Eisige LeidenschaftEishockey-Fan Florian Licht ist Offizieller bei den Kölner Haien

Hart im Nehmen müssen die „Rhein Igels“ – in schwarz-gelb-weiß – sein, auch wenn sie „nur“ in der Hobby-Liga spielen.
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- Der 35-Jährige ist Zeitnehmer bei den Kölner Haien, spielt selbst und leitet mit seiner Frau eine Hobbyliga.
- Zusammen mit seinem Verein, den Rhein Igels, spielt er aktiv in der Hobbyliga.
Overath – Als der Zweimetermann zum dritten Mal innerhalb einer Woche die Grenze zwischen Kanada und den USA überquerte, reichte es den US-Grenzbeamten. Mit vorgehaltenem Gewehr baten sie Florian Licht aus dem Auto. Die Erklärung des Overather Steuerberaters für sein Hin und Her war ungewöhnlich, aber harmlos: Er wollte Eishockeyspiele anschauen – auch im Urlaub.
Der 35-Jährige ist Zeitnehmer bei den Kölner Haien, spielt selbst und leitet mit seiner Frau eine Hobbyliga. Sein Hobby fasst er in dem lapidaren Satz zusammen: „Ein Leben ohne Eishockey wär’ schon blöd.“
Eine Dauerkarte noch vor dem zweiten Spiel
Begonnen hat alles ganz harmlos. Vor 17 Jahren stand Florian Licht zum ersten Mal auf der Tribüne bei einem Spiel des Kölner Eishockeyclubs (KEC). Noch vor dem zweiten Heimspiel kauft er sich eine Dauerkarte. Damals war er noch Schüler in Siegen. Mit dem bisschen, was es Ende der 90er-Jahre schon an Internet-Technik gab, chattete er in einem Online-Forum des KEC – mit zwei Konsequenzen: Er lernte dort seine heutige Frau Vanessa kennen, und er fand Mitspieler für eine Hobbymannschaft. Sie nannten sich die Rhein Igels.
Florian Licht zog nach Köln, studierte Betriebswirtschaft und trat mit den Rhein Igels in die Cologne Hockey Liga ein, eine Hobbyliga, wie es sie vielfach gibt in Deutschland, da die offiziellen Ligen, anders als im Fußball, erst mit der Bezirksklasse einsteigen. „2003 hat man Vanessa und mir in einer Nacht- und Nebelaktion die Liga-Leitung aufgebrummt“, erzählt Licht. Sie haben sie heute noch.
Letztes Jahr fusionierte die Liga mit einer weiteren und wurde zur Rheinland Hockey League. Von den Orcas Hennef über die Tiger Köln bis zu den Solinger Dragons spielen 14 Mannschaften in zwei Divisionen Meister, Auf- und Absteiger aus. Die Rhein Igels trainieren und spielen in der Halle an der Saaler Mühle; wenn dort kein Eis mehr ist, in Troisdorf.
Als 2010 die Eishockey-WM in Köln stattfand, meldete sich das Paar als ehrenamtliche Helfer beim KEC. Drei Wochen lang betreuten und kutschierten sie ausländische Gäste. „Daraus haben sich auch Kontakte zum KEC entwickelt“, erzählt Licht. „Als der dann neue Zeitnehmer suchte, wurde Vanessa die wahrscheinlich erste weibliche Zeitnehmerin, die es je gab.“ Eine Saison später stieß auch er selbst zum KEC-Team. Seither ist er bei jedem Heimspiel als Offizieller dabei.
Zwei Meter und fünf Zentimeter misst Florian Licht – ohne Schlittschuhe. Basketball wollte er nie spielen. „Das ist mir zu körperlos“, sagt er. Seine Bilanz des weniger körperlosen Eishockey-Spiels lautet: ein gebrochenes Schlüsselbein, ein Sprunggelenkbruch mit gebrochenem Schien- und Wadenbein und Verlust von eineinhalb Schneidezähnen. „Das ist halt so. Das Risiko kennt jeder“, sagt er, aber beim Fußball hätte schließlich auch was passieren können.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum es keine Schwalben beim Eishockey gibt.
Beim Eishockey gibt es keine vorgetäuschten Verletzungen
Anders als beim Fußball sei es beim Eishockey verpönt, Verletzungen vorzutäuschen. „Wer liegen bleibt, der hat auch was“, sagt er. „Die lassen sich dann mal eben nähen oder tackern und kommen wieder aufs Eis.“ Echte Männer halt, keine Mimosen, keine Schauspieler.
