Alternativen bereits in PlanungIn Gladbach gibt es weder Zoch noch Dreigestirn

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Karneval in Bergisch Gladbach

Karnevalsbälle, Partyformate und gesellige Karnevalssitzungen wird es in Bergisch Gladbach ebenso wenig geben wie einen Karnevalszug.

Rhein-Berg – Am Aschermittwoch wird diesmal nicht alles vorbei sein. Im Gegenteil: Vermutlich wird vieles erst danach wieder langsam losgehen, der Karneval erst in der übernächsten Session wieder so gefeiert werden können, wie man ihn kennt.

Karnevalsbälle, Partyformate und gesellige Karnevalssitzungen wird es in Bergisch Gladbach während der kommenden Session ebenso wenig geben wie einen Karnevalszug oder ein Dreigestirn. Darauf haben sich gestern Abend führende Vertreter der Bergisch Gladbacher Karnevalsgesellschaften und -vereine bei einem Gipfeltreffen verständigt.

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„In Verantwortung für die Menschen und mit Respekt für das Brauchtum haben wir uns entschlossen, in der kommenden Session auf wesentliche Teile der bewährten Tradition zu verzichten“, erklärte der Vorsitzende der Brauchtumsvereinigung, Martin Gerstlauer, nach der gemeinsamen Sitzung. Mit dabei waren neben der Vereinigung zur Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums das Festkomitee Bensberger Karneval (FBK) sowie die Große Gladbacher Karnevalsgesellschaft, die das Dreigestirn im Benehmen mit der Vereinigung auswählt, präsentiert und begleitet, und die Große Bensberger KG, die das vom FBK präsentierte Kinderdreigestirn durch die Session begleitet.

Die Entscheidung fiel den Karnevalisten hörbar schwer, auch wenn die Ergebnisse des Treffens der Festkomitees aus Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen mit Vertretern der Landesregierung vergangene Woche wie berichtet bei Großveranstaltungen, Partys und Zügen keinen Spielraum mehr ließ.

Zoch fällt bereits zum dritten Mal in Folge aus

Besonders schmerzlich ist die Entscheidung, die Züge abzusagen, für die Jecken in der Gladbacher Stadtmitte: Ihr Zoch fällt damit bereits zum dritten Mal in Folge aus. Am Karnevalssonntag war er wegen einer Sturmwarnung kurzfristig gestoppt worden, der geplante Nachholtermin wenige Wochen später fiel bereits den Corona-Schutzmaßnahmen zum Opfer, und auch 2021 wird es nun keinen Zoch geben. Dabei hatte das am Karnevalsdienstag verkündete gesamtstädtische Motto für 2021 ausgerechnet gelautet „Manege frei, mir sin dobei“. Nun wird die Manege ebenso leer bleiben wie die Straßen am Karnevalswochenende. Vereinigungsvorsitzender Gerstlauer begrüßt die Richtungsentscheidung der Landesregierung dennoch, biete sie doch vor allem den kleineren Gesellschaften Planungs- und Rechtssicherheit. „Den Karnevalsgesellschaften würde es keinesfalls helfen, wenn sie auf der einen Seite teure Künstler verpflichtet haben und Verträge eingegangen sind, auf der anderen Seite aber nur ein Bruchteil des Publikums einlassen können“, so Frank Reiländer, Vorsitzender des Festkomitees Bensberger Karneval. „Diesen kann nur durch eine generelle, behördliche Absage geholfen werden, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.“

Bei der Großen Gladbacher überlegt man derweil, wie man sich mit Künstlern und anderen Vertragspartnern so einigen kann, dass auch diese in der Corona-Notlage nicht leer ausgehen. „Wir wollen da solidarisch sein“, so Alexander Pfister, Präsident der Großen Gladbacher. Denkbar wäre auch, sich mit Künstlern dahingehend zu einigen, dass man Auftritte in die nächste Session verschiebe und einen Teil der Gage schon jetzt zahle, gab Martin Gerstlauer zu bedenken. „Aber das muss natürlich jede Gesellschaft selbst mit ihren Vertragspartnern sehen.“

Kein Dreigestirn

Die Findungskommission der Großen Gladbacher hat angesichts der Lage entschieden, in der kommenden Session kein Dreigestirn ins Rennen zu schicken. „Besuche von Dreigestirn und Prinzengarde in Altenheimen, Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen – das alles wäre in dieser Situation undenkbar, weil einfach ein zu großes gesundheitliches Risiko“, sagt Präsident Pfister. Aus den gleichen Gründen verzichtete laut gemeinsamer Erklärung vom Abend auch das FBK auf die Benennung eines Kinderdreigestirns. „Neben dem gesundheitlichen Risiko kann man den Tollitäten sicherlich auch nicht zumuten, 100 Prozent der Kosten aufzubringen und nur 20 Prozent Spaß zu haben“, so der Geschäftsführer der Vereinigung, Gisbert Schweizer.

Bei allen Absagen formulierte der Vize-Vorsitzende der Vereinigung, Axel Müller, unterdessen die entscheidende Frage: „Was machen wir dann?“ Stattfinden dürfen laut Land schließlich kleinere karnevalistische Kulturveranstaltungen unter Einhaltung der Coronaschutzverordnung. „Vielleicht ist dies eine Chance für eine Session der leisen Töne und des handgemachten Karnevals“, so Frank Reiländer. Sicherlich seien nun Fantasie und Kreativität gefragt, so Gerstlauer. „Sollte sich die Situation zu Beginn des Jahres verbessern, könne n wir mit alternativen und spontan umsetzbaren Konzepten auf Abstand Zusammenhalt finden“, plädierte er positiv für eine „Session wie keine andere zuvor“.

Erste Ideen machten gestern bereits Abend die Runde. So hat die KG Narrenzunft ein Orga-Team gegründet, um kreative Ideen zu entwickeln, die Große Gladbacher schon eine Überraschung für ihre Mitglieder in Vorbereitung, und die Löstigen Stänedräjer planen, das Wurfmaterial, das sie noch vom ausgefallenen Zoch 2020 übrig haben und das bis April 2021 haltbar ist, ab dem Elften im Elften jeweils an Markttagen mittwochs und samstags an einem Stand neben dem Gladbacher Wochenmarkt in kleinen Tüten zu verschenken und dabei Spenden für das Gladbacher Frauenhaus zu sammeln. „Das ist alternativer Karneval“, freut sich Stänedräjer-Chef Dietmar Köster.

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