontag, soll der Mann, von Beruf selbst Taxifahrer, zwei jungen Frauen um die 20 am Ende eines Gaststättenbesuchs in der Bergisch Gladbacher City nachts um 3.40 Uhr angeboten haben, ein Freund könne sie nach Hause fahren.

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Die drei nahmen laut Anklage hinten Platz, Karin (alle Namen geändert) links, Claudia rechts, Ahmed, der Angeklagte, in der Mitte. Erst habe Ahmed versucht, Karin zu küssen, was die abgewehrt habe: „Was soll das? Tickst du noch richtig?“ Dann habe er Claudia an den Oberschenkel gefasst, worauf hin diese ihm sagte, er solle „sich verpissen“.

Er wusste, dass die Frauen das nicht wollten.
Der Staatsanwalt in der Anklage

Ahmed habe sich dann wieder nach links gewandt und Karin an die Brust gefasst. Der Staatsanwalt: „Er wusste, dass die Frauen das nicht wollten“— sexuelle Belästigung nach Paragraf 184i des Strafgesetzbuchs.

„Mein Mandant verteidigt sich schweigend“, sagte Anwalt Kaplan und beantragte sodann, die erste Zeugin über ihr Recht auf einen Zeugenbeistand laut EU-Richtlinie zu belehren. Zweitens forderte Kaplan eine Übersicht, ob und welche Ermittlungsverfahren gegen die Zeugin anhängig seien. Seinen Antrag trug er zunächst nur mündlich, vom Computer abgelesen, vor, da er ja keinen Drucker dabei habe.

Wer ist Täter, wer Opfer?

Beim Beobachter stellte sich nach diesem Vortrag des bekannten Strafverteidigers die Frage, ob der Jurist womöglich Erkenntnisse habe, dass es die beiden jungen Frauen seien, die Dreck am Stecken hätten und nicht der mutmaßliche Grapscher, der vom Alter her ihr Vater hätte sein können.

Richter Dr. Philipp Stöckle nahm den Antrag zur Kenntnis, fragte, ob noch mehr davon zu erwarten sei, und bekam sinngemäß „Alles zu seiner Zeit“ zur Antwort. Die beiden Frauen gaben nacheinander an, eigentlich keinen Zeugenbeistand zu brauchen. Am Ende beendete der Richter den Prozess erst einmal:  Weitere infrage kommende Zeugen müssen nun auch noch geladen werden.

Als die Verhandlung dann so vorzeitig vorbei war, fragten die beiden jungen Frauen leicht verdattert, was denn eigentlich jetzt sei. Stöckle versuchte es den beiden Nicht-Juristinnen begreiflich zu machen: Es gebe halt Regeln, an die sich die Justiz unbedingt halten müsse. Ein neuer Termin wurde zunächst nicht bekannt.

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