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Kandidat mit vielen FacettenFürs Bürgermeisteramt muss Robert Lennerts die Musik ruhen lassen

Lesezeit 4 Minuten

Lennerts bei einer Geschwindigkeitskontrolle am Blitzermarathon.

Odenthal – Wer ist eigentlich der Mann, der es am Sonntag geschafft hat, mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur sieben Stimmen die Wahl um das Bürgermeisteramt für sich zu entscheiden? Seine Gegner nennen ihn ein „politisches Leichtgewicht“, da er bislang keine kommunalpolitische Erfahrung hat. Das stimmt zwar, aber trotzdem war Lennerts, der seit seiner Geburt 1973 in Eikamp lebt, bis vor zwei Jahren Mitglied der CDU. Aus „persönlichen Gründen“, wie er es diplomatisch ausdrückte, trat er damals aus der Partei aus. Ein nicht nur zeitlicher Zusammenhang zu den Querelen um das von ihm mitorganisierte und letztlich von Altenberg nach Oberodenthal verlegte Open-Air-Festival „Kölle bützt Odenthal“ ist wahrscheinlich.

Talent früh entdeckt

Damit ist man automatisch beim Thema Robert Lennerts und der Karneval. Den wollte er im Wahlkampf zwar nicht zum Thema machen, trotzdem kennen ihn viele Odenthaler genau daher. „Ich hatte Sorge, dass man mich dann die Ecke Leichtfuß stellt“, begründet der Wahlsieger diese Zurückhaltung.

Der Sohn eines Landwirts und einer Hauswirtschafterin entdeckte schon früh sein jeckes Talent. Der 41-Jährige gehörte vor 18 Jahren zu den Gründungsmitgliedern der Chris-Di-Ro-Go-Supershow aus Eikamp, die den Karneval im Dorf geprägt hat. Jahrelang war er auch deren Präsident. Und zwar einer, der selbst auf der Bühne stand. Lennerts, der Gitarre spielt und singt, stand mit seinem Kumpel Marcus Schmitter seit 1990 zusammen auf den Bühnen der Region. Zuerst mit den Original Bergischen Gaudibuam, dann als Duo Spetzbove auch im Karneval. Es kam, wie es kommen musste, die Kölner Karnevalisten entdeckten die zwei. 2012 stiegen Schmitter und Lennerts bei den Drei Colonias ein. Als Lennerts im Mai seine Kandidatur anmeldete, stellte er jedoch klar, dass die Band künftig ohne ihn auskommen muss. Der ehemalige Fahrer des Trios, Fred Isenberg, wird für ihn das Mikro übernehmen.

Bis Oktober Polizeihauptkommissar

Beruflich ist Lennerts noch bis Oktober als Polizeihauptkommissar unterwegs. Als stellvertretender Leiter des Verkehrsdienstes bei der Polizei in Bergisch Gladbach war er bislang etwa für den alljährlichen Blitzmarathon zuständig. Beim Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei arbeitete er außerdem fünf Jahre als Dozent. Zum 21. Oktober wird er aus dem Landesbeamtenverhältnis entlassen, dann beginnt sein neues Berufsleben als Wahlbeamter.

Ob er in dieser Funktion mehr Zeit für seine drei Kinder im Alter von sieben, neu und elf Jahren haben wird, bleibt abzuwarten. Gerade in einer kleinen Kommune ist das Bürgermeisteramt eines, das neben der Arbeit im Rathaus auch viele Repräsentationstermine am Abend und Wochenende mit sich bringt. Das kennt Lennerts aus dem Karneval. Auch seine zweite Frau, Heike Funk-Lennerts, ist daran gewöhnt, dass ihr Mann viel unterwegs ist.

Herz für Tiere

Wenn ihr Mann zu Hause ist, hat er meist auch nicht viel Zeit. Gemeinsam mit seinem Bruder Johannes bewirtschaftete er Gut Oberscheid, ist Nebenerwerbslandwirt. Und zwar einer mit einem Herz für Tiere. Glücksgans Gilda hat er ins Herz geschlossen. Das Federvieh, das als Küken ein unfreiwilliges Bad in der Tränke überlebte, wurde beim jüngsten Weihnachtsfest nicht geschlachtet. Zu sehr war sie durch das Aufpäppeln zum Familienmitglied geworden. Die Liebe zum Geflügel teilt er mit Amtsvorgänger Wolfgang Roeske, der auf dem Hahnenberg in Glöbusch Hühner hält. Diese wandern ebenfalls nicht in den Kochtopf, sondern dienen lediglich als Lieferanten der bürgermeisterlichen Frühstückseier. In den vergangenen Monaten ließ Roeske immer wieder durchblicken, auf welchen Kandidaten er setzt. Auch am Wahlsonntag blieben die beiden Männer in Kontakt. Obwohl Roeske in Urlaub ist, gratulierte er zum Sieg. Da war er nicht der einzige, die Mailbox des Wahlsiegers war bereits am Montagmittag voll. Hinzu kamen mehr als 200 Kurznachrichten, ebenso zahlreiche Glückwünsche im sozialen Netzwerk Facebook. Sie zeigen, dass Lennerts es verstanden hat, seine Wähler dort zu erreichen, wo sie sind, im Netz. Jetzt muss er zeigen, dass er auch reale Probleme lösen kann.