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Angeklagter sieht VerwechslungDubioser Fahrradklau landet vor Bensberger Amtsgericht

3 min
Der Prozess am Bensberger Amtsgericht drehte sich um ein gestohlenes Pedelec.

Der Prozess am Bensberger Amtsgericht drehte sich um ein gestohlenes Pedelec. 

Die Spurensuche nach dem Dieb eines Fahrrads endet ohne Ergebnis und mit einem Freispruch.

„Morgens will ich Brötchen holen, da ist mein Fahrrad weg“, schildert der Zeuge Benjamin Schmitz (Namen von Zeugen und Angeklagten geändert) im Amtsgericht Bensberg. Er hatte es angeschlossen, doch nur die Überreste des Fahrradschlosses findet er noch dort, wo das Fahrrad stand. Er ruft die Polizei, die den Diebstahl aufnimmt, und macht sich mittags zu Fuß auf den Weg zur Arbeit. Plötzlich sieht er, wie ein Mann in einer schwarzen Daunenjacke mit auffälligem weißem Muster auf seinem Elektrorad der Marke Kreidler an ihm vorbeifährt. Sein Rad erkennt er an zwei markanten Aufklebern.

„Etwas weiter dreht der Fahrer um, kommt mir entgegen, ich drehe mich um, da wendet er wieder und fährt noch einmal an mir vorbei“, schildert er verwundert. An seiner Arbeitsstelle angekommen, sieht er dort sein Fahrrad angekettet am Fahrradständer. Mehrere Männer stehen vor dem Pförtner, um eingelassen zu werden. Er meint, den vermeintlichen Dieb zu erkennen, hat jedoch nicht sehen können, ob dieser auch sein Rad angeschlossen hat. Mit Hilfe einer Flex „befreit“ er sein Rad und stellt es sicher in der Halle des Pförtners unter.

Mein Mandant ist Opfer einer Verwechslung
Verteidiger im Prozess am Bensberger Amtsgericht

Auf der Anklagebank sitzt ein junger Syrer, Said Kahlaf, in Aleppo geboren, der zurzeit mit zwei anderen vor dem Bürgerkrieg Geflüchteten in einer Unterkunft wohnt. Die Pflichtverteidigerin Julia Stab sagt schlicht: „Mein Mandant ist Opfer einer Verwechslung und hat nichts mit dem Diebstahl zu tun. “ Richterin Charlotte Menzenbach bemüht sich, den Sachverhalt durch ausführliches und geduldiges Befragen des Zeugen zu klären. Benjamin Schmitz versucht sich auch an Details zu erinnern, und dabei fallen Unstimmigkeiten auf. Zum einen hat er nicht gesehen, wer das Fahrrad abgeschlossen hat. Auch weiß er nicht mehr genau, ob der Fahrradfahrer einen Bart trug oder nicht, aber er war sich sicher, dass er schwarze Schuhe und eine schwarze Hose trug und etwa 1,75 Meter groß war.

„Bei der ungewöhnlichen Jacke bin ich mir 1000 Prozent sicher“, betont er immer wieder. Einige Tage später hat der Pförtner einen Verdächtigen ausgemacht. Eben jenen Said Kahlaf, der nun auf der Anklagebank sitzt. Er hatte die eingecheckten Arbeiter mit der Zeit verglichen, in welcher der Radfahrer gekommen war. Der Pförtner hatte dann Schmitz den Verdächtigen gezeigt. „Ist er das? “, soll er gefragt haben, und Schmitz antwortete, „Ja, das ist er“. Die Polizei sichtete die Überwachungsvideos und die Zeitstempel und kam daraufhin zu demselben Ergebnis. Problematisch blieb, dass die Kamera den Fahrradhof nicht komplett erfasst und der Identifizierte weiße und keine schwarzen Schuhe trug.

Dann kamen die beiden Mitbewohner in den Zeugenstand. Sie sagten aus, dass Said an dem besagten Tag im gemeinsam bewohnten Zimmer war. Auch in der Nacht schlief er in seinem Bett. Einer der Mitbewohner sagte, er sei um 3.30 Uhr zum Morgengebet aufgestanden und habe den Angeklagten in seinem Bett gesehen. Auch ist fraglich, wie er nach Bergisch Gladbach gekommen sein soll. Vom Standort des Flüchtlingsheims fährt gegen 23 Uhr der letzte Bus. Auto oder Fahrrad standen nicht zur Verfügung.

Im Plädoyer der Staatsanwaltschaft kam die Unsicherheit zum Ausdruck: Auf keinen Fall reichten die Beweise für eine Verurteilung. Auch wenn die Mitbewohner dem Angeklagten freundschaftlich zugewandt seien, waren die Aussagen widerspruchsfrei und bei den Aussagen des Zeugen waren zu viele Ungereimtheiten, auch wenn sich der Staatsanwalt sicher war, dass er auf keinen Fall gelogen hatte. Er plädierte folgerichtig auf einen Freispruch. Die Richterin sah den Sachverhalt ähnlich und vermutete, dass sich der Zeuge von der scheinbar eindeutigen Zuordnung durch den Pförtner, der sicher auch nichts Böses wollte, hat verleiten lassen, Said Kahlaf zu identifizieren. Sie verkündete daraufhin einen Freispruch für den Angeklagten.