Seit 20 JahrenKürtener hilft mit Schulprojekt in Brasilien

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Stefan Siemons mit seiner Ehefrau Camilla und den Kindern Sophia, Davi Christopher und Milena.

Stefan Siemons mit Ehefrau Camilla und den Kindern Sophia, Davi Christopher und Milena.

Der Kürtener Stefan Siemons hat vor 20 Jahren in einem Vorort von Sao Paulo das Schulprojekt Clave de sol gegründet.

 Wenn Stefan Siemons von den Kindern erzählt, die in der Schule des Hilfsprojekts „Clave de sol“ unterrichtet werden, leuchten seine Augen. „Clave de sol“ ist Portugiesisch und heißt übersetzt „Notenschlüssel“. Das Lernen, sagt Siemons, soll der Schlüssel sein für ein anderes, ein besseres Leben in Brasilien. In Itapecerica da Serra, einem 200.000-Einwohner-Vorort der brasilianischen Megastadt São Paulo (16 Millionen Einwohner), hilft die Schule der „Clave“ aktuell 155 Kindern.

An der „Estrada de Palmeiras“, der Straße der Palmen Hausnummer 869, ist das Domizil. „Associacao Comunitara Clave de Sol“ lautet der offizielle Name, Notenschlüssel und Sonne sind die beiden Symbole des Projekts. Alles beginnt hier mit Stefan Siemons: Er hat die Schule vor rund 20 Jahren gegründet.

Und er ist auch heute derjenige, ohne den es die Einrichtung nicht geben würde. „Clave de sol“ ist das Lebenswerk des 53-Jährigen. Durch die „Clave“ hat er auch sein persönliches Glück gefunden. Seine Ehefrau Camilla arbeitet als Kunstlehrerin bei der „Clave“. Sohn Davi Christopher (11) und die Zwillingsmädchen Sophia und Milena, beide 9, gehören zur Familie. Szenenwechsel nach Küren-Olpe. Romantisch der Blick auf Dorfteich und Kirche St. Margareta, auf Dorfplatz und altem Feuerwehrhaus.

Ohne mich läuft es nicht in der Clave.
Stefan Siemons, Entwicklungshelfer aus Kürten-Olpe

„Das ist schon anders hier“, sagt Stefan Siemons. Der Entwicklungshelfer zog als junger Mann aus seiner bergischen Land Kürten-Olpe hinaus, über mehrere Stationen kam er nach São Paulo. Jetzt ist er für vier Wochen in seiner bergischen Heimat, gemeinsam mit seiner Familie. „Hier hat sich nicht viel verändert“, sagt er und ist mit seinen Gedanken doch in Brasilien: „Ohne mich läuft es nicht in der Clave“, sagt er.

Täglich hält er Kontakt zu den Lehrern und zu den Schülern, er kontrolliert die Unterrichtspläne der festangestellten Lehrer und schreibt Berichte an die Kommunalverwaltung. „Corona hat uns vieles genommen“, berichtet Siemons. Auch in Brasilien stoppte die Pandemie das öffentliche Leben, der private Unterricht in der „Clave“ fiel lange aus. Nun laufe alles wieder an. Siemons muss Kontakte halten zu den Eltern, mit ihnen sprechen, das Projekt vorstellen.

Das Leben, sagt Siemons, sei anders als in Olpe. „Da gibt es Baracken, in denen die Familien wohnen. Da gibt es Gewalt, Kriminalität.“ Siemons will die Kinder aus diesem Kreislauf holen. Vormittags werden in der Einrichtung mit drei Klassen zu je 30 Schülern unterrichtet, nachmittags kommen weitere Schüler. Gelernt wird in einem Schichtplan.

Die Kinder auf der Warteliste

Das Gelände, das nur 1000 Quadratmeter groß ist, platzt seit langem aus allen Nähten. Von den Lehrern, die an den staatlichen Schulen unterrichteten, bekomme er viel Gutes zu hören. Es sei die „Clave“, die den Kindern Wichtiges beibringe, nicht die staatlichen Schulen. Es wird Musik gemacht, es wird getanzt und gesungen, das Pädagogische wird mit viel Rüstzeug fürs Leben begleitet. Im Monat, rechnet Siemons im Kopf, seien es rund 6000 warme Essen, die die „Clave“ ausgebe. Zwei Pädagogen seien festangestellt.

Und es gibt eine lange Warteliste In den Wochen, in denen Siemons in Deutschland ist, hat er viel zu tun. Das Projekt wird zu 90 Prozent aus Spenden finanziert, und zu den Spendern hält der Kürtener einen engen Kontakt. Vor Ort in Olpe, im Elternhaus, ist die Anlaufstelle für den Förderverein „Kulturwerkstatt für Kinder“. Das helfe sehr, sagt Siemons. Ist er zu Fuß in Olpe oder Kürten unterwegs, werde er spontan auf das Projekt angesprochen.

„Viele Spender besuche ich auch persönlich. Mein Terminkalender ist wirklich randvoll.“ Oft kommt er nicht alleine, sondern bringt seine Frau und die drei Kinder mit. Und die Unterstützer sind nicht nur im Bergischen Land. Ein Verein in Hamburg begleitet seit langem, ebenso eine Stiftung in der Schweiz, und beide wird Siemons besuchen. In Kürten hält er Kontakt zum Alphabetisierungsverein Opam, einst vom Biesfelder Pfarrer Josef Prinz gegründet, nun vom Kürtener Werner Mays fortgeführt.

Auch die Sternsinger in Kürten sind wieder für die „Clave“ unterwegs: Ein Drittel der Kürtener Sternsinger-Spenden werden nach Brasilien gehen. Siemons weiß um die Bedeutung der Spenden, Olpe ist bei seinem aktuellen Besuch eher der Ausgangspunkt für die Fahrten zu den Unterstützern. Und ganz weg aus der „Clave“ ist er in den vier Kürtener Wochen auch nicht. Per Mail hält er einen sehr engen Kontakt zu seinen Mitstreitern in Brasilien. „Ohne mich geht es nicht“, sagt er. Dass er nach über drei Jahren wieder in Olpe sei, tue ihm gut.

Aber er sehne sich bereits zurück zu der Schule in Itapecerica an der Straße der Palmen und zu seinen Kindern der „Clave“. Claus Boelen-Theile

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