Nach BesuchBergisch Gladbacher wollen mit Bussen und Dächern in Butscha helfen

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Berührend: Die Ausstellung von Bildern aus Butscha, die noch bis Mittwoch im Rathaus Stadtmitte zu sehen ist.

Berührend: Die Ausstellung von Bildern aus Butscha, die noch bis Mittwoch im Rathaus Stadtmitte zu sehen ist.

Bergisch Gladbach/Butscha – Gerade mal 48 Stunden waren sie in Bergisch Gladbach und haben doch viele Menschen tief bewegt: Butschas Vize-Bürgermeisterin Mykhailyna Skoryk-Shkarivska und die Assistentin von Butschas Bürgermeister, Alina Saraniuk. Manches hätten selbst die Organisatoren des Besuchs nicht für möglich gehalten.

„Bei den zahlreichen Menschen, die sie persönlich getroffen haben, haben sie mit dem, was sie aus erster Hand aus Butscha erzählt haben, bereits einen positiven Schneeballeffekt ausgelöst“, sagt Gladbachs Bürgermeister Frank Stein. „Wir haben sehr viele Hilfs- und Spendenangebote bekommen für Wiederaufbauprojekte in Butscha.“

Ein ganz konkretes: Kontakte zu Verkehrsunternehmen, über die gegebenenfalls gebrauchte Busse zu bekommen wären. „Die russischen Besatzer haben sämtliche Busse zerstört oder mitgenommen“, hatte Butschas Vize-Bürgermeisterin Mykhailyna Skoryk-Shkarivska am Samstag noch im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet.

Busse um die Verbindung nach Kiew wiederherzustellen

„Drei Busse haben wir bereits in Dresden bekommen, sechs brauchen wir noch, um die Busverbindung von Butscha nach Kiew wieder in Betrieb nehmen zu können“, so die 43-Jährige, die auch mit ihren persönlichen Schilderungen über die von den russischen Soldaten teils auf offener Straße erschossenen Zivilisten, deren Identifizierung sie selbst später zu organisieren hatte, zahlreiche Gesprächspartner beeindruckte.

„Es macht schon Gänsehaut, das zu hören, was sie dort erlebt haben“, sagt Frank Haag nachdenklich. Der stellvertretende Leiter der Feuerwehr Bergisch Gladbach, der bereits mehrere Hilfskonvois mit Hilfsgütern, Rettungs- und Feuerwehrfahrzeugen organisiert hat, war am Samstag zum Vorsitzenden des unmittelbar nach der Eröffnung der Ausstellung mit Bildern der Gräueltaten von Butscha gegründeten Städtepartnerschaftsverein gewählt worden.

Gemeinsam mit Feuerwehrchef Jörg Köhler hatte er die Delegation aus Butscha am Freitag am Flughafen abgeholt, während des Stadtfestwochenendes begleitet und am Sonntagnachmittag wieder zum Zug beziehungsweise Flieger gebracht.

Persönlicher Kontakt für künftige Arbeit wichtig

„Ich glaube für unsere künftige Arbeit, gemeinsam mit den Partnern aus Butscha, die in dieser kurzen Zeit bereits zu Freunden geworden sind, Projekte des Wiederaufbaus anzugehen, war dieser persönliche Kontakt sehr gut“, sagt Haag.

Die Ausstellung

Die Ausstellung „Butscha Bilder des Krieges – Ausstellung zur Hilfsaktion zugunsten der Partnerstadt“ ist im großen Ratssaal des Rathauses Stadtmitte noch bis Mittwoch, 14. September, zu sehen: am Dienstag von 10 bis 17 Uhr, am Mittwoch von 10 Uhr bis 15.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, Kinder und Jugendliche dürfen nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten hinein. (wg)

Bisweilen war das eng getaktete Programm der Delegation ein Wechselbad der Gefühle. „Nach dem Empfang der Partnerstädte am Freitag, wollten die beiden gerne noch den Start des Stadtlaufs sehen“, erzählt Jörg Köhler. „Alina hat dann irgendwann gesagt: Das ist doch schön, wieder ganz normales Leben zu sehen und die Kinder die hier laufen und sich freuen.“

Die Sehnsucht auch nach einem Stück „Normalität“

Wie schon beim Besuch von Bürgermeister Stein und Köhler in Butscha vor drei Wochen sei den ukrainischen Partnern wichtig gewesen, auch ein Stück „Normalität“ zu leben, so Köhler. „Und dann haben sie bei der Besichtigung im Bensberger Schloss natürlich auch Selfies von sich gemacht, und haben sich gefreut, als wir ihnen auf der Feuerwache mit der Drehleiter am Nachmittag Bergisch Gladbach von oben gezeigt haben.“

Nur wenige Minuten zuvor hatten sie noch sehr ernste Gespräche auf dem Stadtfest über die Zustände in Butscha geführt mit Gladbachern, die helfen wollen.

Zahlreiche Besucher von Ausstellung im Ratssaal betroffen

„Auch in der Ausstellung der Bilder aus Butscha im großen Ratssaal habe ich sehr viele, sehr betroffene Menschen gesehen“, sagt Bürgermeister Stein, „aber es ist wichtig, auch das Grausame zu transportieren. Wir müssen uns auch unserer Verantwortung bewusst sein und bleiben. Ich finde die Vorstellung fürchterlich, dass man sich an den Krieg gewöhnen könnte.“

Aus den persönlichen Kontakten des Wochenendes sollen nun möglichst zügig konkrete Hilfsprojekte entstehen, wie der bereits am Samstag vereinbarte Wiederaufbau von zwei Kindergartendächern durch den Erlös eines Spendenlaufs der GGS Kippekausen und der KGS In der Auen.

Die Frage, wie Geld in die Ukraine transferiert werden kann

„Dabei wird es jetzt auch um ganz konkrete Fragen gehen, wie man beispielsweise Geld in die Ukraine transferieren kann“, sagt Jörg Köhler. „Und dann wird es um die Sicherung weiter zerstörter Dächer vor dem Winter gehen, und Hilfen für den Wiederaufbau des Busverkehrs“, ergänzt Haag.

„Was sich an diesem Wochenende gezeigt hat, ist auch, dass es wichtig ist, Menschen von hier mit Partnern von dort zu verbinden“, sagt Köhler. „Etwa Schulen, die dann genau wissen, wie sie ihren Partnern in Butscha helfen können und was sie dort brauchen“, sagt Jörg Köhler. Und: „Wir werden bestimmt auch nochmal in absehbarer Zeit nach Butscha fahren.“

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Die Gegeneinladung stand am Sonntagnachmittag längst, als Köhler und Haag die beiden Frauen aus Butscha an Bahnhof beziehungsweise Flughafen verabschiedeten – unter anderem auch mit einem Versorgungsrucksack, wie ihn Nicole Haag vom Krisenmanagement der Feuerwehr bereits für die Fahrer der Hilfskonvois gepackt hatte. „Die beiden Vertreterinnen aus Butscha haben auch mich sehr beeindruckt“, bekennt Bürgermeister Stein: „Ihr Mut, ihre Tapferkeit für dieses Land zu kämpfen, aber auch der große Wiederaufbauwille.“

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