Lehrstunde zum toten WinkelOverather Kinder sehen Straße aus den Augen eines Truckers

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Kellersohn Logistik und Fahrschule Peters klären an regionalen Grundschulen über 
den "Toten Winkel" bei Lkws auf

Praktische Lehrstunde zum toten Winkel: Immekeppeler Schulkinder auf dem Dorfplatz

Spezial-Unterricht für Grundschüler in Overath: Die Kinder dürfen in einen Lkw klettern und gucken, was man im toten Winkel sieht: nichts.

Mit Baseball-Cap, Jeans und seiner wuchtigen Statur verkörpert Marc Peters einen Trucker, wie er im Buche steht. Dabei ist das Steuern schwerer Lastwagen gar nicht seine eigentliche Profession, sondern er bringt anderen Leuten das Fahren mit solchen Riesenteilen bei.

Kellersohn Logistik und Fahrschule Peters klären an regionalen Grundschulen über 
den "Toten Winkel" bei Lkws auf
Marc Peters

Fahrlehrer Marc Peters beaufsichtigt die kletternden Viertklässler.

Heute Vormittag doziert der Fahrlehrer aber einmal vor einer ganz anderen Gruppe von Fahrschülern: Es sind die Schülerinnen und Schüler der Klassen 4 a und b der Offenen Gemeinschaftsgrundschule Immekeppel, die bei ihm Verkehrsunterricht nehmen. Es geht um den toten Winkel, der sich dem Lastwagenfahrer bietet, wenn er vor dem Rechtsabbiegen in den Rückspiegel schaut.

Der Lkw-Fahrer müsste euch durchlassen, aber er sieht euch nicht.
Fahrlehrer Marc Peters

„Der Lkw-Fahrer müsste euch durchlassen“, sagt Peters zu den Kindern in einer kurzen theoretischen Unterweisung im Klassenzimmer. „Aber er sieht euch nicht!“ Und letztlich komme es doch nicht darauf an, „wer was darf“, sondern wie hinterher das Ergebnis sei. Das leuchtet auch den versammelten Zehnjährigen im Klassenzimmer ein.

Sein Tipp an die Kinder: Über direkten Blickkontakt durch den rechten Außenspiegel könnten sie sichergehen, dass der Fahrer sie wahrgenommen habe. Um den Lerneffekt noch nachhaltiger zu gestalten, bleibt es nicht bei der Theorie. Nacheinander verlassen die beiden Schulklassen ihre Schule und gehen über einen Fußweg den Hang hinunter bis zum Dorfplatz, wo schon der 25-Tonner von Fahrlehrer Peters steht.

Kellersohn Logistik und Fahrschule Peters klären an regionalen Grundschulen über 
den "Toten Winkel" bei Lkws auf
Oliver Kellershohn

Spediteur Oliver Kellershohn zeigt den toten Winkel im großen Außenspiegel.

Instruiert von Anja Hoffstadt, Julian Hoffstadt und Oliver Kellershohn, dem Vor-Ort-Team der Lindlarer Spedition Kellershohn, die die Lehrstunde organisiert hat, stellen sich zunächst die Kinder der 4b von Klassenlehrerin Daniele Gärtner in ein abmarkiertes Dreieck rechts vom Fahrerhaus: Das ist der tote Winkel, und die ganze Klasse hat Platz.

Unterweisung täte auch Erwachsenen gut

Jeweils ein Kind darf unter Aufsicht von Marc Peters in die Fahrerkabine klettern und sich vom Fahrerplatz des vier Meter hohen Lastwagen davon überzeugen, was man von dort aus beim Blick in den Rückspiegel sieht. Nichts. Es sei denn, dass ein Kind die Markierung übertritt, was bei Zehnjährigen schon mal vorkommt ...

Diese praktische Unterweisung sollte es ruhig auch für Erwachsene geben, findet Schulleiterin Susanne Flügge-Urbic, nicht nur für ihre Schulkinder, die in den kommenden Wochen ihren Fahrradführerschein machen. Dabei kommt auch längst nicht jedes Schulkind in den Genuss einer solchen Unterrichtsstunde.

Dass sie in Immekeppel stattfindet, ist dem Engagement der Spedition Kellershohn zu verdanken, die die Kinder anschließend auch noch mit Warnwesten versorgt. Warum sie das tut? Oliver Kellershohn: „Unser Wunsch ist es, dass sich durch unsere Aktionen weniger Unfälle in unserer Region ereignen und die Kinder aufgeklärt werden. Es ist statistisch erwiesen, dass es nach den Schulungen nicht mehr zu diesen schweren Unfällen kommt.


Wenn Busse und Lkw rechts abbiegen, kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen, weil Fußgänger und Fahrradfahrer in den toten Winkel geraten und übersehen werden. Abbiegeassistenten, die den Fahrer bei Unfallgefahr warnen, werden in der EU zur Pflicht: Neue Fahrzeugtypen müssen sie schon haben, neu zugelassene Fahrzeuge laut EU-Verordnung 2019/2144 erst ab 2024.

Für Bestandsfahrzeuge bleibt die Möglichkeit der freiwilligen Nachrüstung. Das tun etwa öffentliche Unternehmen. Aber auch die Spedition Kellershohn ist dabei: „Wir setzen keine Lkw ohne Abbiegeassistent ein“, so Chef Willi Kellershohn. „Alle Lkw sind damit ausgestattet. Wir haben sogar die ersten beiden Lkw, die bei Mercedes mit dem System ausgerüstet wurden, bekommen.“ (sb)

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