Warum aber ist dann das Namensmaskottchen seiner Rhein Igels ausgerechnet ein kleines, niedliches, wenn auch stacheliges Tierchen, das in Sachen Respekt Haien und Bären, Orcas und Tigern nicht das Eis reichen kann? Der Sinn ergibt sich in der Sprache des Eishockeys, und die ist Englisch. Dort werden aus den putzigen Igels flott die majestätischen Eagles, die Adler. Ein cleveres Wortspiel, und clever sind auch die Spieler. Arzt und Architekt, Lehrer und Studenten, Manager und Steuerberater schlagen gegen den Puck und manchmal auch gegen den Gegner. „Wenn du aufs Eis gehst, schaltest du den Kopf aus“, sagt der Steuerberater.
Für viele sei der körperbetonte, schnelle und höchst technische Sport ein Ausgleich zur im Job geforderten Disziplin und Sorgfalt. „Leider ist Eishockey ein teurer Spaß“, sagt Florian Licht. Rund 500 Euro kostet die Ausrüstung. Wenn der Schläger zu Bruch geht, sind mindestens 100 Euro fällig. Dazu kommen teure Eiszeiten.
Die Kosten sind einer der Gründe, die Licht sieht, warum Eishockey in Deutschland kein Volkssport ist. Der andere sei, dass es außerhalb von Hallen einfach zu wenig Eis gebe. „In Finnland werden Pausenhöfe geflutet, damit die Kinder Schlittschuhlaufen können“, erzählt er, „und in Kanada frieren halt die Seen zu.“
In Kanada, dort, wo das Spiel nur Hockey heißt, weil sich Eis von selbst versteht, haben Vanessa und Florian Licht geheiratet: in Toronto, der Heimat der legendären Maple Leafs. Bei der Hochzeitsvorbereitungsreise sahen sie sich in einer Sportsbar ein Eishockeyspiel an. Aus Versehen rempelte Florian Licht dabei einen anderen Gast an.
Rempeln als freundschaftliches Bagatelldelikt
Doch Rempeln ist unter Eishockeyfans ein freundschaftliches Bagatelldelikt. Man kam ins Gespräch mit dem Kanadier, der sich für den Rempler auf spezielle Art revanchierte: Zur Hochzeit organisierte er vom Management der Maple Leafs überbrachte Trikots mit den Namen des Paares. Die örtliche Presse bat zum Interview.
Vanessa Lichts Ehering ziert ein Brillant in der Schraube, die einst den Schien- und Wadenbeinbruch ihres Mannes zusammenhielt. Seit Sohn Christian Torsten auf der Welt ist, ist sie seltener mit ihrem Mann beim KEC. Aber die Weichen sind gestellt. „Mit sechs Wochen hat er sein erstes Haie-Spiel gesehen und wurde Mitglied im Haie Kids Club“, sagt Florian Licht über seinen Sohn. Lächelnd fügt er hinzu: „Wenn er einen anderen Sport machen will, kann er das natürlich tun.“
Die Adler von den Rhein Igels spielen diese Saison gegen den Abstieg. „Absteigen wäre auch in Ordnung“, sagt Licht. „Das ist dann halt so.“ Hauptsache, es wird weiter gespielt, denn: Ein Leben ohne Eishockey wär’ schon blöd.
Benefizspiel
Off-Ice-Offizielle wie Florian Licht beim KEC brauchen keine Schiedsrichter-Ausbildung, sie müssen nicht einmal Schlittschuhlaufen können. Ihre Aufgaben liegen in der Zeitnahme, also dem Stoppen und Starten der Uhr, wenn der Schiedsrichter pfeift, dem Betreuen der Spieler auf der Strafbank und im Anfertigen des Spielberichts. Ebenfalls sind sie verantwortlich für das Einspielen des Videobeweises, sie bedienen der Kamera über der Torlinie.
Am Wochenende, 16./17. April, veranstaltet die Rhein Hockey League ihr Abschlussturnier. Zwölf Mannschaften nehmen teil. Neben Essen und Getränken werden Kinderschminken und eine Tombola angeboten. Der Eintritt ist frei. Das Turnier wird zugunsten des Fördervereins des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße veranstaltet.
Samstag, 9 bis 19 Uhr, und Sonntag, 9 bis 16 Uhr, Kölnarena 2, Gummersbacher Straße 4, Köln.