KonversionWie die große Einigkeit bei Zanders in Bergisch Gladbach trügt

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So könnte einmal die Zentrale Werkstatt bei Zanders aussehen.

So könnte einmal die Zentrale Werkstatt bei Zanders aussehen.

Alle von Verwaltung vorgelegten Beschlussvorschläge wurden einstimmig verabschiedet. Aber das Bild trügt.

Im Blick auf das Abstimmungsverhalten war der vergangene Zanders-Ausschuss sehr erfolgreich und harmonisch. Aber das Bild trügt. Je konkreter die Beschlüsse werden, umso schwieriger ist, den politischen Konsens herzustellen.

Dabei zeichnet sich ein Thema ab, bei dem der offene Streit programmiert scheint: Es geht um die Gründung der „Zanders-Projektgesellschaft“ und deren Geschäftsführung. Welche Kompetenzen soll sie haben? Wie soll sie mit der normalen Gladbacher Verwaltung und der schon bestehenden Zanders-Arbeitsgruppe verknüpft werden? Und natürlich: Welche Machtfülle soll die Geschäftsführung haben?

Es gibt viele offene Fragen, insbesondere zur Projektgesellschaft

Das sind alles offene Fragen. Gestellt wurden sie zum Beispiel vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Metten. Bürgermeister Frank Stein (SPD) bestätigte, dass über all dies noch entschieden werden müsse. Abgeholt wurde also im Ausschuss die kollektive Überzeugung, dass man in Zukunft mit einer Projektgesellschaft weiter arbeiten wolle. Und deren Hauptzweck soll es sein, die „Marktfähigkeit“ der bisherigen Planungen zu überprüfen. Was ja zwangsläufig die nächste Frage nach sich zieht: Was denn, wenn die bisherigen Planungen nicht „marktfähig“ sind?

Auf dem Papier werden der Projektgesellschaft schon jetzt eine ganze Reihe von Vorgaben gemacht. Als Erstes hat sich die Politik darauf festgelegt, dass in der neuen Zanders-Stadt 2900 Menschen leben und 2900 Arbeitsplätze geschaffen werden. Gesetzt ist ein Campus für berufsbildende Schulen (im Bereich der alten Papiermaschine 3) und eine Grundschule (im Bereich Cederwaldstraße). Zur Innenstadt soll sich das Gelände über eine parkähnliche Landschaft (inklusive offengelegter Strunde) öffnen. Die derzeit im Werk bestehenden Verkehrsachsen sollen erhalten bleiben.

Grundwasser soll als Wärmequelle genutzt werden

Wichtige weitere Vorgaben sind per Beschluss hinzugekommen. Mit Wärme soll das Zanders-Areal über eine zentrale Wärmepumpe versorgt werden, die das hochgepumpte Grundwasser als Quelle nutzen soll. 110 Kubikmeter Wasser werden derzeit in der Buchmühle pro Stunde abgepumpt. Die Papierfabrik Zanders verbrauchte riesige Mengen Wasser, und wenn diese Pumpen abgestellt würden, dann würden Keller in der Gladbacher Innenstadt volllaufen. Gepumpt werden muss also in jedem Fall - warum dann nicht sinnvoll zum Heizen nutzen? Der Strom für die Wärmepumpe kommt von Fotovoltaikanlagen auf den Zanders-Dächern.

Die weitere Vorgabe, auf die sich die Politik festgelegt hat, ist ein „Wassergrundkonzept“. Niederschlagswasser soll möglichst lange auf dem Gelände gehalten werden. Im gesamten Gelände soll es ein Brauch- und ein Trinkwassernetz geben. Eine maximale Ressourcenschonung ist das Ziel.

Zehn Millionen Euro soll der Umbau der ehemaligen zentralen Werkstatt auf dem Zanders-Gelände kosten.

Zehn Millionen Euro soll der Umbau der ehemaligen zentralen Werkstatt auf dem Zanders-Gelände kosten.

Zu all diesen Zielen gibt es haufenweise offene Fragen. Ein paar davon stellte der Technische Beigeordnete Ragnar Migenda - und die klangen nicht unbedingt begeistert. Migenda hakte bei der Integration von Zanders in das gesetzlich geforderte Wärmekonzept nach. Richtig ist, dass die Konzepte für Energie und Wasser Zanders als eine Art Insel betrachten. Bürgermeister Stein stellte die „Verwaltungsmeinung“ fest: „Die Konzepte von Zanders müssen in das Wärmekonzept integriert werden - und nicht umgekehrt zuerst ein Wärmekonzept für die Gesamtstadt entwickelt werden, dem sich dann die Konzepte von Zanders anzupassen haben.“ Das klang nach „Basta“ in Richtung Migenda.

Was aber, wenn die Projektgesellschaft viele dieser Vorgaben als nicht „marktfähig“ beurteilt? Was, wenn die hohen Standards nicht zu finanzieren sind? Diese Fragen hingen auch nach den Beschlüssen in der Luft. Und da war es irgendwie klar, dass der Punkt „Grundsätze der Vermarktungsstrategie“ einvernehmlich vertagt wurde. Die Frage, wie denn die Immobilie Zanders einmal verkauft werden soll, ist nahezu jungfräulich: Soll der Verkauf die Stadtkasse füllen? Sollen bei dem Verkauf vor allem soziale Anliegen (Stichwort sozialer Wohnungsbau) berücksichtigt werden? Dazu gibt es keine Beschlüsse.

Zanders: Der Förderantrag muss bis zum 31. Oktober gestellt sein

Ziemlich klar und auch finanziell darstellbar ist die Entwicklung der zentralen Werkstatt von Zanders zu einem kulturellen Anziehungspunkt auf dem Gelände. Der Förderantrag muss bis zum 31. Oktober gestellt sein. Und dieser Antrag muss ein wahres Kunstwerk im Sinne der Förderrichtlinien sein. Das Konzept darf auf keinen Fall rentierlich sein und allzu konkret ist auch schlecht. Mit anderen Worten: Die Nutzung der zentralen Werkstatt muss Verluste machen und darf zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht zu konkret beschrieben werden.

Die Verwaltung ist sicher, das hinzubekommen. Es geht um zehn Millionen Euro - 3,5 Millionen Euro beträgt der Eigenanteil der Stadt. Bei einer Fläche von rund 1600 Quadratmetern in der alten Werkstatt stehen also mehr 6000 Euro pro Quadratmeter für die Umgestaltung zur Verfügung.

Sehr, sehr viel Geld - aber für das Herzstück des Integrierten Handlungskonzeptes auf Zanders ist das offensichtlich kein Problem.

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