StrafprozessKürtener mobbt Bürgermeister – Richter schickt ihn zum Arzt

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Imbissbudenbesitzer Erkan Karahan BM steht mit Robert Lennerts und Willi Heider in einer Reihe.

Als „Nazi“ verunglimpft worden ist Kürtens Bürgermeister Willi Heider (l., hier bei einer Spendenaktion für Erdbebenopfer in der Türkei neben Imbissbudenbesitzer Erkan Karahan und Odenthals Bürgermeister Robert Lennerts).

Ein Rentner aus Kürten, der den dortigen Bürgermeister als „Willi Adolf Heider“ tituliert hat, wird jetzt psychiatrisch begutachtet. 

Ein 76-jähriger Rentner aus Kürten, der mit Aushängen an seinem Grundstück den Kürtener Bürgermeister Willi Heider übel beschimpft hat, wird auf seinen Geisteszustand untersucht. Mit diesem Ergebnis endete am Freitagvormittag ein Strafprozess gegen den früheren Taxifahrer vorläufig.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Rentner angeklagt, weil dieser am 5. September 2022 an seinem Grundstück an einer stark frequentierten Straße gut lesbare Zettel angebracht hatte, auf denen er den parteilosen Verwaltungschef mit Adolf Hitler und den Nationalsozialisten in Verbindung gebracht und ihn als „Willi Adolf Heider“ bezeichnet hatte.

Ein pensionierter Polizist schritt ein

Ein pensionierter Polizist aus der Nachbarschaft sah die Schmähungen, entfernte sie und schickte sie an den zuständigen Bezirksdienstbeamten der Polizei. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren nach Paragraf 188 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs („Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“) ein, ein Delikt, das mit bis zu drei beziehungsweise fünf Jahren Haft bestraft wird.

Im Prozess stellte sich allerdings sehr schnell heraus, dass der alte Herr ein psychiatrisches Problem zu haben scheint: Der Mann mit dem erkennbar außereuropäischen Migrationshintergrund hat sich anscheinend einmal auf einem Amt rassistisch abgekanzelt gefühlt.

Richter spricht auf Gerichtsflur mit den erwachsenen Kindern des Kürtener

Seither kämpft er gegen diese Unrechtserfahrung an und bezieht wohl leider jedes unangenehme Alltagserlebnis darauf, wie sein Verteidiger Ingo Lindemann ihm in einer Verhandlungspause zu vermitteln versuchte. Lindemann: „Wenn Sie sich von Ihrer Autowerkstatt übers Ohr gehauen fühlen, dann gilt das doch nicht Ihnen persönlich. Das passiert mir genauso!“ 

Richter Dr. Philipp Stöckle hatte für kurze Zeit den Prozess unterbrochen, um gemeinsam mit dem Staatsanwalt auf dem Gerichtsflur mit den erwachsenen Kindern des Angeklagten über den Vater zu sprechen. Der Angeklagte selbst wies im Verfahren darauf hin, dass eine vor einiger Zeit für ihn beantragte gesetzliche Betreuung abgelehnt worden sei.

Gleichwohl entschied der Strafrichter, das psychiatrische Gutachten in Auftrag zu geben, statt das Verfahren beispielsweise wegen Geringfügigkeit einzustellen, wie dies gelegentlich geschieht, um Kosten zu sparen und um dem Mangel an geeigneten Sachverständigen auszuweichen. 

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