Landeskasse zahltMonatelange Ermittlungen im Gladbacher Prozess völlig umsonst

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Symbolbild

Bergisch Gladbach/Köln – Das war ein klassischer Rohrkrepierer: Monatelang ermittelten die Behörden gegen eine 22-jährige Autofahrerin, die in dem Verdacht stand, ohne Führerschein gefahren zu sein. Jetzt fand der Prozess statt – und endete, kaum dass er begonnen hatte, mit einem Freispruch auf Kosten der Landeskasse. Außer Spesen nichts gewesen.

Einen Hauptverantwortlichen für die Aktion mag Marco Heymann, Verteidiger der fälschlich unter Verdacht geratenen Fahrerin, gar nicht benennen. Polizei, Straßenverkehrsamt, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht – viele hätten mitgewirkt. Immerhin eins sei klar: „Mein Mandantin hat nichts verkehrt gemacht, außer dass sie an dem Tag ihre Führerschein-Karte nicht vorzeigen konnte.“ Und „auch der Verteidiger hat sicher nichts falsch gemacht“, ergänzt der Kölner Jurist schmunzelnd.

Führerschein nur vergessen, nicht verloren

Aber der Reihe nach: Am 8. Juni 2021 um 11.10 Uhr krachte es auf der Alten Wipperfürther Straße, Autofahrerin Bettina P. (Name geändert), die abwechselnd in Gladbach und in Köln wohnte, hatte ihren Kartenführerschein nicht dabei. Eine Abfrage der Beamten vor Ort über die Leitstelle ergab: Die Frau hat gar keine Fahrerlaubnis.

Die Dinge nahmen ihren Lauf, ein Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde eingeleitet. „Für eine Mandantin, die sich das nicht erklären kann, ist es das etwas seltsam, aber das Verfahren wurde einfach fortgeführt“, sagt Heymann – obwohl er zwischenzeitlich vorgetragen habe, dass das alles Quatsch sei.

Die Dinge nehmen ihren Lauf

Offenbar habe es eine weitere fehlerhafte Auskunft gegeben. Die Staatsanwaltschaft habe den Strafbefehl beantragt, das Gericht ihn ohne weitere Überprüfung erlassen. Die Richterin in der Verhandlung: „Ich habe mich auf die amtliche Auskunft des Rheinisch-Bergischen Kreises verlassen.“

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Anwalt Heymann legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein und startete, nach seinen Worten fast gleichzeitig mit der argwöhnisch gewordenen Richterin, eine neue Abfrage bei der Fahrerlaubnisbehörde der Stadt Köln. Unabhängig voneinander bekamen Verteidiger und Richterin die neue amtliche Auskunft, dass Bettina K. (die selbst am Prozess gar nicht teilnahm) selbstverständlich eine gültige Fahrerlaubnis habe – Freispruch!

Es gibt natürlich Schlimmeres

Wo genau der Fehler passiert ist? Anwalt Heymann: „Ich kann es nicht sagen.“ Womöglich sei am Anfang über Funk ein falscher Name oder ein falsches Geburtsdatum transportiert worden. Spätestens der Prozesstermin und die damit verbundenen Kosten hätten aber vermieden werden können, wenn das Gericht die Staatsanwaltschaft informiert und gefragt hätte, ob diese ihre Anklage nicht zurücknehmen wolle. Heymann: „Für den Steuerzahler ist das ein bisschen ärgerlich. Es gab einen personellen Aufwand, der völlig unnötig war.“ Andererseits: „Es gibt natürlich Schlimmeres.“

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