Kirchenstreit um „Modellprojekt“Bergisch Gladbacher Kommunionhelfer in „stillem Streik“

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Eine Hand legt eine Hostie in die eine andere Hand.

Kein Kommunionhelfer- und Lektorendienst bis Ostern: Einige ehrenamtliche engagierte Katholiken in St. Laurentius legen Arbeit vorübergehend nieder. Laut Pfarrer finden die Dienste aber statt.

In Refrath ist der Rücktritt von Kreisdechant Norbert Hörter gefordert worden. Auf Anfrage reagiert der Seelsorger, in dessen Gemeinde einige Kommunionhelfer in einen „stillen Streik“ gehen.

Bei der Karnevalssitzung für Menschen mit und ohne Behinderung ist Kreisdechant Norbert Hörter von der Bühne herunter kritisiert worden, bei der Pfarrversammlung in Refrath offen sein Rücktritt gefordert worden. Hörter selbst äußerte sich am Donnerstag auf Anfrage der Lokalredaktion schriftlich zur Refrather Pfarrversammlung, an der er – wie im Interview mit der Redaktion eine Woche zuvor angekündigt – nicht teilgenommen hatte.

Ich war zu der Pfarrversammlung in Refrath nicht eingeladen und habe deshalb nicht teilgenommen.
Norbert Hörter, Kreisdechant, nach der Refrather Pfarrversammlung

Im Vorfeld hatte er sein Fernbleiben damit begründet dass „die Gemeinde . . . erst einmal vor Ort sehen muss: „Wie gehen wir mit der Situation um?“ Gestern sagte er auf Anfrage dieser Zeitung: „Ich war zu der Pfarrversammlung in Refrath nicht eingeladen und habe deshalb nicht teilgenommen.“ Insofern, so Hörter, „kann ich auch nichts zu Äußerungen oder Vorwürfen sagen, die mir nicht persönlich bekannt sind.“ Auf die Rücktrittsforderungen geht er nicht ein.

Norbert Hörter sitzt in einem Sessel seines Arbeitszimmers und spricht.

Kreisdechant Norbert Hörter aus der Bergisch Gladbacher Pfarrei St. Laurentius im Interview vor der Refrather Pfarrversammlung.

Nur so viel: „Es tut mir sehr leid, dass so viel Wut und Trauer durch das Vorgehen ausgelöst wurde. Und es schmerzt mich, dass wir dadurch momentan übereinander aber nicht miteinander über die Zukunft unserer Gemeinden sprechen.“

Einige Lektoren und Kommunion sind nach eigenen Angaben in „stillen Streik“ getreten

Derweil formiert sich auch in seiner eigenen Pfarrei weiter Widerstand gegen die Art und Weise, wie das sogenannte „Modellprojekt“ einer Pastoralen Einheit Bergisch Gladbach per Proklamandum aus Köln verkündet worden war und dass dafür die leitenden Pfarrer in Refrath/Frankforst und Bergisch Gladbach-West ihren Amtsverzicht einreichen sollen.

In St. Laurentius sind einige Kommunionhelfer und Lektoren in einen „stillen Streik“ getreten, wie einer der ehrenamtlich im Gottesdienst engagierten Katholiken es beschreibt. Bis Ostern werde man den Dienst ruhen lassen. Von mehr als der Hälfte der Betroffenen wisse er, dass sie sich beteiligten, sagt er, will seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen.

Andere Kommuinionhelfer wollen ihren Dienst bewusst „nicht bestreiken“

Norbert Kemper hat damit kein Problem, äußert sich offen: „Ich werde weiter die Kommunion austeilen. Das ist, wie die Arbeit der Lektoren, eine andere Ebene – das kann ich nicht bestreiken.“

Nach dem Protest in seiner Pfarrei gefragt, schreibt Hörter: „Der Lektorendienst findet in der Pfarrei St. Laurentius wie geplant statt. Ich bin mit den verschiedenen Kreisen und Diensten in meiner Pfarrei über die aktuelle Situation im Gespräch.“ Nach Informationen dieser Zeitung soll am Montag ein Gespräch der Gremien und Seelsorger von St. Laurentius mit Weihbischof Ansgar Puff stattfinden.

