Prozess in GladbachBewährung statt hartes Hafturteil für verurteilten Betrüger

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Prozessauftakt in Bonn. (Symbolbild).

Prozessauftakt in Bonn. (Symbolbild).

Bergisch Gladbach/Wermelskirchen – Das war eine schwere Geburt: Statt einen mehrfach vorbestraften, inhaftierten Betrüger erneut ins Gefängnis zu schicken, hat das Bensberger Schöffengericht eine Bewährungsstrafe ausgesprochen und dabei auch noch ein hartes Hafturteil eines Nachbar-Amtsgerichts gegen den 28-jährigen in eine Bewährung umgewandelt.

Frank E. (Name geändert) aus Wermelskirchen hatte seine finanzielle Lage durch Betrug aufgebessert. Auf Ebay bot er gegen Vorkasse Elektronikteile wie einen Router für 50 Euro oder eine Grafikkarte für 600 Euro an, lieferte aber nicht. Jedoch tat er das unter Klarnamen, so dass es leicht war, ihn zu fassen.

Am 18. Mai stand E. wegen 19-fachen Betrugs in Wermelskirchen vor Gericht. Die Richterin verdonnerte ihn zu 20 Monaten ohne Bewährung. Eine positive Sozialprognose sei nicht zu erkennen, es habe immer wieder gleich gelagerte Straftaten gegeben – für die Richterin Grund, hart zu urteilen.

Heulen oder cool bleiben

In Bensberg lief die Verhandlung anders. Hier waren 13 weitere Betrügereien angeklagt, doch der Gladbacher Strafverteidiger Dr. Karl-Christoph Bode kämpfte wie ein Löwe – für seinen Mandanten, aber auch mit ihm. Denn Bode wollte den stoisch bis unbeteiligt wirkenden Frank E. dazu bewegen, das Gericht an seinem Innenleben teilhaben zu lassen. Leicht war das nicht, womöglich auch deshalb, weil im Zuschauerraum fünf junge Frauen, neue Azubis der Justizverwaltung, saßen.

Mit vereinten Kräften versuchten die Prozessbeteiligten, Frank E. zum Reden zu bringen. Bode: „Wir hatten ein langes Gespräch mit seiner Freundin. Sie wusste von allem nichts.“ Die Beziehung und der Kontakt zum gemeinsamen Söhnchen seien bei einer erneuten Haftstrafe in Gefahr. Bode appellierte an E.: „Playstation spielen und dazu Straftaten begehen ist doch kein Lebensentwurf.“

Frank E. spricht über seine Kindheit

Ein Schöffe: „Sie haben beschlossen, Ihren Lebensunterhalt mit Betrügereien zu finanzieren. Was hat sich geändert? Überzeugen Sie uns!“ Die Staatsanwältin: „Es ist nicht leicht, über Gefühle zu reden.“ Bode: „Sie können heulen oder cool bleiben.“ Richterin Birgit Brandes: „Cool ist er nicht wirklich.“

Endlich redete Frank E. – sehr leise. „Die Kindheit war nicht wirklich toll.“ Mit 17 schmiss ihn die Mutter raus. Er lebte fünf Monate auf der Straße. Er begann eine Lehre als Maler und Lackierer, brach sie ab, weil er mit dem Chef nicht zurechtkam. Kontakt zum Vater hatte er seit dem sechsten Lebensjahr nicht. Frank E.: „Ich möchte nicht noch einmal in den Knast.“ Wenn er im November seine aktuelle Strafe abgesessen habe, wolle er „auf jeden Fall arbeiten gehen“.

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Danach bekam er seine allerletzte Chance. Die in Bensberg angeklagten Klein-Betrügereien wurden eingestellt, für die verbliebenen vier Taten forderte die Anklägerin in Verbindung mit Wermelskirchen eine neue Gesamtstrafe von 24 Monaten – im Licht der neuen Erkenntnisse aber mit statt ohne Bewährung.

Das Gericht verhängte 23 Monate mit Bewährung. Richterin Brandes: „Verstehen Sie das als Chance! Wenn Sie das nicht tun, wird die Bewährung widerrufen.“ Zudem ordnete das Gericht die Einziehung von 5473 Euro Wertersatz an.

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