Arzt erstattete AnzeigeProzess um Schläge in Gladbacher Notdienst-Praxis zur Corona-Hochzeit

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Ein Mann mit Maske in der U-Bahn

Masken im öffentlichen Leben, etwa in der Kölner U-Bahn, und Corona-Tests waren in NRW lange Pflicht. (Symbolbild)

Sonntags in der Gladbacher Notfallpraxis: Inmitten der Pandemie eskaliert ein Krach zwischen Patientin und Arzt. Nun gab es den Strafprozess.

Das hier ist ein Bericht über einen Vorfall aus einem Land vor unserer Zeit. Einem Land, in dem in Folge einer seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Pandemie mit unzähligen Todesopfern bei vielen Menschen die Nerven blank lagen. Einer Zeit, in der man nur mit frischem Corona-Test zum Arzt durfte, in der Verschwörungstheorien grassierten und manchmal ganz läppische Situationen eskalierten. Über solch eine Situation hatte jetzt die Bensberger Strafrichterin Pauline Willberg zu urteilen.

Es ist Sonntag, der 27. November 2022, als es Ramona P. (Name geändert), einer Bergisch Gladbacher Künstlerin, die viel mit Kindern arbeitet und selbst alleinerziehende Mutter zweier Töchter ist, richtig schlecht geht.

Kranke Alleinerziehende sucht sonntags ärztliche Hilfe

Die damals 47-jährige Frau fährt zusammen mit ihrer kleinen Tochter, einer Grundschülerin, ins Bensberger Vinzenz-Pallotti-Hospital, lässt sich von dort aber an die Notdienstpraxis am Gladbacher Marienkrankenhaus verweisen, weil man ihr in der Klinik kein Rezept ausstellen könne.

In der Bergisch Gladbacher Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) geht dann so ziemlich alles schief: Vor der Behandlung wird die kranke Frau mit dem fürs Bergische überdurchschnittlich dunklen Teint darauf hingewiesen, dass sie erst einmal einen Corona-Test vor der Tür machen müsse.

Negatives Test-Ergebnis landet im Abfalleimer

Das tut sie und geht mit dem negativen Test-Ergebnis zum Arzt. Der guckt sich das an, gibt es ihr wieder, sie will es aber nicht und wirft es in den Abfalleimer. Der großgewachsene Mann fragte die eher zierliche Frau, warum sie das tue.

Das Töchterchen spürt die Spannung zwischen den Erwachsenen, versucht die Situation zu retten und holt das Papier aus dem Eimer, in dem auch medizinisches Material liegt. Das Mädchen wird angebrüllt „Nicht anfassen“, so geht es weiter, und dann verweigert der Arzt der Frau die Behandlung und fordert sie auf zu gehen.

Krankenhaus-Pfleger ruft die Polizei hinzu

Die Kranke mit dem Infekt will aber nicht gehen. Sie will behandelt werden, und sie herrscht den Arzt an: „Fassen Sie mich nicht an.“ Pfleger aus der Krankenhaus-Notaufnahme kommen schließlich hinzu, nehmen Ramona mit in die Klinik, wo sie behandelt und wo die Polizei gerufen wird. Ramona P. sagt ja, sie erstatte Anzeige.

Der Arzt kommt nach seiner Mittagspause aus seinem oberbergischen Heimatort zurück und ruft dann seinerseits die Polizei, um auch seine Sicht der Dinge darzustellen. Aus der Anzeige gegen den Arzt wird nichts, aus der Anzeige gegen die Patientin dagegen wird eine Anklage.

Es tat weh, aber ich lag nicht blutend in der Ecke und bin auch nicht umgebracht worden.
Der Arzt als Zeuge vor Gericht

Seine Sicht stellt der Arzt, ein Endfünfziger, auch als Zeuge vor Gericht dar: Im Streit mit Ramona P. habe er sich zur Sprechstundenhilfe umgedreht, um sie aufzufordern, die Polizei oder den Sicherheitsdienst zu rufen. In dem Moment habe ihm Ramona P. vier- oder fünfmal auf den Rücken geschlagen.

Abgesehen davon, dass er ein Rückenleiden habe, sei es ein „No-Go“, auf Helfende loszugehen. Das sei ihm im ärztlichen Notdienst noch nie passiert. Vor dem Arzt hat bereits die Sprechstundenhilfe als Zeugin tendenziell dessen Version bestätigt, nach ihm lässt eine weitere Notfallpatientin die Version der Angeklagten plausibler erscheinen.

Schlussstrich ohne Strafe oder Geldauflage

Am Ende sprechen Richterin, Staatsanwältin und Verteidigerin über die Aussagen. Anwältin Ramona Formes weist auf Diskrepanzen bei Arzt und Helferin hin (waren es zwei Schläge oder fünf?).

Am Ende einigen sich die drei Juristinnen auf einen Schlussstrich: Einstellung ohne Auflagen und mit Kostenerstattung. Ursprünglich hätte Ramona P. einen 600-Euro-Strafbefehl zahlen sollen, der ist nun vom Tisch.

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