Seit 40 JahrenHandarbeitsladen „Die Kommode“ in Bergisch Gladbach sucht einen Nachfolger

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Ute Schäfer in ihrem Handarbeitsladen „Die Kommode.“

Ute Schäfer in ihrem Handarbeitsladen „Die Kommode.“

Ute Schäfer ist seit 2008 Inhaberin des Ladens. Nun sucht sie jemanden, der das gut laufende Geschäft übernimmt.

„Die Kommode“ heißt der Laden von Ute Schäfer in der Bensberger Straße 163 in Heidkamp. Wer denkt, Stoffe, Wolle und Stickgarn sei eine Angelegenheit von gestern, irrt sich gewaltig. Immer wieder signalisiert die Eingangstür „Da kommt ein Kunde!“ – und das zig Mal in der Stunde.

Gabrielle Gaudetz ist aus Dellbrück angereist, findet auf Anhieb für ihr Abendkleid silbern glitzernden Paillettenstoff und auch den Stoff für das Unterkleid. „Das ist genau das richtige für mich, nicht die Variante in Türkis“, strahlt die Kundin in Vorfreude auf das schimmernde Kleid.

Eine Kundin sucht und findet auf Anhieb Stickgarn – Größe 3, Farbe 46, in Rot. Ute Schäfer greift zielsicher ins Regal. Eine andere Kundin braucht Ösen für den BH-Verschluss, ein Mann findet das schwarze Krokodilleder, um seine Theke zu beziehen. Es wird geklönt und ausgetauscht – eine richtige Quatschbude im urigen Ambiente!

Nachfolger gesucht: Die Kommode in Bergisch Gladbach sucht einen Übernehmer

Doch unübersehbar ist im Schaufenster auch das Schild „Nachfolger gesucht!“. Ute Schäfer gibt den Laden nicht auf, sondern ab und sucht jemanden, der das Geschäft übernimmt. „Man kann davon leben – es muss sich herumsprechen“, sagt sie und hat alles für die sozialen Medien arrangiert. Und für die Mund-zu-Mund-Propaganda. Genau 62 Jahre ist sie alt – und will noch etwas anderes machen in ihrem Leben.

„Freiwilligenarbeit im Ausland, Kindern englisch, französisch, deutsch beibringen, oder etwas mit Tieren“, stellt sie sich vor, hat sich aber auch als Unternehmensberaterin listen lassen beim SES Senior Experten Service, der vor 40 Jahren im damaligen Deutschen Industrie- und Handelstag in Bonn gegründet wurde. Der SES sucht immer Experten und Expertinnen aus allen Berufen. Und da kommt noch eine Idee – work and travel in Südamerika – hinfahren, da sein, arbeiten. Ute Schäfer hat noch was Neues vor in ihrem Leben.

„Die Kommode“ in Heidkamp besteht schon seit 40 Jahren, Ute Schäfer hat sie 2008 übernommen, zuerst mit Patchwork, dann sind schnell die Kleiderstoffe dazu genommen. Woher hat sie die Kenntnisse für die Handarbeiten? „Stricken häkeln, nähen – das hab ich alles von meiner Mutter und Großmutter gelernt“, sagt sie. „Ich bin so aufgewachsen. Und meine Kinder können das alles auch.“

Eigentlich hat sie als Hotelbetriebswirtin und als Unternehmensberaterin gearbeitet, dann kam die Hausfrauenphase mit den Kindern. Und als die 14 und 15 Jahre alt waren, stand der Laden in Heidkamp zur Übergabe frei. „Das wäre doch was, dachte ich damals, hab die Mitarbeiterin halbtags weiterbeschäftigt, und es ging los“, erinnert sich Ute Schäfer.

Vier Jahre lang besuchte sie auch die Stoffmärkte bei Wind und Wetter, machte im sauerländischen Olpe im Jahr 2012 und in Nümbrecht im Jahr 2015 weitere Läden auf. Sie wuppte das alles – mit dem Einkauf, auf der H + H- Handarbeitsmesse, mit dem Einkauf in den Niederlanden, Wolle bei den Lieferanten bestellen, mit den Mitarbeiterinnen.

Und dann kam Corona. „Das lief zuerst gut – alle haben Stoffmasken genäht und hier die Baumwollstoffe gekauft“, erinnert sie sich an die Anfänge der Pandemie. „Doch dann war Ende, mit dem Gebot, nur Papiermasken zu tragen.“ Sie durfte den Laden nicht mehr aufmachen, verlegte sich auf „click & collect“ – telefonisch bestellen, die Ware verschicken oder im hinteren Laden durch das Fenster reichen. „Doch in Olpe war kein Hinterfenster, dauernd stand das Ordnungsamt vor der Tür – da habe ich den Laden dicht gemacht.“ Und auch den in Nümbrecht. Die Pandemie ist vorbei, die Frauen glücklich, dass sie wieder in den Laden kommen können, um sich Stoffe und Wolle und Kleinkram auszusuchen und Tipps zu bekommen.

Ute Schäfers Einzugsgebiet ist rechtsrheinisch, Köln inklusive. „Die Kundschaft ist immer noch die alte: Die jungen Frauen nähen für sich und ihre Kinder, die älteren nähen und stricken für ihre Enkel. „Die Frauen kommen gezielt hierhin, es gibt keine Laufkundschaft.“ Selbstverständlich spiegeln sich alle Trends in Sachen Handarbeiten auch in ihrem Angebot: „Boshi-Wolle, ein Mix aus Merino und Polyacryl – ist wohl die bekannteste für coole Mützen – alle haben wie wahnsinnig Mützen daraus gemacht“, informiert sie über den Boom.

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