Nach Unfallflucht in OdenthalTauglichkeits-Check statt Strafe für 89-Jährigen

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Verkehrsunfall

Ein Verkehrsunfall in Rhein-Berg (Symbolfoto).

Bergisch Gladbach/Odenthal – Er hat sich keine Schlägerei geliefert und auch keine Steuern hinterzogen, und trotzdem sitzt Fritz E. (Name geändert) mit seinen 89 Jahren bei Strafrichterin Birgit Brandes auf der Anklagebank: wegen Unfallflucht. Am Mittag des 6. November 2021 soll der Witwer gegen 12.30 Uhr die Ausfahrt des Rewe-Marktes in Odenthal verlassen und sich nach links in den fließenden Verkehr einzufädeln versucht haben.

Leider klappte das Einfädeln nicht, vielmehr donnerte er mit seinem Wagen in das Fahrzeug eines von rechts kommenden Zeugen. Beide Autos, sagt der Zeuge, standen kurz, dann fuhr der Zeuge an den Rand, um nicht die Hauptverkehrsstraße zu blockieren. Und Fritz E.? Der fuhr nach Hause.

Geräusch falsch gedeutet

Erst dort, so gibt er an, habe er den Schaden bemerkt und sich bei der Polizei gemeldet. Vorher habe er nur ein Geräusch gehört und gedacht, in seinem Kofferraum sei etwas umgefallen. Seinen Führerschein hat die Polizei danach erst einmal sichergestellt.

Und jetzt? Vor Gericht wirkt Fritz E. fit wie ein Turnschuh. Klar und hellwach. Er erklärt, dass sein Geburtsort der Vorort einer größeren Stadt sei, „so wie Kalk von Köln“, dass er sich mit der Kunst und viel Bewegung geistig und körperlich frisch halte, und dass er vergangenes Jahr 4500 Kilometer geradelt sei – ohne Elektromotor.

Hausarzt soll ihn bei Bedarf warnen

Seit November nutze er entweder das Fahrrad oder Bus und Bahn. Am Unfalltag habe er sich gerade sein Mittagessen gekauft, wie so oft, seit seine Frau verstorben sei. Er stehe im intensiven Dialog mit seinem Arzt und habe diesen gebeten habe, ihn zu warnen, wenn seine fürs Autofahren benötigten Fähigkeiten nachließen. Den Unfall habe er wirklich nicht bemerkt.

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Am Ende gibt es für den bis dahin nicht vorbestraften Senior keine Strafe, sondern ein Angebot: Er soll seine Fahrtauglichkeit checken lassen und das Ergebnis dem Gericht mitteilen. „Ja, natürlich, wenn das der Sicherheit dient“, willigt der alte Herr ein. Ein halbes Jahr hat er nun Zeit, dann wird das Verfahren endgültig eingestellt.

Sicherheitshalber weist die Richterin ihn aber auch noch auf eine Bedingung hin: „Es muss klar sein: Wenn Sie durchfallen, ist der Führerschein weg.“

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