Unfassbar, eine vorsintflutliche und mittelalterliche Vorgehensweise ist das.
Michael Heckmann, ehemaliger Vorsitzender Kreiskatholikenrat, zum Vorgehen des Erzbistums beim „Modellprojekt“ Bergisch Gladbach

Derweil hat sich auch der ehemalige Vorsitzende des Kreiskatholikenrats (KKR), der Rechtsanwalt Michael Heckmann, zu Wort gemeldet. Er halte „viel von Zurückhaltung in der Öffentlichkeit nach dem Ausscheiden aus einem Amt“, so Heckmann. „Es gibt aber Situationen, da muss man die Stimme erheben“, so der Katholik, der bis 2022 im KKR-Vorstand aktiv war und schon in seiner Amtszeit das Handeln des Erzbistums unter anderem in der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen scharf kritisiert hat.

„Unfassbar, eine vorsintflutliche und mittelalterliche Vorgehensweise ist das“, kritisiert Heckmann nun das Vorgehen des Erzbistums in Sachen „Modellprojekt Bergisch Gladbach“. Die Kommunikation zeige „einmal mehr: Der Institution Kirche im Bistum Kölle sind die ihnen anvertrauten Gläubigen, ihre Gefühle und ihre Bedürfnisse egal!“

Auch Pfarrgemeinderat von Bensberg und Moitzfeld übt scharfe Kritik

Auch in den Pfarreien St. Nikolaus Bensberg und St. Joseph Moitzfeld hat der Pfarrgemeinderat zwischenzeitlich wie zu Beginn der Woche noch hinter vorgehaltener Hand angekündigt Stellung zum geplanten „Modellprojekt“ in Bergisch Gladbach bezogen. „Auch unsere Gemeindegremien wurden in keiner Weise in die Überlegungen zu diesem Modellprojekt eingebunden“, heißt es in der von Martin Brochhaus für alle gewählten Mitglieder des Pfarrgemeinderats unterzeichneten Erklärung.

„Schriftlich war eindeutig von den Verantwortlichen des Erzbistums angekündigt, dass alle weiteren Schritte eng mit den involvierten Gemeinden abgestimmt werden. Die Empörung über das Vorgehen der Verantwortlichen, der wir in Gesprächen, Verlautbarungen und in den Medien begegnen, ist für uns sehr verständlich und berechtigt.“

Zurück bleiben große Enttäuschungen und erhebliche Verletzungen bei den Pfarrern und in den Gemeinden.
Aus der Stellungnahme des Pfarrgemeinderats von St. Nikolaus Bensberg und St. Joseph Moitzfeld

Auch die personellen Veränderungen in den Nachbarpfarreien (in Bensberg/Moitzfeld ist Kreisdechant Norbert Hörter seit der Versetzung von Pfarrer Andreas Süß 2021 der zuständige Pfarrverweser) kritisieren die Katholiken aus Bensberg und Moitzfeld scharf: „Die erzwungenen Rücktritte von Pfarrer Kissel und Pfarrer Darscheid sind auch für uns erschütternd.“

Es sei nicht nachvollziehbar, wie mit solch langjährig für ihre Gemeinden sehr engagierten Pfarrern umgegangenen werde. „Zurück bleiben große Enttäuschungen und erhebliche Verletzungen bei den Pfarrern und in den Gemeinden.“

Wir halten es wie unsere Nachbargemeinden für erforderlich, dass diese Entscheidungen überdacht und rückgängig gemacht werden.
Aus der Stellungnahme des Pfarrgemeinderats von St. Nikolaus Bensberg und St. Joseph Moitzfeld

Dass auf beide Pfarrer verzichtet werde, sei „nicht nachvollziehbar“, zumal es „aktuell noch keine neuen Aufgaben für Pfarrer Kissel und Pfarrer Darscheid“ gebe. Die Forderung des Pfarrgemeinderats von Bensberg und Moitzfeld: „Wir halten es wie unsere Nachbargemeinden für erforderlich, dass diese Entscheidungen überdacht und rückgängig gemacht werden.“

Und: „Wir sind daher davon überzeugt, dass der weitere Weg bei der Ausgestaltung der neuen Pastoralen Einheit deutlich erkennbar auf neue Beine gestellt werden muss.“ Die Stellungnahme dazu werde man in einem von Weihbischof Ansgar Puff angebotenen Gespräch darlegen.

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