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ProzessAutofahrer bekommt nach Krach in Odenthal „Lappen“ zurück

Lesezeit 2 Minuten
Ein Autofahrer streckt die Hand aus dem Fenster und zeigt den Mittelfinger.

Aggressionen im Straßenverkehr beschäftigen immer wieder die Gerichte.

Nach einem Überholmanöver in Odenthal musste ein Vater sechs Monate auf seinen Führerschein verzichten. Jetzt darf er wieder fahren.

Ein wechselseitiges Überhol- und Beschimpfungsmanöver auf der Bergstraße in Odenthal hat vor Gericht ein einigermaßen versöhnliches Ende gefunden. Richterin Birgit Brandes bot dem Angeklagten, einem 39-jährigen Familienvater mit zwei kleinen Kindern, an, das Verfahren gegen ihn wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs einzustellen, wenn er 300 Euro an die Bergisch Gladbacher Tafel zahle.

Nach kurzer Beratung mit seiner Verteidigerin nahm der Mann die Offerte an. Seinen Führerschein, der nach dem Vorfall vorläufig sichergestellt worden war, bekommt er jetzt wieder zurück und darf ab sofort wieder Auto fahren.

Die Kinder des Angeklagten waren mit an Bord

Das Verfahren gegen den 2015 von Syrien nach Deutschland geflüchteten Adil G. (Namen geändert) krankte unter anderem daran, dass die Hauptbelastungszeugen nicht aufzutreiben waren.

Aus deren Aussage bei der Polizei ergab sich, dass Adil G. am 14. Oktober 2022 in seinem Ford Fiesta, die Ehefrau und die zehn und sieben Jahre alten Kinder mit im Auto und den aus Norwegen zu Besuch gekommenen Schwager im Wagen hinter sich, die Geschädigten gefährlich überholt und dann fast nach rechts abgedrängt haben soll. Fahrer Fritz F. habe eine Kollision gerade noch durch ein Ausweichen nach rechts vermeiden können.

Die Frau des anderen filmte den Krach

Aus der Sicht des Angeklagten sah das alles ganz anders aus: Er sei mit der Familie auf dem Weg zum Eis essen nach Blecher gewesen, als der andere Autofahrer ihn erst gefährlich überholt habe, später dann aber so langsam gefahren sei, dass er seinerseits wieder überholt habe.

Wie auch immer es nun war, beide Autofahrer blieben schließlich mit ihren Autos stehen, und der Schwager aus Norwegen auch. Während sich die beiden Herren die Meinung sagten, filmte Fritzens Frau das Ganze angeblich auch noch, und dann wurde die Polizei gerufen.

Die Unsitte der „Nachbesprechung“ vor Ort

Im Gerichtssaal seufzte Richterin Brandes angesichts der ihr immer wieder unterkommenden Autofahrer-Unsitte, vermeintliche Fahrfehler des anderen vor Ort „nachzubesprechen“. Die ortskundige Verteidigerin von Adil G. versuchte anschließend anhand von Kartenzeichnungen und Luftbildern zu belegen, dass die Darstellung von Fritz F. gar nicht plausibel sei.

So sprächen eine Verkehrsinsel und ein Starenkasten vor Ort genauso gegen seine Version wie die soziale Lage ihres Mandanten.  Der wohne nämlich im Südkreis, arbeite aber als Handwerkshelfer im Nordkreis und sei daher dringend auf Auto und Führerschein angewiesen: „Der gekränkte Autofahrer passt einfach nicht zu meinem Mandanten.“

Mit der Einstellung gegen eine Geldauflage war am Ende auch die Staatsanwaltschaft einverstanden. Adil G. wiederum verzichtete auf etwaige Ansprüche aus der Führerschein-Beschlagnahmung.

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